Literaturgefluester

2013-05-12

Sonnenblumen im September

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:03

Ein Erzählband aus dem „Loma“- Verlag, der bewährten Edition von Rudolf Lasselsberger, für die er sich im Vorjahr zehn ISBN-Nummern kaufte, nach dem sein „Tanz in den Mai“, zuerst ohne richtige erschienen ist. Von Rudolf Lasselsberger, der ja öfter hier kommentiert, ist schon viel auf meinen Blog erschienen, zuletzt habe ich aber vorige Woche etwas von ihm gehört, als er als Mitaufrufer für die Kundgebung am ersten Mai vor dem Parlament auftrat.
Die Zeichnungen in dem kleinen weißen Büchlein mit dem „Loma“ – Stern, der eine eigene Seite hat, sind wie auch bei anderen Bänden von Erich Sündermann, der 1952, wie Rudi Lasselsberger in Ruperechtshofen, NÖ geboren wurde und die „Sonnenblumen im September“ enthalten acht Kurzgeschichten, die schon in Anthologien und in Literaturzeitschriften, wie „Kolik“ oder „Wespennest“ von den Achtzigerjahren bis 2000 erschienen sind.
Zwei der Erzählungen stammen aus den „Geschichten aus der Arbeitswelt“, eine im Europa-Verlag erschienene Anthologie, die ich vielleicht sogar in Harland stehen habe und ich habe den Rudi, wenn ich mich richtig erinnere, auch 1987 in Linz kennengelernt, als der den „Max von der Grün“-Preis gewonnen hat und ich im Jägermayerhof zu einer Schreibwerkstatt eingeladen war.
Es sind auch Geschichten aus der Arbeitswelt, die dieser Sammelband versammelt und die eifrige Lasselsberger-Leserin kennt auch schon das Szenario, des den beiden Schwestern gewidmeten Buchs, denn höchstwahrscheinlich treffen wir die Familie Lasselsberger in der Elfriede, der Anna und dem Franz und „Franz in Linz“ ist noch ein Buch aus der „Loma“- Sammlung, das mir fehlt, während ich die „Willis“ schon gelesen oder noch auf meiner Liste stehen habe.
„Bekanntlich meldet … der Kitzbühler Sportmoden-Erzeuger Zavratsky am 17. Juli den Ausgleich an, im St. Leonharder Zweigwerk wurden daraufhin fast 100 Frauen beschäftigungslos (Niederösterreichsche Nachrichten, Woche Nr 37, 1981“, ist der Titel, bzw. die Einleitung zum ersten Text, der von der Elfi, der Putzfrau dieser Firma handelt, die aufsteht, Husten und Kopfweh hat, an die Tochter, die für die Hauptschulprüfung lernen muß und an das Enkerl denkt, auf das sie aufpassen soll, der Sohn Franz ist in Wien und hat sein Lehrerstudium unterbrochen, dann geht es in die Firma, die Elfi putzt und darf nicht mehr mit der Erika Kaffee verkaufen, dann geht es nach Hause, die Osternesterl herräumen und dann noch einmal in die Firma, bevor die Elfi am Abend im Fernsehen den Kurt Tozzer hört, der ihr von der drohenden Arbeitslosikeit in der Steiermark erzählt.
In „Über die Äcker“, besucht der Enkel Franz die Großmutter Anna, die immer noch in einer Baracke wohnt, Fäustlinge stopft, damit sie etwas zu tun hat, von Sohn und Schwiegertochter versorgt wird, Diabetes hat und sich in der Früh spritzen muß. Sie sinniert über ihr hartes arbeitsreiches Leben nach, als sie dem Enkel „Hätscherltee“ kocht und darüber, ob sie mit ihren viertausend Schilling Rente auskommen kann, die zweitausend Schilling Pflegegeld gehen an die Gerda, die ihr dafür den Haushalt macht und die Haare wäscht.
