Das ist zwar ein ziemlicher Kulturkonstrast, aber genau das war heute los. Kam da doch vor einigen Wochen eine Einladung zu einer Facultas Sonderführung in die Albertina zu „Michelangelo Zeichnungen eines Genie“, keine Ahnung, wie ich zu der Einladung komme, aber ich habe mich angemeldet und bin daraufgekommen, daß ich noch nie im Leben in der Albertina war, höchstens einmal in der Schule im Rahmen eines Lehrausgangs. Aber heute war viel los. So schickte mir Haymon eine Einladung zur Buchpräsentation von Robert Schindels „Falkenstein“ und dann hörte ich allenhalben von der Ernst Jandl Show, beziehungsweise dem Begleitprogramm im Radiokulturhaus ect.
Ernst Jandl ist zwar am am 1. August geboren und am 9. Juni gestorben, wäre jetzt fünfundachtzig Jahre alt und zehn Jahre tot ist er auch. Anlaß für eine Ausstellung im Wien- Museum, Ö1 berichtete den ganzen Tag davon. Die Ausstellung wurde heute eröffnet. Ich bekomme zwar keine Einladungen fürs Wien Museum, wenn ich aber ohnehin um achtzehn Unhr in die Albertina gehe, komme ich am Karlsplatz direkt vorbei. In der Albertina hat alles geklappt, die freundliche Dame im Foyer hackte den Namen ab, dann erschienen zwei junge Damen mit einem Körbchen, teilten Kopfhörer aus, führten eine Stunde durch die Ausstellung und erklärten ganz genau, was Michelangeno um 1500 gedacht und getan hat und erwähnten, daß es heute ganz besonders voll in der Albertina ist.
Ich rannte durch die Halle und dachte, ich gehöre ins Wien- Museum und traf dort auch um viertel Acht ein. Kein Mensch fragte nach einer Einladung, ich versuchte in den Saal zu kommen, wo die Eröffnung stattfand. Dort war alles blokiert. Vor mir stand Peter Kreisky, dann kam eine Stammbesucherin im blauen Kleid und blonden Zöpfchen, rief „Aha, Herr Kreisky, was machen Sie da?“ und drängte sich nach vorn. Zehn Minuten später ist sie neben Friederike Mayröcker in der ersten Reihe gesessen. Bernhard Fetz hielt die Eröffnungsrede, hat er doch die Ausstellung mit Hannes Schweiger kuratiert. Ich versuchte es vorerst im ersten Stock, traf dort Robert Huez, als ich aber unten die blaue Dame sah, habe ich mich auch durch die Menge gedrängt. Ein paar Leute kannte ich ja. Toni Gruber hat mich böse bzw. konzentriert angeschaut. Die beiden Herren erkärten die Ausstellung, man kann dort wie Ernst Jandl dichten, es gibt verschiedene Stationen, wie ich schreibe mich frei, Kriegsstimmen, Jandls Schule der Literatur, Innovation und Experiment, ich sein Sprachkünstler, von der Schrift zum Bild, kommunzierende Gefäße Jandl-Mayröcker, Jazz me if you can, die Listen des Alltags – Leben und Schreiben, den Mund mach ich auf und zu und Jandl für alle. Ich drängte mich hinaus, um nicht zu spät zum Wein zum kommen und dachte über meinen Ernst Jandl Bezug nach. Bin ich ja, ich wiederhole es für alle, die es noch nicht wissen, eine realistische Schreiberin und Ernst Jandl ungefähr genau das Gegenteil.
So kann ich nicht genau sagen, seit wann ich ihn kenne. Im Deutschlehrbuch in der Straßergasse ist er zwar sicher schon gestanden, die Frau Professor Friedl interessierte sich aber mehr für Mell und Wildgans und teilte solche Leselisten aus. Irgendwann habe ich in der Zeit nach meiner Matura im Radio gehört, daß Ernst Jandl wieder zurück in die Schule gegangen ist, weil er vom Schreiben nicht leben kann. Dann war er auch GAV-Präsident, aber das war noch vor meiner Mitgliedschaft. Als ich aufgenommen wurde, war Josef Haslinger Generalsekretär, aber Ernst Jandl noch sehr aktiv, mit dreißig, mit vierzig, ect.
