Die letzten Tage also Leipzig virtuell, Freitag in Wien, am Wochenende in Harland, ist Alfred ja Freitagabend aus Spanien zurückgekommen. Der Freitag war etwas mühsam, habe ich ja einige Zeit gebraucht, herauszubekommen, wo und wie ich alles finden kann. Es gab auch alles und die kleinen Filmchen waren, vielleicht ein wenig anders, wie erwartet, zu entdecken, gibt es ja in Leipzig auch Clemens Meyer als Messeblogger, der in seinen Kolumnen vom feuchten Partyleben auf der Messe und den Indepentverlagen erzählt, zwischendurch auch eine Laudatio hielt, aus seinem Buch in dem er Hundegedichte nachdichtete, las und Besprechungen macht. Von ihm habe ich ein ungelesenes Buch auf meiner Liste, das glaube ich, den ersten Leipzigerbuchpreis bekommen hat. Am Freitag hat das Leipzigschauen mit den Nachrichten in Ö1 und Kristina Pfosers Mitteilung, daß Clemens J. Setz überraschend den Leipziger Buchpreis bekommen hat, begonnen. Ich habe zwar diesmal keine Prognose gemacht, wer von den fünf Nominierten, Clemens J. Setz, Arno Geiger, Wolfgang Herndorf, Peter Stamm und Anna Katharina Fröhlich gewinnen wird, Arno Geiger wurde aber prominent erwähnt und Wolfgang Herndorf hatte sicher auch seine Chancen. Mich hat es aber nicht erstaunt und habe auch knapp vorher in der Figaro Übertragung gehört, daß er, wenn auch vielleicht nicht diesmal, aber sicher irgendwann gewinnen wird. Danach gab es einige Setz Interviews zu sehen und ich bin den ganzen Freitag zwischen dem blauen Sofa und den 3 Sat Gesprächen hin und hergependelt. Da gab es außer den genannten Namen, eigentlich viel Sachbuchliteratur zu hören. Romane wurden vorgestellt, die von einer Soldatin in Afghanistan handelt und einer Frau, die in Tschernobyl forschte und ein Buch darüber geschrieben hat. Auch die Söhne berühmter Väter kamen vor, hat doch Walter Kohl, ein Buch über die Traumatisierung mit einem berühmten Vater aufzuwachsen, geschrieben, sowie Andrej Hermlin, der Sohn des berühmten DDR Dichters. Wolf Wondratschek saß mit seinem Buch „Das Geschenk“ auf dem Sofa und da geht es wieder über das Leiden des alternden Dichters an seiner Prostata, geht doch Wondratscheks Held zu einer wunderschönen Urologin und leidet schrecklich, als sie ihm den Becher hinhält und säuselt „Spritzen Sie mal ab!“. Ein uneheliches Kind ist dem einsamen Helden auch passiert, interessant und vielleicht ein wenig ich-bezogen. Freitagabend hatte ich dann auch die anderen Übertragungen gefunden und konnte mir die Gespräche auf der ARD-Bühne ansehen und auch in kleinen Filmchen sehen, daß man auf den Manga Ständen für Japan spenden konnte. Samstag sind wir ein Stück, die Strecke Richtung Leipzig gefahren, bin in Harland mit meinen zwei Computern gesessen, auf das Radfahren verzichtet und das erste blaue Sofa-Gespräch mit Margriet de Moor „Der Maler und das Mädchen“, das ich jetzt gerade nachhöre, versäumt. Inzwischen habe ich auch das Bild zum blauen Sofa gefunden, konnte also auch das Messepublikum, beispielsweise die Manga-Kostümierten sehen, die auch prompt von einem Interviewten bekritelt wurden.
Jetzt hätte ich fast vergessen zu erwähnen, daß am Freitagabend immer auf dem blauen Sofa der Preisträger der Literaturhäuser vorgestellt wird. Einige Male war ich da direkt dabei, da gibts dann Wein und Brezel und einmal habe ich Silvia Bartl da getroffen und gefragt, wieso das Wiener Literaturhaus nicht daran beteiligt ist? „Gute Frage!“, hat sie geantwortet und sich verabschiedet. Diesmal sah ich den livestream, erfuhr Elke Erb ist die Gewinnerin, dann verschwand die Übertragung, die ich auch noch nachschauen muß.
