Die Grande Dame der österreichischen Literaturgeschichte der Vor- und Nachkriegsjahre, die Schriftstellerin und Journalistin, Hilde Spiel wäre am 19. Oktober 2011 hundert Jahre alt geworden, zu diesem Anlaß erschien im Studienverlag von Ingrid Schramm und Michael Hansel herausgegeben, das Buch „Hilde Spiel und der literarische Salon“ und das zu lesen war sehr interessant. Taucht der Name Hilde Spiel ja bald mal auf. So hat sich Enrico Kuscher bei der mißglückten Oktoberlesung im Cafe Amadeus auf sie bezogen und auch der Buchpräsentation von Wolfgang Bauers „Der Geist von San Fransisco wurde ihr Name erwähnt. Ich habe mir von meinen Eltern einmal die Autobiografie „Die hellen und die dunklen Zeiten“, schenken lassen und gelesen. Wieviel ich damals über den Literaturbetrieb der Fünfziger- Sechziger und Siebzigerjahre mitbekommen habe, weiß ich nicht. Inzwischen weiß ich ein bißchen mehr davon und auch, daß der Psychoanalytiker Felix de Mendelsohn, den ich gelegentlich im Sigmund Freud Museum oder auf der Sigmund Freud Universiät treffe ihr Sohn ist. Hilde Spiel ist oder war also eine berühmte alte Dame des Literaturbetrieb und den Zusammenhang zwischen ihr und den literarischen Salons herzustellen, finde ich auch sehr interessant. Das Buch beginnt mit einer Einleitung von Bernhard Fetz, dem Direktor des Literaturarchivs der NB und dort dürfte sich ihr Nachlaß befinden, dann kommt ein Würdigung Julian Schuttings „Wie du schreibt niemand mehr!“ und es beginnt auch sehr interessant, mit einer Zusammenstellung der berühmten literarischen Salons, die es im vorvorigen Jahrhundert in Wien gegeben hat. Da habe ich ja einmal eine Sommerakademie des Instituts für jüdische Geschichte besucht und da wurde auch Spiels „Fanny von Arnstein“-Roman erwähnt, aber der kommt erst im nächsten Kapitel vor. In diesem beschreibt Deborah Holmes die berühmten Salons von Caroline Pichler,Josephine von Wertheimstein, Alma Mahler-Werfel, Berta Zuckerkandl etc und kommt dann bald zu Eugenie Schwarzwald, der Frau Doktor mit ihrer berühmten Mädchenschule, in die auch Hilde Spiel gegangen ist. Dann hat sie Psychologie und Philosophie studiert, sich als Frau, was in den Dreißigerjahren offenbar noch etwas schwierig war, den Zugang zum Cafe Herrenhof erkämpft und mit zweiundzwanzig Jahren den Roman „Kati auf der Brücke“ geschrieben, wo es um ihre Jugendliebe zu dem offenbar sehr eitlen Schriftsteller Hans Habe geht. Hilde Spiels zweiter Roman wurde dann nicht mehr angenommen. Sie heiratete 1936 den Schriftsteller Peter de Mendelsohn, mit dem sien nach England emigrierte, von ihm zwei Kinder bekam und die Manuskripte eines vielschreibenden Schriftstellers abtippte. Peter de Mendelsohn war dann bei der British Army und in dieser Funktion lebte Hilde Spiel einige Jahre mit ihm im Nachkriegsberlin, bevor sie 1955 nach Österreich zurückkam. Sie war Pen-Vizepräsidentin und kanditierte als Präsidentin, als Lernet-Holenia den Vorsitz zurücklegte, weil Heinrich Böll den Nobelpreis bekam. Das wurde aber von Friedrich Torberg verhindert, den sie als Freundfeind bezeichnete und hatte ein Haus bzw. einen grünen Salon am Wolfgangsee, wo Thomas Bernhard und auch Peter Turrini verkehrten, der ihr einen Tagebucheintrag widmete.
Evelyne Polt-Heinzel versucht in ihrem Beitrag „Hilde Spiel – Ein Lebensentwurf zwischen Kaffeehaus und Salon“, ein durchaus kritisches Spiel Bild zu zeichnen und weist immer wieder auf Autorinnen hin, die es nicht so gut, wie sie hatten, wie beispielsweise Lili Grün, im KZ ermordet oder Joe Lederer, die in London in den Salons als Dienstmädchen arbeitete, in denen Hilde Spiel verkehrte.
Es scheint auch ein etwas ambivalentes Verhältnis zu Ingeborg Bachmann gegeben zu haben, bezeichnet Spiel sie und Ilse Aichinger wegen ihrer Haarschnitte als „Nudelsuppe“ und „Wasserschlange“. Christa Gürtler meint aber, daß Hilde Spiel Ilse Aichinger mit ihrer Zwillingsschwester Helga verwechselt hätte.
Hilde Spiel war auch Korrespondetin der Salzburger Festspiele, hat diesbezüglich viel im Cafe Bazar verkehrt und sich für Gottfried von Einem eingesetzt und all dies auch in ihren Memoiren, wie beispielsweise die erwähnten „Hellen und finsteren Zeiten“ beschrieben.
Das Buch hat wieder sehr viele Fotos und in der Buchhandlung neben der Alten Schmiede in der Schönlaterngasse, die glaube ich, einem Fritsch Sohn gehörte oder gehört, liegen die antiquarischen und inzwischen vergriffenen, „leichten Sommerromane“, wie „Kati auf der Brücke“, „Verwirrungen am Wolfgangsee“ oder auch „Die hellen und die dunklen Zeiten auf“ und ich habe beim letzten großen Buchlandungsabverkauf mir Marcel Reich Ranicky „Hilde Spiel“-Buch um einen Euro gekauft, der sehr viel von ihr zu halten schien.
Es war wieder sehr interessant ein bißchen Literaturgeschichte, der Sechziger und Siebzigerjahre, die mich ja sehr interessiert, zu erfahren, mit den Bachmann Mythos habe ich es schon dieses Jahr getan und Ingrid Schramm, eine der beiden Herausgeber, habe ich einmal in der Erotiknacht bei „Rund um die Burg“ gehört, als sie ihren Roman „Die Liebespriesterin“ vorstellte und sie hat sich auch in die Sommerlochdebatte rund um Anni Bürkl „Ausgetanzt“- Kritik von leselustfrust, eingemischt. Interessant, wie sich die Kreise schließen.
2012-01-13
Hilde Spiel und der literarische Salon
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