Kaffee, Zigarette.
Da sitze ich, eingepackt wie für eine Polarexpedition, für einen Ausflug hinauf in die Kälte eines erstarrten Nordens, aber in den Süden will ich auch nicht, zumindest nicht zu weit, denn ich bin ja, wie an anderer Stelle schon einmal erwähnt, ein Frühlingsmensch. Kurzum: Die Kälte macht mir zu schaffen.
Wenn man die Zeitungen durchblättert, den Finger nässend, eine Ecke weichend, um die Seite dann zu heben, blätternd, flanierend, wie ich das auch im Netz von mir kenne, dann kommt man aus dem Kopfschütteln gar nicht mehr raus; die Dummheit scheint weit gestreut, denn die Welt besteht, wie es scheinen will, nur noch aus Fachleuten. Alle haben sie etwas zu sagen, die kleinen feinen Seelen, die in ihrem Gerechtigkeitssaft hocken und schwätzen und schwadronieren und hier herein schauen und dort sich die Nase zuhalten.
Was man nicht alles über den Wettermann hörte, auch las. Der Kachelmann scheint schon verurteilt, wenn es um die Naseweisheiten kreuzdummer Feministinnen geht, von denen manche auch noch für das Hetzblatt der deutschen Haushalte schreiben.
Ja, wenn es ums Verfolgen geht, da blüht das deutsche Herz auf, ob es links schlägt oder in der rechten Brust.
Und ob der Kachelmann nun gefesselt oder geschlagen hat oder schlagen hat lassen, was geht es mich denn an, denn im Bett, da soll man jeden nach seinem Gusto glücklich werden lassen; solange da keine Straftat begangen wird, ist es mir egal, was er so treibt und wie vielen Frauen er die Liebe versprach.
Dann ist da noch dieser gewisser Herr Sarrazin.
Neuerdings, wohl aber eher schon immer, gehört es zum guten Ton der linken Faschisten, es den rechten Faschisten gleichzutun, denn anstatt den Streit suchen sie den Vernichtungszug. Warum mit einem reden, der sich auch totschlagen ließe, scheinen sie zu denken.
Da müsste ich erst mal das Buch gelesen haben. Habe ich aber nicht. Drum enthalte ich mich der Diskussion, auch wenn die Happen, die der Verlag in die Landschaft warf, mehr als unappetitlich schienen.
Die Linken berufen sich gern auf die Menschenrechte, vergessen sie aber allzu gern bei ihren Gegnern; die müssen dann mit Polizeischutz lesen.
Ja, ja, bei der deutschen Seele, diesem katholischen Abort, der gar nie politisiert wurde, sondern immer noch den Hexenhammer vor der Stirn trägt, kann einem schon schlecht werden, denn da stinkt es in jeder Ecke.
Draußen hat es zu regnen begonnen. Ich sitz noch immer in meiner Expeditionskluft vor der Tastatur, denke mir, ich sollte mich nicht so in die Politik mischen, denn wie Philip Roth mal in einem Interview sagte, und er tat gut daran, stände es dem Autor nicht gut an. Er muss für alle Menschen und Geschichten offen sein, so sagte Roth. Gleichzeitig sprach er natürlich auch vom Privatmensch Roth. Der habe eine Meinung.
Drum kann mein Denken ruhig hier verbleiben, denn die Pathologie ist eine Durchmischung des Privaten mit dem Literarischen; eine Aussicht auf den Schreibtisch sozusagen, um Arbeitsproben und Gedanken, auch Fehler, mit aller Welt zu teilen. Zumindest mit jener Welt, die hier liest.
Ich werde jetzt noch einen Kaffee trinken, eine Zigarette rauchen und dann …