Monika Bargmann hat mich in ihrem Jeannie Ebner Blog auf die Wendelin Schmidt-Dengler Gedenkveranstaltung in der Nationalbibliothek aufmerksam gemacht, auf die ich schon gewartet habe, weil ich meine Erinnerungen an den Germanisten der Nation ordnen wollte, die ich in vielfältiger Weise habe, obwohl ich nicht Germanistik studiert und daher nicht, wie andere, eine Dissertation oder Diplomarbeit bei ihm geschrieben habe.
Trotzdem habe ich ihn in den Siebzigerjahren in einer Vorlesung im NIG kennengelernt. Da war er Assistent und hat irgendetwas über die österreichische Gegenwartsliteratur vorgetragen, die mich ja sehr interessierte, obwohl ich Psychologie studiert habe.
Ich werde Dichter, wie das Robert Menasse in den Proseminaren gesagt haben soll, habe ich nicht gesagt, dazu war ich viel zu schüchtern und bin auch in keine Germanistikvorlesung mehr gegangen.
Wendelin Schmidt-Dengler aber später immer wieder bei Veranstaltungen begegnet oder ihn im Radio, bei Ex Libris, beispielsweise, über Bücher sprechen gehört.
Da war er immer in Eile und hat sehr schnell gesprochen. Ein deutlich von der Literatur Getriebener, da würde ich auch Ähnlichkeiten zwischen ihm und mir sehen. Und so hätte ich mich auch gerne mit ihm in ein Streitgespräch über Literatur eingelassen, aber diese Gelegenheit ist leider versäumt.
Er hat mich, glaube ich, gar nicht gekannt, obwohl ich ihn mehrmals bei Veranstaltungen angesprochen habe, in Mürzzuschlag beim Fest für Friederike Mayröcker beispielsweise und ich erinnere mich auch an eine sehr heftige Diskussionsveranstaltung im Literaturhaus, als es um Thomas Bernhards Testament gegangen ist.
Da war er sehr dagegen, es wörtlich zu nehmen, hat das für eine Unmöglichkeit der Literaturgeschichte gehalten und wurde von denen, die das wollten, heftig angegriffen und beschimpft. Darüber habe ich in der Novelle „Das Salz in der Suppe oder wie sich die Zeiten ändern“, geschrieben, wie er mich auch mehrmals zu meinen Geschichten über den Literaturbetrieb inspirierte.
Und er hat sich sehr für die Autoren und die Gegenwartsliteratur eingesetzt. Ich habe ihn aber auch in seiner Überforderung erlebt. So war er mehre Jahre in der Jury der Grazer Autorenversammlung, deren Mitglied er war und war durch seine vielfältigen Aufgaben so überlastet, daß er nur noch „ja“, „nein“ oder „?“ in die Gutachten geschrieben hat, was wieder zu heftigen Diskussionen führte, als dann Franzobel oder Olga Flor abgelehnt werden sollten.
Als Österreich Gastland bei der Frankfurter Buchmesse war, hat er einen Katalog mit den hundert wichtigsten Autoren geschrieben und sein Honorar dem GAV-Notkonto gespendet.
Und ein Vielleser mit nie nachlassendem Interesse ist er auch gewesen, der sich auf seine Pensionierung gefreut haben soll, weil er dann nur mehr als Privatmann forschen kann.
Und weil wahrscheinlich viele ihre Erinnerungen an ihn haben, war die Veranstaltung auch sehr gut besucht.
So habe ich Ann Cotten, Elfriede Gerstl, Herbert J. Wimmer, Daniela Striegl und Brigitta Falkner gesehen, aber auch viele Studenten und Studentinnen.
Und auch das Podium war prominent besetzt. Christoph Ransmayr hat in seinem Protokoll einer Lastwagenfahrt durch Indonesien von der Völkerverständigung durch das Vorlesen einer Zeitung in einer fremden Sprache beeindruckt, Ferdinand Schmatz seine Psalmen vorgetragen, während die ehemaligen Schüler Bernhard Fetz, Juliane Vogel und Ulrich Weinzierl ihre Erinnerungsgeschichten zum Besten gaben und, daß das Archivgespräch am Tag der Nobelpreisbekanntgabe und dem, an dem Josef Winkler den österreichischen Staatspreis bekommen hat, stattfand, ist ja auch interessant.
2008-10-10
Abschied vom Literaturprofessor
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