Samstagmorgen fand ich bei den Neuigkeiten heraus, daß am Abend die große Büchernacht, die ihr zwanzigjähriges Jubiläum feiert, im livestream übertragen wird. Das ist ja etwas, was ich in Leipzig regelmäßig versäume, weil wir am Schmetterlingsweg mit den Hundertmarks Abend essen bzw. zweimal in das Schlößchen zu einer Lesung mit Rainer Kunze oder einmal zu der Lyrik im März ins Ring-Cafe fuhren. Die Büchernächte und die Veranstaltungen in der Moriztbastei habe ich aber regelmäßig versäumt. Diesmal auch das mitbekommen und wieder gleichzeitig blaues Sofa und 3SAT gehört, was die Psychologin, die immer die Konzentration auf das Eine empfielt, zwar eigentlich nicht machen sollte, am Wochenende habe ich aber Freizeit und in Leipzig passiert auch viel auf einmal und ich zappe auch dort sehr viel herum und bin am Ende nie, wo ich eigentlich hin wollte. Also habe ich zwischendurch noch ein bißchen meinen Text korrigiert. Da hörte ich bei den Gesprächen auch sehr viel Interessantes, fragen doch die Moderatoren gerne, „Sind Erzählungen für Sie Etüden?“, so die Frage an Clemens J. Setz und Kathrin Schmidt, die vorige deutsche Buchpreisträgerin hat auch einen neuen Erzählband und wußte über das Schreiben darüber viel Interessantes zu berichten. Interessiert sie sich ja auch für den Rand und sogenannte Unterschichtfiguren, erzählte über Verdichtungen und las eine Geschichte vor, die mit dem Satz „Heute habe ich meine Mutter ermordet“, beginnt, dann hörte man einiges über die Beziehung zur Mutter und dem Vater der Protagonistin, eine gerade gekündigte Frau, bis man erfuhr, sie hat nur das Bild der Mutter mit dem Messer drangsaliert und nicht wirklich gemordet und ich war wieder beim Thema Erhöhen und Verdichten, auf das ich ja immer stoße. Die Wichtigkeit der ersten und der letzten Sätze wurde mehrmals thematisiert. Inzwischen habe ich auch den livestream bzw. die Übertragungen der Österreicher gefunden und neiderfüllt, die Namen derer gelesen und auch ein paar Beispiele gehört, die auf der Österreichbühne lesen dürfen. Da würde ich auch gern eingeladen werden, geht aber mit selbstgemachten Büchern wahrscheinlich nicht. Also selber schuld. Peter Clar hat ein neues Buch und Robert Prosser, sein zweites bei Clever, das demnächst auch in Wien vorgestellt werden wird. Es gibt ein paar Krimiautoren und Linda Stift hat aus ihrem neuen Roman „Kein einziger Tag“ gelesen. Melinda Nadj Abonji hat am blauen Sofa gelesen und ihr erstes Buch „Schaufenster im Frühling“, das ich mir genommen habe, als die berühmte Kolisch-Buchhandlung schloß und man sich drei Bücher aussuchen durfte, wurde von Jung und Jung neu aufgelegt. Uwe Timm hat ein interessantes Buch geschrieben, das ich mir wünschen würde, wenn ich mir ein paar Leipzig Bücher aussuchen könnte. „Freitisch“, da geht es um zwei Männer, die sich an einem Stammtisch treffen und über ihre Liebe zu Arno Schmidt in den Sechzigerjahren sprechen, die ihr großes Idol, der sich der Öffentlichkeit nicht zeigte, besuchen wollten. Das nächste Wunschbuch wäre das von Sven Regener „Meine Jahre mit Hamburg Heiner“, ein Logbuch oder Blogroman, wo es einige interessante Interviews über das Bloggen gab. Das Buch dürfte als Blog entstanden sein, Sven Regener hat aber nicht eins zu eins berichtet, sondern einen Roman daraus gemacht und der war auch am Freitag im Leporello und hat aus seinem Leben und das von Herrn Lehmann erzählt. „Herr Lehmann“, das ich im offenen Bücherschrank fand, steht ja auch auf meiner Leseliste. Gregor