Neue Belletristik bei der Büchergilde
Es soll ja Menschen geben, die Büchergilde-Mitglieder herablassend in die gleiche Kategorie stecken, wie die Leser der Apotheken-Umschau. Hochmütige, elitäre Intellektuelle waren noch nie mein Fall. Allerdings verirrt sich jene Kategorie Mensch wohl nur selten auf meine Seite, dazu ist diese nicht rational cool genug. Die Vorweihnachtsstimmung aber macht uns hoffentlich alle zu gnädigen, toleranten Mitmenschen, wenn nicht, dann bestimmt der den Europäern zu unrecht verliehene Friedensnobelpreis. Wir sind doch mindestens so schizophren wie die waffenstarrenden Amerikaner mit unseren Rüstungsexporten. Aber ich drifte leicht vom dem Thema ab, auf das ich eigentlich zu sprechen kommen wollte an einem dieser letzten Tage, an denen man eilig in überfüllten Städten hinter den verspäteten Weihnachtsgeschenken her hechelt. Wen interessiert es schon, was ich lese, aber ich bekam, wie seit über zwanzig Jahren, das neue Büchergilde-Magazin für das erste Quartal 2013 zugeschickt. Als erstes fragt man sich, wo die drei Monate seit dem letzten Heft geblieben sind und dann überwiegt die Neugierde und man fängt an zunächst mit flüchtiger Hand zu blättern. Wie alles ist das, woran unser Blick hängen bleibt, eine ganz und gar subjektive Geschichte. Gleich auf Seite acht stieß ich bei den Illustrierten Büchern auf die Erzählungen von Katherine Mansfield: In einer deutschen Pension. Das Sixpack Erzählungen, es ist logisch, dass ich bei ihr inne hielt.
Ich möchte einen Garten, ein kleines Haus, eine Wiese, Tiere, Bücher, Bilder, Musik. Und aus alldem heraus, als Ausdruck davon, möchte ich schreiben. (Auch wenn ich vielleicht nur von Droschkenkutschern schreiben werde. Darauf kommt es nicht an.)
Katherine Mansfield, 1922
Auf Seite 27 kann ich natürlich nicht an der nächsten Neuseeländerin vorbei. Die Autobiographie “Ein Engel an meiner Tafel” von Janet Frame liegt auch bei der Büchergilde in einer neu überarbeiteten Übersetzung vor. Gleich eine Seite weiter nach dem Umblättern die nächste Entdeckung, ebenfalls neu übersetzt von Elisabeth Edl, Gustave Flaubert: Madame Bovary. Hier eine Rezension auf “Zeitonline” dazu und noch eine zum angeblichen Tod des Romans. Auf der gegenüberliegenden Seite, etwas klein versteckt, doch noch ein lebender nächster Roman, den ich mir bereits in diesem Jahr zugelegt, aber noch nicht gelesen habe: Henri Alain-Fournier: Der große Meaulnes. Es ist nicht so, dass es außer Romanen sonst nichts bei der Büchergilde zu entdecken gäbe, von Sachbüchern über die ersten fünftausend Jahre Schulden, einer Autobiographie Mark Twains, jede Menge Musik und andere Hörgenüsse wie Lesungen, zum Beispiel von James Joyce: Die Toten usw. und so fort. Meine Zeit und mein Geldbeutel wird nicht ausreichen, um all dies zu verschlingen. Auch diese morgendliche, kurze Fahrt im Bücherkatalog hat jetzt ein Ende. Mich erwischt das Kaufen von Geschenken meist auf den letzten Drücker. Stöbern Sie also selbst weiter und vielleicht wird ein weihnachtliches Buchgeschenk daraus. Selbst Gutscheine hält man bei der Büchergilde parat.
Mit diesen hier kurz vorgestellten belletristischen Büchern hätte ich schon am Anfang des neuen Jahres mehr gelesen als jeder vierte Deutsche, der nämlich gar kein Buch liest. Zumindest vier Bücher im Jahr sollte eigentlich jeder lesen und deshalb ist diese Anzahl als Abnahmepflicht pro Jahr bei der Büchergilde absolut keine Überforderung.
Draußen beginnt es zu schneien. Alles fliegt uns zu wie Schneeflocken, manchmal auch unser Leben. Wenn wir es doch immer so leicht nehmen könnten.
