Lose Gedanken 3
Gestern Abend roch mein Kopfkissen wie nach seinem Sandelholz-Aftershave. Am Morgen weckte mich sein Name. Am Tag bin ich scheinbar grundlos aufgeregt. Niemand bemerkt wie mein Herz manchmal schneller schlägt. Je mehr ich mich dagegen wehre, um so hartnäckiger verliere ich mich in dem Gefühl, das ich einerseits nicht wahr haben will, andererseits gefällt es mir auch. Dieser Zwiespalt macht mir Angst. Der Zustand der Verliebtheit ist, als ob ich mich ausbreiten würde. Mein Ich, meine Gedanken, meine Seele, alles weitet sich und hat doch nur einen Mittelpunkt. Wie gern erliege ich meinen Illusionen.
Ohne diesen bestimmten Zustand verlieren die Dinge ihren Reiz, werden langweilig. Ich setze sie neu in Beziehung und bin immer auf sich verändernder Entdeckungsreise. Erst so wird ein Baum, ein Stein, ein Mensch interessant. Man sollte alles möglichst lange betrachten, sein Wesen erfassen, bevor man daran geht, es verändern zu wollen. Dann liegt darin eine liebende Beeinflussung der Person oder der Sache und nicht ihre Zerstörung, Inbesitznahme oder Anpassung an uns selbst. Die Freiheit darf man dem anderen nicht nehmen. Man kann nur in der Begegnung versuchen, sich ganz zu geben. Alles andere wäre Gewalt.
Auf der Stadt lastet heute ein wolkenloser Himmel. Ein wenig stumpfsinnig und leer bedeckt sein milchiges Grau diese letzten warmen Herbsttage.