Erschöpft lag ich im Bett, die Augen weit aufgerissen, den Mund zu einem o geformt, der erstaunt wahrnehmen musste, dass die Schmerzen wieder da waren. Die Anfälle, die meinen Körper überfallen, häufen sich. Stehen plötzlich mit vorgehaltener Waffe da und drängen mich in meinen Körper zurück. Gehetzt blicken sie sich um, sprechen nichts, wollen bleiben, geht nicht!, will ich ihnen sagen, während Seraphe ahnt, dass da jemand in mir ist.
Die Schmerztablette braucht Zeit, bis sie ihre kleinen Truppen entsandt hat. Marsch, marsch, marsch. Kreuz und quer ziehen sie durch meine Blutbahnen, bis ich schließlich ermattet in einen unruhigen Schlaf falle.
Das Leben besteht aus einer Anzahl Wiederholungen, aus Teilen, die immer und immer wieder über den gleichen Sendeplatz gejagt werden, als hätte man diesen Teil nicht schon oft genug gesehen. (Inferno präsentiert einen Film von Haha Duda. In den Hauptrollen Guido Rohm, der Schmerz und die Tablette. Sehen sie heute, wie Rohm an einem Strand erwacht, den er blöderweise für sein Bett hält. Die Stürme der letzten Woche haben sein Schiff versenkt, dessen Reste auf dem Grund seines Unterbewusstseins ruhen. Ist er erwacht, wird er feststellen müssen, dass er auf einer einsamen Insel gelandet ist. Seine Augen liegen unter einer Salzkruste, die er langsam und bedächtig entfernt, um keinen größeren Schaden anzurichten. Er will sich gerade umsehen, da raschelt es in der Böschung oberhalb des Strandes bzw. Bettes. Und ehe er einen klaren Gedanken fassen kann, ist ES hinter ihm her. – ES könnte – sollten sich die Programmdirektoren darauf einigen – eine eigene Serie bekommen. ES, wie es sich auf einem Seelenverkäufer in die USA schmuggelt, obwohl es sich gar nicht in irgendwelchen Unterdecks verstecken müsste, weil es ES ist und die Mannschaft einfach beherrschen würde. ES ist die Kraft, die einzig vom Sonderkommando SCHMERZTABLETTE abgeführt und eingelocht werden kann. – SCHMERZTABLETTE bekommt dann später natürlich auch eine Serie.)
Das Leben ist das Fernsehprogramm, zu dem uns die Programmchefs Umstände und Gegebenheiten verurteilt haben.
Irgendwie – unterbrochen von nicht gewollten Spaziergängen durch die Wohnung – brachte ich die Nacht hinter mich. Ja, es könnte sein, dass ich Kaffee und Zigarette sein lassen sollte. Beide sind schon verabreicht, weil sie die Drogen sind, die mich in den Tag schicken. Da muss jemand sein, der mir die Augendeckel aufhält. Licht strömt in den Kopfschacht, man zieht sich für Sekunden angewidert zurück, weil der Gestank kaum auszuhalten ist. Tote Ratten treiben durch die Hirnkanalisation. Ungesichert steigt man hinab, in der rechten Faust eine Zigarette, um den Laden auszuräuchern.
Ich werde darüber schreiben, weil ich ein Vielschreiber bin, der unablässig alles notiert, was ihm vor die Tastatur läuft. Da ein Nachbar, der sich sonnt. Ha! Durchladen, zielen. Schuss! Umsehen, ob man nicht beobachtet wird. Rüber zu ihm. Ihn an den Füßen packen und in die Pathologie schleifen. Zerlegen, nachsehen, was sich in ihm befindet. Bäh! Statt einer Seele zerre ich an den schleimigen Brocken eines Mathematikbuches; ach, stimmt ja, der Kerl war Lehrer. Ich hänge seine Leiche zum Austrocknen an einen Haken und begebe mich wieder nach oben, die Waffe im Anschlag. (Tagsüber kann ich mich frei bewegen, denn fällt Licht in meine Tiefe, traut ES sich nicht aus seinem Versteck. ES wird erst in der Nacht wieder kommen. – „Verfluchte Aliens!“)
Ja, die Nacht ist wie ein Planet, auf dem ich mit meiner Nostromo lande, eingepackt in einen Raumanzug aus Schlaf und Träumen. Alles geht gut, lange Zeit, bis ES auftaucht und sich durch meinen Helm frisst, um Eier in mir zu legen. Ich bin der Wirt für ein Ding namens Schmerz.
