Nachdem am Mittwoch die elf Uhr Stunde aufgefallen ist, habe ich meinen Vorsatz wahr gemacht und bin bezüglich Korrigierrecherche in der Stadt herumgefahren. So habe ich im Juni die „Absturzgefahr“ ja begonnen. Mit dem schwarzen Moleskine die schönen Gegenden Wiens angeschaut, ein bißchen was aufnotiert und am Abend hat der Bachmannpreis begonnen. Jetzt ist der Sommer vorüber. Das Rohkonzept ist fertig und die innere Stimme mir mahnt, das kann es doch nicht gewesen sein. Das muß doch schöner und besser werden, weil du so ja keine Chance hast. Also habe ich mein neues Telekom Notizbuch eingepackt und bin zum Friseur gegangen. Die Fenster habe ich schon gestern geputzt. Ich bin ja eine Freundin von Ritualen. Das Manuskript hatte ich auch dabei und weil ich, was die Änderungen betraf, skeptisch war, habe ich in das neue Buch auf jede Seite den Namen eines meiner Protagonisten geschrieben und während ich auf den Kahlenberg gefahren bin, ein bißchen was zu der Person geschrieben. Über das was sie will und ist, denkt etc.
Als ich wieder heruntergekommen bin, habe ich gewußt, es wird so bleiben und das Mannuskript durchzukorrigieren angefangen. Sprachlich ist noch viel zu ändern. Die Handlung und die Personen bleiben aber gleich. Trotzdem war der Recherchetag erfolgreich. War das Wetter ja sehr schön. Wien im Wahlkampf ist es auch und für den Nachmittag hatte ich eine Einladung zu einem Grätzelfest der ÖVP. Da lassen sich Stimmungen erhaschen, zu Essen gab es auch etwas und was ich am Abend mache werde, habe ich auch gewußt.
Da beginnt ja Frankfurt schon zu winken, heuer wird Argentinien das Gastland sein. Deshalb gab es in der Hauptbücherer eine Lesung aus Ariel Magnus „Ein Chinese auf dem Fahrrad“. Das klingt nun nicht besonders argentinisch und der 1975 in Buenos Aires Geborene spricht auch perfekt Deutsch. Hat er ja in Deutschland studiert und ist derzeit Stadtschreiber von Zürich.
Ilija Trojanow hat das Gespräch geführt und der Roman basiert auf einer wahren Begegnung. Da hat es Buenos Aires vor einigen Jahren einige Brandtstiftungen in Möbelhäusern gegeben und ein Chinese mit einem Fahrrad wurde als Brandstifter entdeckt. Ariel Magnus wollte in dieser Zeit über die Chinesen in Buenos Aires schreiben. Die Verlage wollten aber keine Sozialreportage. So hat er einen humanistischen Roman daraus gemacht, in dem sein Protagonist im Gerichtssaal von dem Chinesen entführt wird. Das Ganze ist eher eine Farce oder ein Umweg, um das chinesische Leben zu beschreiben und weil es eine Liebesgeschichte braucht, verliebt sich Ramiro in die schöne Chinesin Yintai, die Näherin von Brautkleidern ist. So wird der Leser in die Wunderwelt von Chinatown eingeführt. Einen Glaubenskrieg zwischen den Juden und den Chinesen gibt es auch, wohnen die Chinesen in Buenos Aires doch dort, wo früher die Juden wohnten. Der Humor spielt dabei auch eine wichtige Rolle und auch die Übersetzungstechnik. Und Ariel Magnus, der auch am Dienstag im Leporello war, hat erzählt, daß er einer ist, der sich den Stoff für seine Erzählungen von überall her holt. Wenn die Nachbarin über ihn zum Beispiel streiten, wird vielleicht eine Geschichte daraus.
2010-09-23
Stadtrundfahrt und ein Chinese
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