Als die Anna sehr klein war, sind wir einmal mit ihr am Nationalfeiertag ins Zwanzigerhaus gegangen, da hat Ernst Jandl gelesen, ein kleines Kind interessiert das nicht. Das rennt herum und stört, ohne es zu wissen den Autor, der klopfte auf den Tisch und äffte das Kleinkind nach, der Aufseher erschien und wir gingen hinaus, no na, ganz klar.
2000 ist Ernst Jandl gestorben, kurz vorher gab es im Literaturhaus einen großen Aktionstag zu schwarz-blau, da habe ich ihn, glaube ich, schon im Rollstuhl an der Seite von Friederike Mayröcker gesehen. Zu seinem Begräbnis bin ich nicht gegangen, habe ich ihn ja nicht persönlich gekannt. Wohl aber zu einigen Ernst Jandl Ausstellungen im Literaturhaus und da habe ich die Frau Millner getroffen, heute war sie auch da und hat sich intensiv mit Brigitta Falkner unterhalten und an eine Lesung bzw. Diskussionsveranstaltung im Literaturhaus kann ich mich auch erinnern, da saß Ernst Jandl am Podium und hat ziemlich gestört. Ob er betrunken oder sonstwie abwesend war, habe ich nicht herausgefunden und eine Ernst Jandl Leserin war ich eigentlich nie.
Aber in dem berühmten Jahr zweitausend, wo alles wegen schwarz blau Kopf gestanden ist, gab es im Theater in der Gumpendorferstraße Gratiseintritt zu den „Humanisten“ und so habe ich mir dieses Stück angesehen und „lechts und rinks, das kann man leicht verwechseln“, ich schreibe das jetzt sicher falsch.
Der Alfred hat der Ute Hundertmark einmal ein Jandl Buch mitgebracht. Aber in Leipzig kann man den großen Sprachkünstler, diese österreichische Ikone nicht so besonders schätzen, also hat sie es am Flohmarkt verkauft und sich mit der Buchhändlerin den Gewinn geteilt. Aber „Otto Mops“ ist berühmt und in den Neunzigerjahren, als ich mit der Betreuung meines Vaters überfordert war, gab es in Mürzzuschlag und Neuberg an der Mürz, das Fest für Ernst Jandl, das für Gerhard Rühm und für Friederike Mayröcker. Da bin ich dreimal dortgewesen und habe ein bißchen über Jandls Beziehung zum Jazz mitgekriegt und inzwischen gibt es dort den Ernst Jandl Preis, wo ich zweimal war und die berühmte Stimme von Wolfram Berger hören konnte, der hat heute auch gelesen und in der Ausstellung gab es viele Tonaufnahme und den berühmten Auftritt in der Royal Albert Hall als Film.
Ich bin herumgerannt, habe bei Bekannten Small Talk betrieben. Bin nicht ganz sicher, ob ich Andrea Winkler gesehen habe, der hätte ich ganz gern gesagt, daß ich die gestrige Veranstaltung gut verlinkt habe, Herr Lindner war da und kommt zum Fest. Toni Gruber und der pensionierte Lehrer, den ich manchmal sehe, haben sich über die Festreden mokiert, aber die gehören zu solchen Veranstaltungen dazu.
Die Dame, die gestern das Literaturhaus vor der Veranstaltung verlassen hat, hat sich alle Tonaufnahmen genau angehört, Franz Gross, Alfreds Schulfreund, habe ich zu meinem Fest eingeladen und bei einem Kulturbeamten versucht, eine Einladung zur Verleihung des österreichischen Staatspreises für Literatur an Paul Nizon zu bekommen, mal sehen, ob das klappt. Er kommt, hat er mir gesagt, ohne hinein, bei mir ist das sicher anders, aber auch darüber würde ich gerne flüstern, wie ich über die Ernst Jandl Show flüstere, denn das ist ein großer österreichischer Dichter und ich habe ihn noch persönlich gesehen.
Bei heute schon gejandelt habe ich den Satz „Das Leben ist schön!“, auf die Wand gepickt.
Bis 13. 2. 2011 kann man die Ausstellung besuchen. Jeden ersten Sonntag im Monat ist der Eintritt frei.
2010-11-03
Michelangelo und Ernst Jandl Show
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