Das Literaturhaus hat seit Herbst eine Zusammenarbeitungsschiene mit dem Institur für Sprachkunst, so gabs bis jetzt Lesungen drei bekannter Autoren, am 28. Jänner sind Texte der Studenten zu hören und jetzt das Symposium „Die Praxis des Schreibens“, mit dem das Institut offenbar in die Öffentlichkeit geht und von seiner Arbeit berichtet.
Ich habe zwar den Zweck der Zusammenarbeit nicht so recht verstanden, wenn sich aber das Institut in seine Karte schauen läßt und man im Literaturhaus ein bißchen mitschnuppen kann, wie das Schreibenlernen passiert, söhnt es mich mit den Aufnahmebedingungen, von dreihundert, vierhundert oder wieviel auch immer Bewerbern werden fünfzehn ausgewählt, ein wenig aus und das Literaturhaus war auch immer sehr voll.
Gestern gings in das „Handwerk des Schreibens“ und so berichteten im ersten Block Olga Flor, Josef Haslinger und Katrin Zimmermann, wie sich Prosa zwischen Laissez Faire und Formalisierung lehren läßt. Daß ein solches Unterfangen im deutschen Sprachraum immer noch mit den Vorurteilen des sogenannten Genieparagraphen zu kämpfen hat, hat Robert Schindel schon in seiner Eröffnungsrede oder im Kulturjournal- Interview erläutert, es war auch in den Pausengesprächen immer wieder das Thema.
Aber natürlich muß man das Schreiben lernen und der, der es betreibt, hat das auch einmal. Josef Haslinger, wie er sagte in der Redaktion der Zeitschrift „Wespennest“, sein Mentor war Gustav Ernst, obwohl sich der damals vielleicht nicht so nannnte und sich nicht als solcher sah.
In den Schreibschulen wird es so genannt und auch ausprobiert, ob das in der Gruppe oder einzeln geschehen soll und natürlich muß man für seine Arbeit irgendeine Form der Benotung bekommen, weil das das Hochschulsystem so verlangt und es ist auch hart, wenn die Kollegen über die Texte herfallen und sie zerlegen, wenn das in einer konstruktiven Art und Weise passiert, läßt sich aber daraus lernen und manchmal passiert es in Leipzig auch, in Wien wird man noch nicht so weit sein, wie Josef Haslinger erzählte, daß der Markt die Studenten, wie das bei Sasa Stanisic mit seinem Roman „Wie der Soldat das Grammafon reparierte“ passierte, vom Institut wegholt, der dann mit seinen Lesereisen etc so beschäftigt ist, daß er das Studium nicht mehr fertig machen kann. Im Allgemeinen werden die Studenten aber davor gewarnt mit ihren Texten zu früh an die Öffentlichkeit zu gehen und, daß sehr viele, die in Leipzig studieren, später beim Bachmannpreis lesen, ist bekannt und war im Publikum auch zu sehen. Eine sehr interessante Diskussion, in die ich Einiges einbringen hätte können, während ich beim zweiten Block „Figuren im Raum“, unbeleckter war, schreibe ich ja nicht dramatisch, obwohl ich vor Jahren einmal bei einem Symposium der IG Autoren über das Szenische Schreiben war. Gustav Ernst, der ja schon viele Stücke hat, hat moderiert und zwei interessante dramatische Schreiber vorgestellt. Den Engländer David Spencer, der im Schauspielhaus , am Burgtheater, in Hamburg und in Berlin szenisches Schreiben unterrichtet und Ewald Palmetshofer, 1978 geboren, der Hausautor am Schauspielhaus war, dort einige Stücke erarbeitet und herausgebracht hat. von „tier. man wird doch bitte unterschicht“, habe ich vor kurzem erst im Radio etwas gehört. Am Nachmittag ging es mit der Lyrik weiter. „Stimmen finden“ hat der Block geheißen. Robert Schindel hat mit Evelyn Schlag, Barbara Hundegger und Dagmar Leupold diskutiert und wollte etwas darüber wissen, wie der Lyriker zu seiner eigenen Stimme finden kann. Die Diskussion war heftig, denn es schreiben, wie ich wieder hören konnte, inzwischen mehr Leute Gedichte, als gelesen werden. So sind die Auflagen skandalös klein und Gedichte werden wohl auch deshalb so oft geschrieben, weil man glaubt, das geht leicht, da brauche ich nur ein paar Zeilen, breche die Sätze ab und schon bin ich berühmt. Barbara Hundegger, die von vielen, als eine der bedeutensten österreichischen Gegenwartslyrikerinnen bezeichnet wird, hatte da viele strenge Einwände, beklagte die schlechte Sprache, „da beherrschen dreifache Doktoren die Grammatik nicht richtig“ und riet zur Lektüre von Wörterbüchern. Einwände aus dem Publikum, die vielleicht zu nah an das therapeutische Schreiben kamen, wurden zurückgewiesen, das Gedicht muß nicht mir, sondern den anderen etwas geben, was wieder schwierig ist, wenn die Leute sie nicht lesen….
