„Sämtliche Figuren des Romans sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder toten Personen ist zufällig“, steht im Vorspann von O. P. Ziers soebenen erschienener „Mordsonate“ und dann gibt es einen Führer, der im Suff in den Tod raste, einen ehemaligen Autoverkäufer und Mitglied der Feschistenpartei, der zum Vorstanddirektor des Energiekonzerns wurde, den man dort aber wieder loswerden will. Das Ganze spielt in Salzburg, nicht in Kärnten, deshalb beginnt es mit Mozarts Tränen, denn die wurden dem Denkmal mit Lack aufgemalt, exakt drei Stück und der Aufhänger der Geschichte ist die Entführung des zehnjährigen Wunderkindes Birgit Aberger, das sich gerade auf einen internationalen Klavierwettbewerb vorbereitet und da erscheint und auch wieder viel bekannt.
Denn am Morgen des Entführungstags hat sich Birgit mit ihrem Vater wegen einer Telefonwertkarte zerstritten und geschworen, nie wieder nach Hause zu kommen und um ein weißes Lieferauto gibt es auch.
Ansonsten dominiert das Erfundene, denn Birigit wird in ein Häuschen eingesperrt, das sie sehr an das Sommerhaus ihrer besten Freundin Anja, der Tochter jenen Feschisten, die mit ihr Klavierspielen lernt, aber bei der Vorauswahl nur zweite wurde, erinnert, es erinnert sie auch das Rasierwasser des Entführers an Hans Weger und der weiß auch haargenau, daß Birgits Lieblingsspeisen Nußschnecken und Pizza Margarita sind. Ansonsten verspricht er ihr ihre Finger weltberühmt zu machen, streut ihr Juckpulver in den Rücken und setzt sie an ein verstimmtes Klavier und während Birgit ihm eine Mozartsonate vorspielen muß, hält er Monologe an eine Mutter oder bekommt Vorwürfe von dieser, nicht gut genug zu spielen.
Währenddessen freut sich Hans Weger über das Verschwinden Birgits, kann ja nun seine Tochter zu dem Wettbewerb und dadurch wird er, glaubt er, für die Feschisten und den Konzern unantastbar. Er kommt indessen nicht mehr zu den Vorstandsitzungen, bzw. fängt er eine Beziehung zu der Chefsekretärin Gerlinde Brunner an, die auch ihr kleines Geheimnis hat, fährt betrunken mit dem Auto und wird von der Polizei erwischt, was an sich nicht so etwas Besonderes ist, muß man doch, erfährt man in dem Buch, mindestens eins Komma fünf Promille im Blut haben, um es in dieser Partei zu etwas zu bringen. Das passiert im ersten Satz, das Buch hat, wie die Mozartsonaten drei und im zweiten wird es ein Stück brutaler, werden da ja drei von Birgits Fingern in Salzburg verteilt, am Bahnhof, in der Sparkassenstraße, beim Landestheater. Die anderen Finger, die beispielsweise vor Mozarts Geburtshaus auftauchen sind Attrappen. Im dritten Satz wird die Musiklehrerin ermordet und wir erfahren, daß der Missetäter ein Muttersöhnchen mit narzistischer Persönlichkeitsstörung war und das Ganze ein Gesamtkunstwerk, bis wir aber dort angekommen sind, haben wir viel gelernt von der erfundenen Sumpflandschaft der Bananenrepublick Österreich, beziehungsweise der Festspielstadt Salzburg.
Einen Ermittler gibt es auch, nämlich Chefinspektor Erich Laber mit dem roten Parteibuch von Linz nach Salzburg gekommen und von der Frau Landeshauptfrau den Blauen und den Schwarzen in die Polizeiarbeit hineingesetzt.
