Literaturgefluester

2012-02-21

Nochmals Schweizer Literatur

Filed under: Uncategorized — jancak @ 22:31

„Nachspüren und Anverwandeln“, war das Thema des fünften Abends der zweiten Lieferung der Kontrapunkte, die Alte Schmiede hat immer sehr diffizile Überschriften zu ihren Veranstaltungen, die ich meistens nicht so ganz nachvollziehen kann. Aber diesmal hats gepasst, bei der Lesung von Katharina Geiser und Dragica Rajcic und von Katharina Geisers Jung und Jung Roman „Diese Gezeiten“, habe ich schon bei Ex Libris gehört.
Eine historische Biografie, ein Stück Geschichte über die Insel Jersey, die von den Nazis besetzt wurde, wo zwei Stiefschwestern, Künstlerinnen aus Paris lebten, Widerstand betrieben, Flugblätter verteilten, verhaftet und zum Tod verurteilt wurden.
Ein Stück Geschichte das von den Historikern nicht so wahrgenommen wurde, erklärte der einleitende Literaturkritiker Michael Cerha und Kurt Neumann wollte von der 1956 geborenen Autorin wissen, ob sie zu dem Stoff über die Pariser Künstlerszene von der Lucy Schwob und Suzanne Malherbe kamen oder von der Insel Jersey gekommen sei.
„Die Stoffe kommen zu mir!“, antwortete sie und erzählte, daß sie ihren Sohn auf der Insel besuchte, sich dort am Friedhof eine Lieblingsbank suchte, von der man gut das Meer sah, dann ging sie ins Museum, sah dort die Photgrafien der Künstlerinnen, erfuhr die Geschichte und auch, daß das Grab der beiden, ein paar Meter hinter der Bank lag.
Sie hat es dann sehr poetisch nacherzählt und las ein paar Stellen vor, wo die beiden Frauen, einer Liebe wegen, 1937 auf die Insel kamen, dann wurden sie verhaftet und im Gefängnis ungewöhnlich liebevoll von den Gefangenenen und den Wärtern betreut.
Das zweite Beispiel der neuen Schweizer Literatur war ebenfalls sehr interessant, dabei wurde Dragica Rajcic 1959 in Kroatien geboren und lebt seit 1991 als freie Schriftstellerin und Lehrbeauftragte in Zürich und ihre Anverwandlung heißt „Warten auf Broch“, ist im Studien Verlag erschienen und eine komplett andere Textform, im Programm steht etwas von einer nur teilweise regelkonformen angewandten Sprache und das Ganze scheint eine Annäherung einer Schriftstellung an das Schreiben, ihre Gedanken über das Leben und das Auseinandersetzen mit Schriftstellern zu sein.
Nicht nur Broch, sondern auch Rilke, Musil, die Bachmann und andere Schriftsteller kommen in dem Text vor.
Dragica Rajcic wurde gebeten, sehr langsam zu lesen und las eine Stelle, wo sie in Wien über Broch recherchierte, sich über die den Muff der Monarchie, wenn ich das richtig verstanden habe, wunderte und darüber, daß es in den Buchhandlungen nichts von Broch, dafür aber den Briefwechsel Bachmann-Celan zu kaufen gab.
Dragica Rajcic hat auch immer wieder aus dem Leben Brochs zitiert, von der Textilfabrik geschrieben, die er führen konnte, aber doch verkaufte, sie zitierte, das Titelbild des „Tod des Vergils“ und erklärte, daß das erschienene Buch nur ein Teil des Textes ist, den sie in Amerika geschrieben hat, dann sagte sie noch etwas, daß sie gern mit Broch über das ewige Leben diskutieren würde, das dann aber doch weggelassen hat.
Interessant, interessant, was alles geschrieben wird, von dem man meistens nicht viel erfährt, mich interessiert natürlich das nicht Regelkonforme der Rajcicschen Schreibweise, weil ich das ja auch sehr gerne täte, mich aber doch anpasse.
Es waren nicht sehr viele Zuhörer da, es gab auch keinen Botschafter und keinen Wein, nur den Büchertisch, so daß ich das Rajcic Buch eine Weile studieren konnte.

2 Kommentare »

  1. Kein Botschafter, keinen Wein, Büchertisch und doch Alte Schmiede lebt Dank solchen Beiträgen,auf dem Weg ins Hotel fragte ich mich was soll Flug von Brüssel nach Wien, wie viel Brennstoff wurde ausgestossen, um paar Sätze vorzulesen,aber doch, doch, es wird eine Zeit kommen und Menschen werden goldene Augen haben…

    Kommentar von dragica rajcic — 2012-02-29 @ 07:46 | Antworten

  2. Für mich war es sehr interessant, Sie kennenzulernen, sonst wäre ihr Buch wohl an mir vorbeigegangen und vor allem hat mich Ihr Selbstbewußtsein und Ihre Schreibweise sehr beeindruckt, kämpfe ich ja auf meinen Blog und auch bei meiner Literatur mit den Rechtschreibfehlern und den Lesern, denen es gleich reicht, wenn ich mich mal verschreibe und nicht zu bemerken schein, daß sehr viel an Gegenwartsliteratur im Literaturgeflüster zu finden ist, zu der man sonst nicht so leicht kommt

    Kommentar von jancak — 2012-02-29 @ 21:45 | Antworten


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