Bild, Text und Ton aus der verlorenen und wiedergefundenen Zeit

Pieter_de_Hooch_Die _Mutter

Pieter de Hooch,
Die Mutter, ca. 1661-1663

(Quelle: Eric Karpeles: “Marcel Proust und die Gemälde aus der Verlorenen Zeit” Dumont 2010 S. 48/49)

Zu seiner eigenen Überraschung vernarrt sich der gebildete Charles Swann derart in Odette de Crécy, eine Kokotte, dass er glaubt, nicht ohne sie leben zu können. Beide nehmen an den einfachen Abendgesellschaften im Haus von Monsieur und Madame Verdurin teil, wo sie zum ersten Mal die Musik von Vinteuil hören:

”Sobald er eintrat und Madame Verdurin, indem sie auf die Rosen zeigte, die er ihr am Morgen geschickt hatte, sagte: “Ich bin Ihnen ernstlich böse” und ihm einen Platz neben Odette anwies, pflegte der Pianist für sie beide das kleine Thema aus der Sonate von Vinteuil zu spielen, das gleichsam die Nationalhymne ihrer Liebe war. Er begann mit dem anhaltenden Tremolo der Geige, das man ein paar Takte lang ohne Begleitung hört und das ganz im Vordergrund steht; dann auf einmal schien es einen Durchblick zu gewähren, wie auf den Bildern von Pieter de Hooch der enge Rahmen einer Tür neue Perspektiven eröffnet; in der Ferne, in ganz anderem Ton und im samtigen Schein eines seitlich einfallenden Lichts tauchte die kleine Melodie dann auf, tänzerisch, eine Hirtin, zufällig, flüchtig erscheinend aus einer anderen Welt.”

Zitiert nach: Marcel Proust: Auf der Suche nach der verlorenen Zeit. Band I, In Swanns Welt. Frankfurt a. M.: Suhrkamp. 1. Aufl der Ausgabe in zehn Bänden 1979. Deutsch von Eva Rechel-Mertens.  S. 290

Sonate von Vinteuil aus Raul Ruiz “Die wiedergefundene Zeit”