Das mit der Lesereise war natürlich stark übertrieben, obwohl ich im Laufe meines Schreiberinnenlebens schon einige schöne Lesungen und Literaturveranstaltungen außerhalb des Kernraum Wien bzw. St. Pölten hatte. So hat der Tag der Freiheit des Wortes von Gösta Maier organisiert in den Neunzigerjahren einmal in Klagenfurt und einmal in Villach stattgefunden. 2007 gab es die von Ruth Aspöck organisierte Dichterradkarawane von Wien nach Bamberg, wo ich ein Stück mitfuhr und in Vilshofen las. Die IG Autoren haben mich in den Neunzigerjahren zu einer Lesung in eine Innsbrucker Buchhandlung eingeladen und nach Klagenfurt wurde ich 1989 zum Preis der Arbeit, den es damals dort gab, auch eingeladen. In Salzburg war ich einmal bei dem von Christine Heidegger veranstalteten Symposium „Sichten und Vernichten“ zur Bücherverbrennung in Salzburg und dann gabs einmal eine Vollversammlung in Mondsee. Die „Mittleren II“ mußten in der Villa Falkenhorst bei Feldkirch in Vorarlberg stattfinden und 2005 hast mich Erika Kronabitter zu einer Text und Kritikwerkstatt auf die Silvretta eingeladen, da gab es auch eine sehr schöne Lesung in einer sehr gefüllten Galerie bei Bregenz.
Und weil die Mittleren II ja in Voralberg mit Erika Kronabitter, Anni Bürkl und mir stattfanden haben, habe ich gedacht, das wäre eine gute Idee sowas vielleicht auch in Graz, Salzburg etc zu machen und habe vor ca zwei Jahren Margot Koller darauf angesprochen. Daraus wurde am Donnerstag eine von Wolfgang Kauer eingereichte Veranstaltung, bei der ursprünglich auch Walter Baco lesen hätte sollen. Aber der hat der GAV schon zuviel gelesen, so daß außer Margot Koller, Wolfgang Kauer und mir noch Josef K. Uhl gelesen hat und den habe ich ja erst vor kurzem bei einem Dichtfest in Wien gehört. Und weil die Veranstaltung Donnerstagabend stattfand und Margot Koller mich bei sich unterbrachte, haben wir gleich das Wochenende drangehängt, so daß es doch eine Lesereise wurde oder auch eine Art Literaturtourismus, der noch dazu bei besonders guten Wetter stattfand.
So sind sind Alfred und ich Donnerstag früh mit einem Zwischenstop in St. Pölten losgefahren und haben die erste Rast in der Autobahngaststätte Mondsee mit Blick auf den See gemacht, was von dem guten Spargel abgesehen, schon einmal literarisch sehr intensiv war. Sind wir doch vor oder hinter einem älteren Paar gesessen und der Mann im Trachtenjanker bestellte in unverkennbar oberösterreichischer Mundart zwei Espressi „i“ nicht „o“, wie wir das tuen würden, beim Kellner, worauf sich der erkundigte, ob der Kaffee italienisch mit der Marke Illy oder nach Wiener Art mit Meinl Kaffee gewünscht wurde und der Herr ergänzte etwas von einem „Kaffee Deutsch“, den es in Bozen gäbe, worunter wahrscheinlich der berühmte Blümchenkaffee mit Blick auf das Tassenmuster gemeint ist.
Dann waren wir schon in Salzburg und Margot Kollers Reihenhaus war auch bald gefunden. Mit dem Bus sind wir mit unseren Büchertaschen in die Stadt gefahren, noch ein bißchen herumspaziert und uns um halb sechs mit den anderen vor einem Lokal in der Nähe des Afroasiatischen Institutes getroffen, wo die Veranstaltung stattfand.
Bei der letzten GV der IG Autoren habe ich versucht ein bißchen Werbung für die Veranstaltung zu machen und alle Salzburger Kollegen darauf aufmerksam gemacht, worauf die mich nach einem bestimmten Cafe fragten und meinten, die Veranstaltung würde dort stattfindens, weil Wolfgang Kauer dort offenbar mit der „Freitagslektüre“ Veranstaltungen macht.