Abschütteln, sich wie ein Hund die Gedanken aus dem Fell schütteln, und weiter machen, weil das ein anderer Planet, weil das eine andere Zeit ist.
Die Lampe beugt sich neugierig über meine Worte. Ich greife nach dem Kaffeebecher, den ich unbedingt mal ablichten und an die Wände der Pathologie hängen sollte. Ich und mein Kaffeebecher, das ist eine Einheit, die bisher nicht zu trennen war. Wäre eine Idee für meinen Grabstein. Ein Kaffeebecher, rot vielleicht, weil das an das Blut erinnern würde, das ich in meinen Büchern vergossen habe, und drauf sollte dann stehen: Bin gleich zurück, bin nur mal eine rauchen.
Archivierung!
Die Pathologie wird von der Universität Innsbruck im Rahmen des Forschungsprojektes DILIMAG, sowie dem DEUTSCHEN LITERATURARCHIV MARBACH archiviert.- "In Pissoirs geht man Stufen hinunter, in Bunker, in Krematorien, in die Pathologie, in Weinkeller. Es lassen sich mythologische Beziehungen zum Hinabsteigen herstellen." Hubert Fichte, Die Palette
Über Guido Rohm
Er kam, sah und schrieb. Der Schriftsteller Guido Rohm , geboren 1970, lebt und raucht in Fulda. Romane von ihm tragen sensible Titel wie „Blut ist ein Fluss“ und „Blutschneise“.
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Guido Rohm, 36100 Petersberg E-Mail: HIERMeta
Könnten wir kurz einen Schmerztabletten-Tango tanzen? Ich bring auch selbst ein paar Packungen mit, aber besonders schwungvoll wird es aus Schmerzgründen nicht. Zu den Zeiten, in denen sie schon wach liegen, habe ich gerade versucht den Fakt zu ignorieren, dass mein Rücken leicht bröckelt von den 1,50 Couch auf denen ich mit meinen 1,78 einschlafen musste. Und nun die Schmerzen und dann läuft die Scheiße auch noch synchron. Ich möchte nichts mit Ihnen gemeinsam haben, NICHT MIT IHNEN. Jawohl. Sie Menschenfreund. Ich geh nun jammernd mehr Tabletten holen.
Statt der Tabletten, sollten Sie sich „Die Sorgen der Killer“ verabreichen. Ich meine, mich erinnern zu können, dass sie es für litheart besprechen wollten. Also, kehren Sie aufs Sofa zurück und tilgen Sie Ihre Sorgen mit denen der Killer.
Lassen Sie mich, ich muss am Mittwoch sogar schon die Lesungsdaten für unsere kleine Freundschaftslesung absprechen und hab grad mal rein geschaut. Ich weiß, dass mir deswegen Horden von Auftragskillern auf den Fersen sind, aber mir machen Sie keine Angst. Sehen Sie es mal so. Igor sagt, ich soll die Lesung Ende Juni machen, weil er das so will (Das ist sein Hauptargument, finde da muss man nicht dran ruckeln). Wenn Sie mich jetzt umlegen lassen, müsste ich in 2 Monaten wiederauferstehen aber das sieht dann nicht mehr aus. Und jetzt reiche man mir mehr Tabletten.
HIER, bitte sehr!
Danke, aber die wirken schon länger nicht mehr, außer ich nehm ne Hand voll. Ich nehm mal ne Hand voll. Und dann verlasse ich Sie, denn ich verhungere so eben und das Essen liegt noch in der Auslage. Also nicht Ihrer. Ich überlege immer noch Argumente, wieso ich im Juni Ihren Kram les und nicht meinen eigenen. Notieren Sie mal ein paar, bis ich zurück bin, Hausaufgaben sozusagen.
Na, wenn DAS kein Grund ist …
Das ist kein Grund. :*
Ich muss ja auch keinen finden. Sollte Ihnen keiner einfallen, werden Sie am Ende doch zu Ihren eigenen Ergüssen greifen müssen, zumal der Veranstalter, wie Sie mich wissen ließen, der Krimiliteratur nicht wohlgesonnen ist.
Ich mach keine Lesungen mehr, ich werd grad Pelewin. Nein nein, ich les schon Ihrs. Und wenn Sie dann irgendwann reich (tihihi) und berühmt sind, geben Sie mir ja eh was ab.
Ganz bestimmt!