Auch sonst ist das Buch bzw. O. P. Zier höchst politisch und von den Unsitten, die momentan bei uns herrschen erfährt man ebenfalls sehr viel. So kommen die prekären Beschäftigungsverhältnisse, wo gut ausgebildete Akademiker jahrelang aus den Taschen ihrer Onkel oder Tanten leben müssen, weil der Staat oder die Radiosender keine Fixanstellung für sie haben, vor und es laufen auch die feschen Parteisekretäre mit den gegelten Haaren herum und teilen Listen aus, auf denen die Namen derer stehen, die sie in den Vorstandsetagen bzw. im Polizeidienst haben wollen. Es gibt einen blauen Inspektor namens Sigi Koller, der beauftragt wird, den unbequemen Chefinspektor auffliegen zu lassen, sein Pech ist nur, daß dessen Mutter gerade im Sterben liegt, so daß er ihm nicht zuhört bzw. statt mitzuintrigieren nur anschreit.
O. P. Zier hat für den Roman offenbar ausgezeichnet recherchiert und kein Detail ausgelassen, so sitzen im Journaldienst Beamte, die von der Post ausrangiert wurden und die sind so gebildet, daß sie das Wort Google zwar richtig schreiben, aber es war doch ein Irrtum, beziehungsweise eine Falle.
Zwei kleine Dinge fallen mir auf, die nicht ganz zu stimmen scheinen, so dürfte die Psychologin von der Krisenintervention, die mit den Beamten mitgeht, um die Todesnachrichten zu verkünden, keine Medikamente austeilen, denn Psychologen haben üblicherweise nicht Medizin studiert und wenn sie es doch getan haben, sind sie wahrscheinlich Psychotherapeuten oder Psychiater, bzw. weiß ich nicht genau, ob es stimmt, daß man bei der Polizeieinvernahme Medikamente nur unter ärztlicher Aufsicht einnehmen darf. Ansonsten ist es packend erzählt und so spannend, daß ich mein heutiges Mittagessen erst am Nachmittag eingenommen habe, weil das Buch ausgelesen werden wollte.
In einem Interview vom 26. August wollten die Salzburger Nachrichten vom Autor wissen, ob man sich unter Chefinspektor Laber, den Kurt Wallander Salzburgs vorstellen kann? Nach dem ich das Buch gelesen habe, kann ich dem einiges abgewinnen, so könnt die Idee mit den Hinweisen, die die abgeschnittenen Finger geben, aus einem dieser Krimis stammen, ansonsten hat Erich Laber mindestens eine Eigenschaft, die ihn wohltuend von der momentan so üblichen Ermittlerszene abhebt, er kocht nämlich nicht, sondern geht ins Restaurant essen und scheint auch sehr sozial denkend zu sein. So hat er eine Lieblingsnichte, jene prekär jobende gut ausgebildete Radiosassistentin und, und das ist auch sehr ungewöhnlich für einen Kriminalroman, er veliebt sich in eine Zeugin, was ihr, allerdings nicht gut bekommt.
„Wird O. P. Zier ein Krimiautor?“, fragen die Salzburger Nachrichten und der Autor anwortet, daß man die schonungslose Gesellschaftskritik sehr gut in die spannende Handlung und die raffinierte Dramaturgie einbauen kann, so daß er Leser hat, die sich sonst nicht so für das Genre Krimi interessieren. Was für mich nicht zutrifft, lese ich ja gerne einen Krimi, auch wenn ich beim eigenen Schreiben vor der Aggressivität des Mords zurückschrecke und alle meine Leichen natürlich steben lasse.
Genau das scheint O. P. Zier bei der „Mordsonate“ gereizt zu haben, wie er in dem Interview antwortet und ich füge noch hinzu, daß ich den 1954 in Schwarzach im Pongau geborenen und in St. Johann lebenden Autor, von den Generalversammlungen der IG Autoren und der GAV, wo er ein regelmäßiger Teilnehmer ist, kenne und dort auch gern mit ihm plaudere. Ich war auch schon bei seinen Lesungen in Wien, habe ihn einmal bei Thalia Landstraße getroffen, als ein berühmter Amerikaner dort gelesen hat und einmal im Linz beim Straßenfestival. Seinen Gedichtband „Vom Diesseits der Wünsche jenseits ihrer Erfüllung“ habe ich im Literaturgeflüster auch besprochen.
2010-08-29
Mordsonate
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