Lieber Bücherblogger,
eine Elite, die es nicht bekümmert, wenn ihre Gedanken weder gelesen noch verstanden werden, ist keine. Die Büchergilde hat seit ihrem Bestehen dafür gesorgt, dass Bücher nicht nur bezahlbar sind, sondern auch noch gut und nicht billig aussehen. Dieser elitäre Anspruch gefällt mir und Melusine (weshalb wir den Katalog auch schon gestern abend im Briefkasten fanden) – Champagner fürs Volk. Empfehlenswert zum Beispiel die schöne Ausgabe von Borges Phantastischer Bibliothek.
Ich wünsche Ihnen ein paar schöne Festtage und viele gute Bücher in 2013.
Morel
Lieber Morel,
wie recht Sie doch mit Ihrem ersten Satz haben und wenn ein „elitärer Anspruch“ wunderbar nachhaltige Bücher hervorbringt wie in diesem Fall, sollte man an ihm festhalten. Manchmal würde ich mir noch mehr experimentellen Mut bei der Büchergilde wünschen (unbekanntere, feine Autoren), aber schließlich muss auch dort verkauft werden. Ihr Hinweis auf Borges ist mehr als berechtigt. Von der Phantastischen Bibliothek habe ich mir allerdings bisher nur den Band 5 mit den Erzählungen von Borges selbst zugelegt. Außerdem noch „Das Aleph„, unbedingt auch zu empfehlen.
Schön von Ihnen zu hören und ebenfalls Frohe Festtage Ihnen beiden wünscht
Der Buecherblogger
Lieber Bücherblogger,
ich höre gerade die Madame Bovoir gesprochen von Sophie Rois quer – wundervoll!
Ich plage mich mit 3 Büchern unterschiedlicher Übersetzungen von Flauberts „Heiligen Antonius“ finde aber die Übersetzung im Insel Verlag am besten.
Die Büchergilde mag ich natürlich schon wegen den Illustrationen.
Nun muss ich weiter Weihnachtsgeschenke einpacken, ich wünsche dir ein schönes Fest
Grüße von Susanne
Liebe Susanne,
ich lächle gerade in mich hinein, denn dass man Bücher quer lesen kann wusste ich, aber quer gehört habe ich noch nicht so oft. Das „quer“ steht ja für Auslassungen, es soll ja Leser geben, die fliegen geradezu über den Text. Ich bin da eher der Typ, der allein schon die Sätze seziert. Das Sezieren bringt meist Erkenntnisgewinn, schmälert manchmal aber auch das Vergnügen, denn manche Seite will dann mehr durchgearbeitet als überflogen werden. Vielleicht sollte man Prosa dennoch so genau lesen wie ein Gedicht, vor allem wenn sie so gut übersetzt sein soll.
Doch wo vor Weihnachten die Zeit ein so knappes Gut wird, darf man auch durch Bücher einmal querfeldein laufen oder hören. Die Schreibweise „Bovoir“ der „Madame Bovary“ hat ja fast etwas von einem „schönen Blick“. Das passt zu Illustrationen. Der Flaubert-Band könnte mein nächster Quartalskauf werden, aber bis dahin müssen die jetzt verpackten Weihnachtsgeschenke erst wieder ausgepackt sein und aus der Zahl, die ein Dutzend bezeichnet eine angebliche Unglückszahl werden.
Herzliche Grüße, Frohes Fest und Guten Rutsch, von mir aus auch quer.
Der Buecherblogger
Lieber Buecherblogger,
das ist einfach erklärt :-)
Ich habe die Madame Bovary schon gelesen. Das Hörbuch ist mir in der Bücherei in die Hände gefallen und ich höre mal dieses Kapitel und mal jenes und erfreue mich daran beim Geschenke einpacken.
Manchmal schreibe ich mir beim Hören Sätze auf, die mir gefallen. Aber grundsätzlich bin ich deiner Meinung, dass die Madame Bovary besser zu lesen als zu hören ist. Beim Hören entgehen einem schon einige Details. Die Übersetzung ist übrigens von Dr. Caroline Vollman, falls dich das interessiert.
„Bovoir“ war eine freudsche Fehlleistung von mir :-)
Nun werde ich die restlichen Geschenke einpacken,
Samstagsgrüße von Susanne