Ich habe da ja eine etwas weniger rigide Meinung und rate auch zum Schreiben, wenn die Grammatik nicht hundert Prozent stimmt. Allerdings lese ich Gedichte, schreibe aber keine und gehöre wohl zu den wenigen Autoren, die nicht mit Gedichten angefangen haben, sondern eigentlich immer Romane schreiben wollten. Das narrative Schreiben ist aber auch nicht so anerkannt, obwohl es das ist, was die Bücherblogger lesen und die großen Auflagen bringt und da habe ich noch Josef Haslinger vergessen, der von Vampirromanen sprach und davon, das Leipzig das Schreiben solcher nicht anbietet, obwohl die Leute, die sich dort bewerben, sie offenbar das schreiben, wobei ich auf mein „Nanowrimonovel“ hinweisen kann, denn das gibt es ja eine Studentin des Hochschullehrgangs für Sprachkunst, die einen Fantasywettbewerb gewonnen hat. Es ging aber mit den transmedialen Formen der Literatur weiter, bei der man die Grammatik auch nicht so braucht. Diskutierte Michael Lentz ja mit Michaela Falkner und Ide Hintze und die eine macht ihre Manifeste, geht in Museen, läßt sich dort erschießen und liegt dann drei Tage lang in ihrem Kunstblut am Boden, während Ide Hintze vom Filmen und den Zettelkästen hergekommen ist, die Schule für Dichtung gegründet hat und die Poesie auch auf eine höchst unkonventionelle Art und Weise betreibt. Danach gab es es eine Poetikvorlesung von Ferdinand Schmatz und eine Performance von Michael Lentz, die ich beide versäumte, da der WGPV „Zehn Jahre Psychotherapie auf Krankenschein“ feierte, wo es bei einem ein gutes Buffet gab und Agnes Palmisano schöne Lieder sang.
Am Samstag gings mit den kreativen Prozessen weiter und zwar mit der Studie von Claudia Dürr und Tasos Zembyas über die Entwicklung des Texts von der Idee zur Fertigstellung. Darüber wurde mit Verena Roßbacher und Thomas Klupp diskutiert, die beide an Literaturinstituten studierten, ihre Debutromane herausbrachten und jetzt, obwohl sie erst Anfang Dreißig sind selber unterrichten, Thomas Klupp tut das in Hildesheim, Verena Roßbacher betreut fünf Studenten in Biel. Dagmar Leupold beklagte in der Diskussion wieder, daß es so viele Texte mit abgelutschten schiefen Metaphern gäbe, wo statt der Transformation nur einen Transfer des Erlebten stattfindet. Da müßte man kritisch sein, sagten die Lektoren und lobten das Bücherlesen, weil man dabei am sehr viel lernt. Danach ging es um Literatur und Erfahrung. Elfriede Czurda definierte die Definitionen aus dem Wörterbuch der Brüder Grimm. Marie Caffari vom Schweizer Literaturinstiut erzählte vom Mentoring, der 1 zu 1 Betreuung, die dort betrieben wird und Kerstin Preiwuß, die in Leipzig studierte und lehrt, erzählte von ihren Poetikvorlesungen und meinte, die Leute sollten mehr Lyrikbände kaufen. Danach wurde es kompliziert und unverständlich, das Thema hieß Experiment und Welt. Ferdinand Schmatz diskutierte mit Franz Schuh, Samuel Moser, Monika Rinck und Ulf Stolterfoht, die weder die Welt noch die Erfahrungen gelten ließen und meinten, daß Texte am Schreibtisch entstehen, deshalb hätte es keinen Sinn, wie es Sibylle Lewirtscharoff in Leipzig mit den Studenten macht, in Gefängnissen auf Recherche zu gehen. Am Ende war es dann so mit Theorien vollgepfropft, daß Franz Schuh anmerkte, daß die die Dichter nun mit ihren Werken widerlegen würden, Ferdinand Schmatz lachte dazu.
Danach hielt Dagmar Leupold ihre Poetikvorlesung, die sich als Text mit dem Titel „Mundart“ entpuppte, wo es um das rollende „r“ der Ostpreussen und Vormundschaften ging.
In der langen Pause machte ich einen Spaziergang zum Bücherschrank und zog dort den Bestseller des Jahres, der immer noch in großen Stößen beim Morawa liegt, nämlich Dirk Stermanns „6 österreicfher unter den ersten 5“, ein eindeutiges Weihnachtsgeschenk, weil es über den Preis ein Sternchengibt, heraus, unterhielt mich mit einem jungen Mädchen, das aus Deutschland zum Symposium anreiste und sich an der Hochschule bewerben will, hoffentlich hat sie keine schiefen Metaphern, traf E. A. Richter beim Büchertisch und habe mit einigen Frauen gesprochen, die Romane schreiben für die sie einen Verlag suchen. Mit Christl Greller und Marietta Böning habe ich mich auch unterhalten, bevor die Lesung des Büchner-Preisträgers Josef Winkler begann, der zwei Szenen aus „Roppongi“, wo es um das Sterben seines Vaters ging und dann zwei Geschichten aus dem Band „Ich reiß mir eine Wimper aus und stech dich damit tot“, las. Eine hieß „Lufthoheit der toten Kissenschlacht“, wobei Josef Winkler bemerkte, daß er es Polsterschlacht nennen wollte, worauf ihn der Suhrkamp Lektor fragte, was ein Polster sei? Damit die Deutschen die Pointe verstehen wurde es beim Kissen belassen.
Dann wurde das Buffet für alle frei zugänglich, vorher mußte man pro Kuchen oder Saft einen Euro spenden, Robert Schindel hielt das Schlußwort bevor die Studenten, von denen ich schon einige kannte, den Abschluß gestalteten, ein paar Filme zeigten, die bei den transmedialen Formen mit Orhan Kipcak entstanden sind, einen Wortchor veranstalteten und ihre Texte in verschiedenen Performances zur Geltung brachten.
2011-01-22
Die Praxis des Schreibens
1 Kommentar »
RSS feed for comments on this post. TrackBack URI
liebe frau jancak,
ich glaube, wir ergänzen uns wieder ganz gut :o)
http://consens.wordpress.com/2011/01/24/symposium-die-praxis-des-schreibens-literaturhaus-wien/
lg ch
Kommentar von consens — 2011-01-24 @ 16:15 |