Teil zwei war der längste, begann es doch um elf in der Alten Schmiede mit dem Werkstattgespräch Jugopalaver und zwar nicht so besonders gut, kam doch, kaum nach dem ich mich in die zweite Reihe setzte und ein Gespräch mit dem Sascha begonnen habe, Walter Famler und sagte, die sei reserviert, ich müße mich zurücksetzen, die erwarteten Gäste kamen indessen nicht, so daß er als er das Wort ergriff, die Leute aufforderte, sich doch hinzusetzen, nun gut,ich muß es nicht persönlich nehmen, außerdem setzte sich in die Reihe hinter mich der bosnische Schriftsteller neben dem ich am Freitag gesessen bin und mit dem habe ich ein interessantes Gespräch geführt. Er ist auch durch den Krieg nach Wien gekommen, veröffentlicht seine Gedichte im Internet, bzw. verschenkt er sie, wie er es genannt hat. Ich habe ihn zu meinen Lesungen eingeladen und meine Bücher gezeigt, worauf er mir anbot, sie ins Bosnische zu übersetzten. Das wäre ja was, auf Hindi bin ich es ja schon.
Walter Famler stelte das Podium vor, erklärte die Geschichte der alten Schmiede, die bis in den Siebzigerjahren als solche in Betrieb war, bevor das Haus zum Kunstverein wurde. Wieder interessant, denn so genau habe ich es nicht gewußt. Er erklärte dann noch, daß das Wort „Jugopalaver“, die liebevolle Bezeichnung der Wiener für die Ex-Jugoslawen sei, die im Augarten sitzen und diskutieren und das Jugopalaver in der Alten Schmiede befand sich in slowenischer bzw. kroatischer Hand, nämlich Drago Jancar, Ivana Simic Bodrozic, Svetlan Lacko Vidulic und Laura Marchig, die gehört der italienischen Minderheit in Rijeka an und studierte in Florenz und als ich schon nachschaute, ob das eine Veranstaltung unter Ausschluß der Serben ist, fragte schon jemand, wo sie sind und sie saßen auch in der ersten Reihe und traten am Samstagnachmttag bzw. am Sonntag auf.
Die ältere Generation empfindet Jugonostalgie und sieht in die Zukunft wie Drago Jancar, die Jüngere wie die 1982 in Kroatien geborene Ivana Simic Bodrozic leidet an den Traumen ihrer Kindheit und möchte die Vergangenheit aufarbeiten.
Es wurde dann noch die Ausstellung von Feda Klaric eröffnet, aber seine Fotos „Split in den Siebzigerjahren“ hingen schon im Odeon bzw werden sie dort als Diashow gezeigt.
Am Nachmittag gings weiter mit Lesungen von Franjo Francic, Drago Jancar, Olja Savicevic Ivancevic und Slavenka Drakulic. Drago Jancar und Slavenka Draculic habe ich schon gekannt bzw. Lesungen von ihnen gehört. Von dem berühmten Slowenen, der einen ähnlichen Namen, wie ich hat, dabei kommt meiner, glaube ich, nicht von dort her, habe ich eine Leseprobe von „Katharina, der Pfau und der Jesuit“ einmal nach Hause gebracht, war vor zwei drei Jahren bei einer Lesung in der alten Schmiede und wäre auch fast vor kurzem zur Präsentation des neuen Buches „Baum ohne Namen“ in die Hauptbücherei gegangen. Aus diesem wurde gelesen.
Von Slavenka Drakulic habe ich „Das Liebesopfer“ gelesen. Die hat einige sehr interessante Bücher mit Namen wie „Wie wir den Kommunismus überstanden – und dennoch lachten“, „Keiner war dabei. Kriegsverbrechen auf dem Balkan vor Gericht“ oder „Leben Spenden – Was Menschen dazu bewegt Gutes zu tun“ geschrieben und scheint eine interessante Frau zu sein, jedenfalls wurde sehr intensiv auf Englisch mit Erich Klein diskutiert. Das letzte Buch, das noch nicht auf Deutsch erschinenen ist, behandelt wieder die Aufarbeitung des Krieges bzw. des Kommunismus und zwar erzählen da Tiere über verschiedene Länder auch sehr interessant.
Dann kam noch ein Lyrikblock mit der jungen Ivana Simic Bodrozic und dem Bosnier Mile Stojic, der 1955 geboren wurde, zehn Jahre in Wien gelebt hat und daher gut Deutsch spricht. Bei ihm, dessen Gedichte mir sehr gut gefallen haben, hat mich beeindruckt, daß er von einer persönlichen Schuld gesprochen hat, er hat sich auch bei Wien bedankt und ein Gedicht, die „Randnotiz zu Celan“ handelt von einer Weihnachtsfeier eines Pavillon am Steinhof, der zu einer Flüchtlingsstation umgewidmet wurde, da teilte eine Sozialarbeiterin Mozartkugeln an ein kleines Mädchen auf, die sie ihren Papa mitbringen will, nicht an Weihnachten sondern, an Allah glaubt und so mit der Zauberkugel in der Hand auf einen Gott wartet, der nicht kommt.
Dann gabs wieder eine Diskussion zum Thema „Jugoslawien revisited“, wer war schuld, war es ein Bürger oder ein Aggressionskrieg? Slavenka Drakulic erzählte von der kleinen Freiheit, die man in Jugolawien hatte, weil man in Triest Schuhe kaufen konnte oder in Griechenland Urlaub machen, jetzt haben die Leute ihre Sicherheit verloren und sehen sich zurück, sie wollen aber mehr Sicherheit und keine Diktatur.
Und am Schluß wurde es hoch erotisch. Gab es nämlich Lyrik und Jazz, eine szenische Lesung mit Laura Marchig auf Italienisch und Darko Jurkovic, der Gitarre spielte.
Ivana Simic Bodrozic hat vorher ein paar Gedichte gelesen und Asim Kujovic, der das auch tun wollte, konnte nicht kommen, weil irgendetwas mit dem Visum nicht geklappt hat, das man aus Bosnien noch braucht. Das wurde sehr beklagt, während sich alle wünschen, möglichst bald in die EU zu kommen.
Ich habe mir diesmal die Bücher am Büchertisch ansehen können und auch ein paar Gespräche geführt, am Freitag habe ich ja darunter gelitten, daß es mir nicht gelungen ist, die mir Bekannten zu grüßen bzw. von ihnen bemerkt zu werden und einen Stoß Bücher zur freien Entnahme gab es auch. Die meisten waren zwar in slowenisch, bosnisch, kroatisch oder Serbisch. Zwei Englisch bzw. Doppelsprachige habe ich aber doch erwischt, darunter einen Gedichtband von Boris A. Novak, das ist ein 1953 in Belgrad geborener slovenischer Poet, Dramatiker, Übersetzer und Essayist.
2010-11-07
Jugoslavija revisited II
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