In Verkäuferin im Traumgeschäft“, das sowohl in den Geschichten aus der Arbeitswelt als auch im Wespennest erschienen ist, geht es um die Erni, die eigentlich Goldschmiedin werden wollte, aber das ließ sie die Mutter nicht, weil sie das auswärts lernen hätte müßen, was zu gefährlich wäre, so weckt sie sie immer frühmorgens auf und bringt sie zu dem Supermarkt, wo sie die Küche macht. Erni sitzt dann am Hocker des Fotogeschäfts, das hier seine Filiale hat, putzt die Spinnennester weg, sortiert Platten, läßt sich vom Chef und von den Kunden sexistisch belästigen und bekommt das Kotzen wenn sie an ihre Erlebnisse vom letzten Tanzabend denkt.
In „Ein schönes Stück Österreich“, treffen wir den Franz wieder, Rudis Alter-Ego, wie ich behaupten würde, der fährt von Wien, wo er in der Neustiftgasse wohnt, nach Haus, trifft schon nach St. Pölten auf die Gartenzwerge, geht ins Wirtshaus Kartenspielen, wo die Ewiggestrigen dröhnen, die Kelnerin alle Mühe hat, die Gäste zum Nachhause gehen zu bewegen und die Idee, in dem Ort einen Jugendclub mit Lesungen, etc zu gründen, eingegangen ist, weil die Chefs der Mitglieder ihnen das Kommen untersagte.
In „Zeit“ begegnen wir Georg und Andrea, der Lehrerin und ihrem Mann, die ich, glaube ich, schon aus „Tanz in den Mai“ kenne, es kommt ein Anruf bei dem sich keiner meldet, Georg arbeitet am Haus, Andrea fährt mit dem Rad, geht durch den Wald spazieren und denkt dabei an Martin, der Deutsch und Turnen an der Parallelklasse unterrichtet und sie im Auto heftig küsste, so „daß sie wie die Haftelmacher aufpassen müssen, daß nichts herauskommt, weil beide verheiratet und im Lehrerberuf, das gäbe einen Wirbel, den sie sich lieber ersparen wollen.“
In „Sonnenblumen im September“ geht es nach Linz, wo Ulrike, die Kunst studierte, mit ihren zwei Kindern lebt, da gibt es wieder Gustostückerl von der Lasselsbergerschen Sprache, die so deftig erdig ist und manchmal auch ein bisserl infantil „Na, du Deppi, bist mein patriotisches Kind, gö“, beispielsweise und bei „Come together“ begleiten wir Ulrikes fünfzehnjährige Tochter Gabi und deren sechzehnjährigen Freund Karl durch die Stadt. Das ist nichts für schwache Nerven, denn Fritz zündet im Jugendclub Mäuse an und wirft sie der eintretenden Gabi entgegen, dann trinken sie Punsch und essen Bratwürstl am Weihnachtsmarkt und rennen ohne zahlen davon und die Ausländer und die Tschuschen werden auch ordentlich angemacht oder niedergeschlagen.
Zuletzt treffen wir in „Alles in Ordnung“, Franz wieder, der, wie der Rudi Stadtschreiber in Linz geworden ist, seine Schreibmaschine samt leeren Blatt stehen läßt, von der Polizei perlustriert wird, die sich seinen Beruf erklären läßt und ganz genau wissen will, was er so schreibt.
Eine interessante Textsammlung mit sehr eindrucksvollen Geschichten aus einer Welt von der man sonst vielleicht nicht so viel lesen kann. Wenn man wissen will, was der Rudi so in „Kolik“, „Rampe“, „Wespennest“ etc in Laufe der Jahre veröffentlicht hat, ist das weiße Lomabändchen sehr zu empfehlen und live war er am Freitag mit Christian Katt, Armin Baumgartner und Peter A. Krobath, den ich, glaube ich, auch aus Linz kenne, im „Heureka“ zu hören und aus den „Sonnenblumen“ hat er, glaube ich, auch schon am Volksstimmefest gelesen.

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