Aber das Thema unserer Veranstaltung war ja „Abgeschoben“ und da passt das Afroasiatische Institut natürlich besser und die Veranstaltung war auch liebevoll organisiert und geplant.
Begonnen hat es schon um sechs mit einer Vorveranstaltung da hat ein junger Mann aus Kamerun vom Leben dort, der Politik, der Geschichte, dem Tourismus, den Königen und den Präsidenten erzählt und auf Nachfrage auch ein bißchen, warum er nach Österreich gekommen ist und wie es ihm hier so geht.
Dann folgte eine kleine Pause, es gab einen Besucherwechsel, ein paar sind auch geblieben und Wolfgang Kauer, bzw. Margot Koller leiteten die Veranstaltung ein.
Wolfgang Kauer ist, glaube ich, zwei Jahre Mitglied der GAV und sonst Gymnasiallehrer in Salzburg. Margot Koller kenne ich viel länger und habe mit ihr schon einige Veranstaltungen gehabt. Die erste war die gemeinsame Arbeit an der sogenannten Selbstmordanthologie „Kälte frißt mich auf“, zu der es, glaube ich, noch in den Achtzigerjahren nach dem Selbstmord eines GAV-Mitglieds kam. Dann habe ich sie zu „Selbstgemacht“ eingeladen, das noch im Literaturhaus stattfinden durfte und wo es um das selbstgemachte Publizieren ging. Bei den „Mittleren V“ hat Margot Koller auch gelesen. Josef K. Uhl, den Kärntner Kollegen, kenne ich auch schon länger. Hat er ja einmal auch einen meiner Text in seiner Zeitschrift „Unke“ gebracht. Ich sehe ihn öfter bei den Generalversammlungen und war, wie schon erwähnt, bei seiner Lesung vor zwei Wochen in Wien.
Ich habe mit dem Lesen begonnen und da war ich anfangs, obwohl ich ja, glaube ich, selbst das Thema vorschlug, ein bißchen ratlos, was ich lesen soll?
Dann hat der Beginn der „Wiedergeborenen“, die „Wiedergeburt“ stand fälschlich im Programm sehr gut gepasst. Da geht es zwar nicht um die aktuelle Asyldebatte, aber um die Vertreibungen und Flüchtlingsströme des gesamten letzten Jahrhunderts. Margot Koller hat gleich mit „Ein jeder kehre vor seiner eigenen Tür“ weitergemacht und das war eine Textcollage aus einem aktuellen Erlebnis, eine Frau wird während einer Kur von einer Bosnierin angesprochen, die von ihr vierzig Euro haben will, damit sie in ihre Heimat zurückfahren kann und Auszügen aus einem Brief von SOS-Mitmensch und dem Dokumentarroman „Verfahren“ von Ludwig Laher. Wolfgang Kauer las einen Ausschnitt aus dem Buch „Der Code der Schnabelkanne“ und nicht aus dem, das im Programm angekündigt war. Um die Vertreibungen nach dem zweiten Weltkrieg ist es dabei aber trotzdem gegangen. Josef K. Uhl endete mit politischen Gedichten und einigen aus seinem neuen Buch Rock`ǹ Roll des Herzens“, die, was ich mir anfangs gar nicht vorstellen konnten, wunderbar zum Thema passten.
Dann gab es noch eine Diskussion mit einer Frau vom Verein „ekando kumer“, der sich um „Schülerpatenschaften in Afrika kümmert und am Schluß mußte man durch ein Natz, das eine bildende Künstlerin inzwischen am Eingang gespannt hat, damit man sich ein bißchen konkreter vorstellen konnte, was Flucht und Abschieben für den Betroffenen bedeutet.
Eine sehr interessante Veranstaltung in einem neuen Rahmen, obwohl ich in Salzburg ja schon einige Male war. Das erste Mal im selbgemachten Dirndl mit der Frau Fachlehrer Linser in der vierten Hauptschulklasse. Dann war ich als Studentin in einem Sommer eine Woche oder zehn Tage mit Monika Jensen dort, habe bei einer ihrer Freundinnen gewohnt, war bei einer Festspielveranstaltung wo Gidon Kremer spielte und ich den Kritiker Klaus Khittl traf. Zurück sind wir wieder autogestoppt, der Herr, der uns mitgenommen hat, war Helmut Zenker und erzählte und, nachdem ich ihn erkannte, daß Lukas Resetarits der neue Kottan sein wird.
