Die Wiener Vorlesungen zur Literatur gibt es schon sehr lange in der Alten Schmiede, wurden sie doch 1986 von Josef Haslinger und Kurt Neumann eingeführt, wahrscheinlich haben sie schon sämtliche experimentelle Dichter und Dichterinnen abgehalten und ich bin ich auch bei einigen gewesen. In der letzten Zeit aber schon lang nicht mehr. Wahrscheinlich seit 2008 nicht, so daß es noch keinen diesbezüglichen Blogeintrag gibt und ich war auch heute ein wenig unsicher, ob ich nicht stattdessen in die Gesellschaft für Literatur gehen sollte, wo Anna Rottensteiner und Bernd Schuchter aus ihren Romanen gelesen haben, habe mich dann aber für Franz Josef Czernin entschieden, denn den habe ich ja vor kurzem bei seiner Preisverleihung gehört. Die Vorlesungen finden in Quartalschritten statt, die ersten beiden habe ich versäumt, die letzte zum Thema „Poesie und Fiktionalität“ findet am 4. 7. statt und als ich in die Schönlaterngasse eingebogen bin, ist Friedrich Achleitner aus dem Haus in dem er wohnt herausgekommen.
Die Veranstaltung war auch sonst sehr prominent besucht, Alexander Nizberg hat sich neben mich gesetzt, Lukas Cejpek, Hans Jörg Zauner, dann noch ein paar Studenten und die Frau und Freunde des Autors.
Das Thema der dritten Vorlesung lautete „Wissenschaft Erkenntnis Poesie“ und Franz Josef Czernin erzählte kurz, um was es in den beiden anderen gegangen ist.
Um die parodistische Auslegung der Bundeshymne in der ersten, in der zweiten um die Form und jetzt meinte, der Autor, hätte er den Begriff vielleicht ein bißchen zu allgemein umspannt. Er bezog sich jedenfalls auf ein Proust-Zitat, eine Stelle auf Seite neunundzwanzig der „Suche nach der verlorenen Zeit“, las sie vor, sie war auch auf die Wand projiziert, dann unterschied er zwischen wissenschaftlichen und literarischen Texte.
An die ersteren geht man mit einer These heran, die wahr oder falsch sein kann und allgemein bezogen ist, die Literatur soll den Lesern aber Erkenntnis und Erfahrung bringen und Erlebnisse hat man beim Lesen von Romanen auch. Unterhaltung und Zerstreuung, das was die meisten Leser suchen, wenn ich das Literaturcafe richtig interpretiere, schloß er aus und er meinte auch, daß sich in der Literatur die Thesen auch noch erfahrbar machen sollten.
An dieser Stelle hat dann später Thomas Eder, der den Text kommentierte, eingehakt und gesagt, daß ihm nicht ganz klar sein, wie das möglich sein soll?
Daran schloß sich eine wilde Diskussion im Publikum, das offenbar auch ganz anderer Ansicht als Franz Josef Czernin war, vorallem eine junge blonde Frau engagierte sich sehr intensiv mit Beispielen, die bis zu Kant und zur Wahrheit führten und am Schluß einigte man sich darauf, ob die Schönheit des Textes zur Wahrheit führen kann, damit war Franz Josef Czernin sehr einverstanden.
Robert Musils „Mann ohne Eigenschaften wurde noch zitiert und Elfriede Jelineks „Kinder der Toten“ und ich, die ich unter Literatur ja vor allem das pychologisch soziologisch realistische, das wahrscheinlich auch noch spannend sein soll und gut geschrieben, verstehe, habe bei diesen philosophischen Exkursen nicht sehr viel mitbekommen, mich auf dem Heimweg aber sehr intensiv mit einem der Stammbesucher, einem pensionierten Lehrer, der jetzt glaube ich den Schmidt-Dengler Nachlaß im Literaturarchiv aufarbeitet, unterhalten und wir sind auch noch auf Arno Schmiedt und Adalbert Stifters „Witiko“ gekommen, den ich ja auch auf meiner Leseliste habe.
Also spannend und interessant und wieder was gelernt, die Rolle der Psychologie in Franz Josef Czernins Vorlesung zum Beispiel, der sich darin sehr intensiv auf Freud bezog, den er offenbar literarischer als ich zu empfinden schien, aber Freud selber hat sich, glaube ich, auch als Schriftsteller verstanden und das Zitat aus der „Verlorenen Zeit“, war ebenfalls ganz spannend, bleibt also die Frage, ob ich jemals zu dem Erlebnis daraus meine literarischen Erkenntnisse zu ziehen, kommen werde.
Befindet sich Proust ja noch nicht auf meiner Leseliste, die ich heute aus den Beständen meiner Regale ziemlich aufgefüllt habe. Was nicht ist, kann aber noch werden und ob ich zur vierten Quartalsvorlesung komme, ist auch fraglich, da ich am 4. 7. wahrscheinlich schon in Harland sein werde.
Dafür werde ich morgen statt ins Literaturhaus, da ich „Grundlsee“ jetzt ja schon gelesen habe, doch wieder in die „Alte Schmiede“ gehen, denn da gibt es zum fünfzigsten Todestag von Veza Canetti ein ihr gewidmetes Projekt und das interessiert mich auch sehr.
2013-04-29
Wiener Vorlesungen zur Literatur
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