Zauberei von Anfang an – Die erste Seite des Romans. Eine subjektive Sammlung III

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Steel-blue and light, ruffled by a soft, scarcely perceptual cross-wind…

Stahlblau und leicht, bewegt von einem leisen, kaum merklichen Gegenwind, waren die Wellen des adriatischen Meeres dem kaiserlichen Geschwader entgegengeströmt, als dieses, die mählich anrückenden Flachhügel der kalabrischen Küste zur Linken, dem Hafen Brundisium zusteuerte, und jetzt, da die sonnige, dennoch so todesahnende Einsamkeit der See sich ins friedvoll Freudige menschlicher Tätigkeit wandelte, da die Fluten, sanft überglänzt von der Nähe menschlichen Seins und Hausens, sich mit vielerlei Schiffen bevölkerten, mit solchen, die gleicherweise dem Hafen zustrebten, mit solchen, die aus ihm ausgelaufen waren, jetzt, da die braunsegeligen Fischerboote bereits überall die kleinen Schutzmolen all der vielen Dörfer und Ansiedlungen längs der weißbespülten Ufer verließen, um zum abendlichen Fang auszuziehen, da war das Wasser beinahe spiegelglatt geworden; perlmuttern war darüber die Muschel des Himmels geöffnet, es wurde Abend, und man roch das Holzfeuer der Herdstätten, so oft die Töne des Lebens, ein Hämmern oder ein Ruf von dort hergeweht und herangetragen wurden.

denn unzureichend ist die Sehnsucht der Hände, unzureichend ist die Sehnsucht des Auges, unzureichend ist die Sehnsucht des Hörens, denn zureichend allein ist die Sehnsucht des Herzens und des Denkens in ihrer Gemeinsamkeit, die sehnsüchtige Ganzheit des unendlichen Innen und Außen,

so habe ich sie stets gespürt, Lebensbangigkeit und Todesbangigkeit zugleich, in all den vielen Nächten, an deren Schwelle ich gestanden habe, an den Ufern der Nächte und Abernächte, die an mir vorbeigerauscht sind, im Rauschen anschwellend das Wissen um sie, das Wissen um die Trennung, das Wissen um den Abschied, der mit der Dämmerung anhebt, und es war Sterben, das an mir vorbeifloß, mich mit steigender Flut berührte, benetzte, umfing, von außen kommend und doch aus mir geboren, mein Sterben: erst der Sterbende erkennt die Gemeinschaft, erkennt die Liebe, …

Hermann Broch: Der Tod des Vergil. New York, 1945, engl. und deutsch.