Einmal war ich mit dem Alfred dort und dreimal im Rahmen der GAV, einmal beim kulturpolitischen Arbeitskreis, der von Ludwig Laher organisiert wurde, einmal bei einer GV im Literaturhaus und das letzte Mal bei dem schon erwähnten Symposium mit Kathrin Röggla,Thomas Rothschild, Elisabeth Reichart, Ludwig Laher etc.
Das war in den Neunzigerjahren. Seither hat sich Salzburg wohl ein bißchen verändert und so bin ich am Freitag zuerst mit dem Alfred allein, später auch mit Margot Koller in der Stadt herumgelaufen, haben in der Buchhandlung Höllrigl, dem angeblich ältesten Buchgeschäft Österreichs, nicht nur die Geschenkanthologie zum Welttag des Buches, sondern auch Cornelia Travniceks „Chucks“, Anni Bürkls „Narrentanz“, Carla Federicos bzw. Julia Kröhns „Feuerland“-Buch und vieles mehr gesehen.
Dann haben wir in einem schönen Gastgarten Mittag gegessen und sind nach einem Besuch im Mirabellgarten, ein bißchen auf den Mönchsberg marchiert, wo auch das Stefan Zweig Center untergebracht ist und ganz neu, ein Literaturarchiv. Aber das wurde schon eine Woche früher eröffnet. Eine Alfredo Bauer Lesung im Literaturhaus haben wir auf diese Art und Weise auch versäumt. Dann ging es noch einmal in einen Biergarten. Diesmal in einen ganz großen, wo sich die Nichtbiertrinker mit Kracherln begnügen müssen und am Schluß sind wir bei der langen Nacht der Forschung herumgehoppelt und haben im Mozarteum ein bißchen was übers Hammerklavier und im neuen Haus, wo wir schon am Nachmittag auf der Dachterrasse, die Festung Hohensalzburg bewundert haben, ein bißchen was über das Leben der Studenten und Dozenten gehört und am Samstag gab es einen Ausflug in die Gegend. Eine Seenrunde um den Wallner- und den Mattsee, wo wir wunderschöne Frösche fotografierten. In der Teufelsklamm sind wir auch herummarschiert und jetzt wieder zurückgefahren, wo sowohl das literarische als auch das nicht literarische Alltagsleben weitergeht und ich mein neues Buch suchen werde müßen, das entweder schon gekommen ist oder noch kommen wird.
Liebe Eva,
die denkwürdige Hitze an diesem Aprilende hast Du nicht extra erwähnt, scheinbar ist sie spurlos an Dir und Alfred vorübergegangen. Ich hatte eher damit zu kämpfen. Sonst steht alles in Deiner Replik auf die Lesung und ist dem nichts mehr hinzuzufügen. Ich breche morgen früh zu meinem Maturajubiläum nach Wien auf und freue mich, so wie Du Dich auf Salzburg gefreut hast.
Vielleicht ist ein literarischer Abend dabei, der mich reizen würde – mal sehen. Der neue Reifen konnte heute gerade noch montiert werden, aber er
paßt nicht ideal zu den anderen, muss also moderat unterwegs sein.
Euch einen schönen „Tag der Arbeit“ wünscht Dir und Aldfred Margot
Kommentar von Margot Koller — 2012-04-30 @ 18:52 |
Das schöne Wetter habe ich erwähnt, gegen die Hitze bin ich offensichtlich resistenter, so daß ich sie so ausgespart habe, wie deinen Patschen, das ist jetzt nachgeholt. Es fehlt ja sonst überhaupt recht viel, ein paar Wirtshäuser in denen wir noch waren, die Veranstaltungen, die wir versäumten, die schönen Fotos von den Gedenktafeln und natürlich ganz besonders schade für mich, daß ich den offenen Bücherschrank übersehen habe. Ein Grund mehr wiederzukommen! Dir einen schönen Aufenthalt in Wien mit vielen schönen Veranstaltungen, vielleicht ist dann auch das Wetter etwas moderater und nochmals vielen Dank für die tolle Gastwirtschaft!
Kommentar von Eva Jancak — 2012-04-30 @ 19:19 |