Dideldum B, eine lustige Kinderzeitung vor achtzig Jahren
Manchmal findet man kleine Schätze in einem Schuhkarton unterm Bett. In diesem Fall ungefähr vierzig Hefte der Kinderzeitung Dideldum aus den Jahren 1935 bis 1938, also vor dem Zweiten Weltkrieg und aus der Mitte der Nazizeit. Eine kurze kulturelle Einordnung kann man z. B. hier nachlesen oder auch auf Wikipedia. Die ausgezeichneten Illustrationen stammen von dem Wiener Illustrator und Herausgeber Otto Waffenschmied. Eine absolute Rarität aber sind die 41 Hefte einer zusätzlich von 1938 bis 1941 erschienenen im Impressum als “Dideldum B” bezeichneten Ausgabe, die auf dem Titelblatt nur den Untertitel der Hauptzeitung trägt, nämlich “Die lustige Kinderzeitung”. Bei meinen gefundenen Heften war auch nur ein Exemplar, nämlich das vierte Heft von 1938 dabei. Selbst passionierte Sammler und auch wohl keine Bibliothek hat von dieser Nebenreihe der Dideldum-Kinderzeitung eine vollständige Ausgabe. Der Beginn des Gedichts auf der Titelseite erzeugte bei mir eine etwas abwegige Assoziation mit dem Namen des deutschen Philosophen Theodor W. Adorno:
Versinkt der Tag im Wiesengrund,
Dann naht die holde Elfenstund,
Geheimnisvoll und zaubergleich
Entfaltet sich das Elfenreich…
Das Gedicht verrät darüberhinaus, dass dieses Heft wohl zum Mai 1938 erschienen ist, ein Frühling also vor nunmehr 80 Jahren, in dem der berühmte Philosoph bereits als Emigrant in New York weilte und an einer etwas anderen Art Zeitschrift arbeitete. Der grüne Wiesengrund mit Baum und Haus, die blauweiß gewandete und geflügelte Fee, die sich zu dem Cello spielendem Wichtelzwerg herabneigt; dieses Kinderidyll wurde in Deutschland bald durch den Krieg zerstört, während der Philosoph im Asyl musiktheoretische Aufsätze schrieb.
Ebenfalls eine ganz andere Art der Literatur, die ich gerade lese, erinnert an die dreißiger Jahre. Die sechs historischen Kriminalromane von Volker Kutscher, auf die ich durch die Serie “Babylon Berlin” aufmerksam wurde. Charly, Gereon und Kirie muss man einfach kennenlernen. Süchtig geworden lese ich immerhin schon den sechsten Band, sprachlich sicher nicht hochliterarisch, aber in der Figurenzeichnung und den Dialogen absolut treffend und immer spannend. Aber zurück zum vierten Heft der Kinderzeitung, von der ich ein kleines Video erstellt habe, mit dem ich mich kurz entschlossen verabschiede.