Sander, der 2009 beim Bachmannpreis gewonnen hat, hat seinen Erzählband „Windfisch“ vorgestellt, der an der Ostsee spielt, eine Erzählung trägt den Namen „Jenseits“ und spielt in dem Dorf Rerik, der auch in Alfed Andersch Roman „Sansibar oder der letzte Grund“ eine Rolle spielt. Ein Roman, der in meinen Regalen steht und auf meine Leseliste sollte und die habe ich ja gestern, als ich nach Harland kam, um meine Harlander Bücher ergänzt. Das gleiche gilt für Rocko Schamoni, der Literat und Musiker hat ein neues Buch geschrieben, das „Geschlossene Gesellschaft“ heißt und am 3 Sat Stand vorgestellt wurde. Ihn kenne ich durch Cornelia Travniceks Blog und habe seine „Dorfpunks“ auch im Bücherschrank gefunden und noch nicht auf der Leseliste. Ich brauche also gar keine neue Leseempfehlungen, sondern komme durch Leipzig darauf meine alten Bücher zu lesen und so ist auch Hans Falladas „Keiner stirbt für sich allein“ zum ersten Mal in ganzer Länge und unzensiert bei Aufbau wiederverlegt worden, das mich daran erinnerte, daß ich im Bücherschrank Band 1 der wunderschönen rororo Taschenbuchreihe „Kleiner Mann was nun“ gefunden und noch immer nicht gelesen habe, was also auch auf meine Liste sollte und ich vielleicht wenn überhaupt, erst im nächsten Jahr schaffen werde.
So habe ich mich gestern und ich hoffe ich bin mit meinen Gedankensprüngen jetzt wieder nicht zu unverständlich, genauer stehts auf leipzigliest.de, durch das blaue Sofa und die anderen Leipzig News gesurft. Es gab auch ein paar Filmchen, wo man durch die Messe geführt wird und sehen konnte, daß es gestern in Leipzig warm und sonnig war. Am Abend habe ich den livestream zur langen Büchernacht gehört, da sprach Arno Geiger über sein Buch „Der alte König in seinem Exil“. Es gab es Diskussion über das Buch dieser Frau, die meint, daß die Frauen schuld darin sind, daß sie noch immer nicht genug verdienen, weil sie sich von den Männern alles gefallen lassen und daher freiwillig unfreiwillig auf ihre Karriere verzichten. Richtig, die große Demo am Ring habe ich gestern auch versäumt, weil Alfred seinen Eltern bei der Gartenarbeit helfen mußte. Ein bißchen was über den Serbien Schwerpunkt habe ich inzwischen erfahren, gab es ja eine Serben-Desco, wo Dragan Velikic, den ich schon öfter in Wien gehört habe, interviewt wurde und heute geht es weiter mit dem blauen Sofa und den 3 Sat Übertragungen. Michael Degen spricht da gerade über sein neues Buch über Thomas Manns „Familienbande“. Von dem hätte ich sonst vielleicht nie etwas gehört. David Albahari ein berühmter Auslandsserbe kommt um 13 Uhr auf das Sofa. Am 3Sat Stand treten Alex Capus und Yasmin Hafdeh, die junge österreichische Poetry Slamerin auf, die ich beim Fest für Ernst Jandl im Jänner kennenlernte, auf. Ich werde mich auch da noch rumhören, am Nachmittag aber trotzdem auf die Rudolfshöhe gehen, bzw. mit dem Rad an der Traisen dorthin fahren und wenn ich vergleichen sollte, ob Leipzig real oder virtuell besser ist, kann ich nur schreiben, beides hat seine Vor- und Nachteile. Man kann es in seinen Wohnzimmern aber durchaus intensiv betreiben und vielleicht mehr, als direkt am Ort mitbekommen. Die persönlichen Gespräche fehlen natürlich, aber die kann ich in Wien ein bißchen nachholen und erinnere mich, daß ich in Leipzig sehr viel im Österreich-Cafe herum gesessen bin, allerdings habe ich Christa Wolf und Günter Grass dort gesehen.
2011-03-20
Leipzig in den Wohnzimmern
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