Weiter gehts am ersten Weihnachtstag mit den Weihnachtsgeschichten, die man an diesem ja auch lesen darf oder vielleicht gerade, weil man Zeit und Ruhe hat oder sie vielleicht am Abend unterm Christbaum lagen. In meinem Fall lag „Alles Lametta – Autoren feiern das Fest der Liebe“, herausgegeben von Susanne Rehlein, bei Piper, 2002, an dem Tag im „Wortschatz“, als ich, glaube ich von der Hauptbücherei mit der Stadt ein Buch Aktion, die ich mir von dort holte, gekommen war.
Neue aktuelle Weihnachtsgeschichten, da habe ich ja erst einen Band gelesen und wieder sind mir einige, nicht alle Autoren bekannt und wieder geht es ernsthaft, zynisch, idyllisch, traurig, besinnlich etc, durch das angeblich schönste bzw. wichtigste Fest des Jahrs in diesen Breiten. Und beginnt mit Hennig Ahrens Weihnachtsmärchen „ZORKOPORK oder: Deus absconditus“ würde ich mal sagen, so gar nicht weihnachtlich. Das verändert sich aber bei Antje Ravic Strubel, 1974 in Potsdam geboren, 2002 gewann sie beim Bachmannpreis und ein paar Jahre später habe bei der „Buchlandung“ ein paar Bücher von ihr gekauft. Vielleicht verändert es sich aber auch nicht, denn da verlangt ein Verkaufsleiter von der Erzählerin ein Konzept der „Auferstehung“ für seine Produkte „aber in echt“, so fährt sie zu einer Schulfreundin aufs Land, wird im Zug vom Schaffner nicht gesehen, sieht dann die Freundin nicht, obwohl sie mit ihr im Auto fährt und am Ende hat sie das Konzept und Weihnachten ist es auch.
Radek Knapp in Polen geboren, in Wien lebend, macht gleich weiter mit dem für ihn so typisch unterschwelligen Zynismus und schickt seinen Weihnachtsengel Walerian in eine Nobelvilla zuerst zu einem Luxuskind und dann in den Keller zu dem Großvater, der an Engel geglaubt und ich habe nur eines dabei nicht verstanden, wie er auf der Kärntnerstraße eine Frau vor einem Auto retten kann oder war das noch in Zeiten vor der Fußgängerzone oder ich weiß, bei Weihnachtsengeln und in Weihnachtsgeschichten ist alles möglich?
Bei Alex Capus „Fremde in Zug“ wirds dann doch besinnlicher, denn da reisen die Leute heim, die zwei Lehrerinnen nach ihren Einkäufen in ihr Dorf, der der den Zugsfahrplan koordinierte, zu seinen Eltern. Die Frau mit der er einmal in die gleiche Schule ging, tut das auch und im Zug begegnen sie einander.
Frank Goosen erzählt in „Jobs“ von einem, der zu Weihnachten in einem Buchgeschäft Bücher verpackt oder bei der Auskunft die Adresse des Weihnachtsmanns herausrücken soll, aber diese Auskunft gibt es ja in Zeiten des Internets, glaube ich nicht mehr und Paulus Hochgatter, neuer „Alpha-Hauptjuror“ und Kinderpsychiater führt, glaube ich, am Weihnachtsabend in die Portierloge des „Rosenhügels“, eine Neurologie, für nicht Wiener, wo man interessante Dinge erleben kann.
Der mir bisher unbekannte Christoph Peter bekommt von seiner „Platt“ sprechenden Großmutter einen ganz altmodischen „Pölter“ geschenkt, bevor sie stirbt, zieht ihn niemals an, als ihn seine Mutter aber in die Altkleidersammlung geben will, wehrt er sich dagegen und Silke Scheuermann, die auch einmal beim Bachmannpreis gelesen hat, erzählt in „Puppenwelt“ sehr eindringlich von den Leiden eines Mannes, der von seiner Freundin verlassen wird, für die Tochter seiner Schwester aber eine Puppenstube zimmern soll. Philip Tengler, ebenfalls noch nichts von ihm gehört, macht es wieder zynisch und zieht das, von dem „Frohe Weihnachten!“ ernsthaft erzählt, ein bißchen durch den Kakao. Aber man muß ja Weihnachten nicht feiern, wenn man es nicht mag, aber dann wird man wahrscheinlich auch keine Weihnachtsgeschichten lesen.
Und Nikola Anne Mehlhorn, die heuer beim Bachmnnpreis „durchgefallen“ ist und von der ich inzwischen ein Buch las, macht es in „Heiland“ tragisch. Da liest ein alter tauber Mann in einer Zeitung von einem Prozeß von einem Herrn Heiland und weil der einmal sein Nachtbar war, geht er mit seiner Frau hin. Der Herr Heiland war sexbesessen, hat es mit allen Frauen, auch mit seiner Nachbarin und seine Frau dadurch in den Selbstmord getrieben. Omma Jensen wird bei dem Verhör unruhig, rutscht herum, zum Glück fällt Oppas Hörgerät aus, so daß er den Saal mit seiner Frau verläßt, denn „man hat ja nichts von einem Prozeß bei dem man nichts hört und außerdem ist bald Weihnachten,oder?“
Dann geht es mit dem Schweizer Peter Stamm zu „Kinder Gottes“ und in die ehemaligen DDR zu einem Pfarrer namens Michael und einer sechzehn oder achtzehnjährigen namens Mandy, die schwanger ist und Stein und Bein darauf schwört, daß sie niemals nicht jemals mit einem Mann etwas hatte. Also sind wir bei der heiligen Familie, obwohl die kleine Sandra erst im Februar das Licht der Welt erblickt.
Kevin Vennemann erzählt in „Verstecken“ von einer Frau die sich zuerst an die Wand hängt und dann aus Lucians Leben verschwindet und der Leipziger Buch- und Bachmannpreisträger Georg Klein in „Leipholt“ von einem Monatstreffen der Supervisoren des „Verbands für Kriegsfürsorge“, die nur vegetarische Häppchen essen und nicht aushalten, die Leiterin des Hauses einen alten Veteranen vögelt.
Maik Lippert und Armin Senser haben Gedichte und das von „weihnachten 75“ erinnert mich natürlich an mein „Weihnachten 2000“ geschrieben in der Schreibwerkstatt der Gewerkschaft in die ich in dieser Zeit gerne gegangen bin.
In Gregor Hens „Lilac Heaven“, geht es um einen Machtkampf zwischen einem Sohn und einer Mutter. Der Sohn hat sich nach Amerika abgesetzt, die Mutter will, daß er zu Weihnachten auf Besuch kommt, da machen sie sich Kompromisse aus, wer den Flug bezahlt, wer mitkommen darf und ob der Bruder sein Weihnachtsmedly spielt oder nicht, beim Fleischfondue scheiden sich die Geister und so bleibt alles wie es war.
Und Monika Bittl macht es in „Bekenntnisse eines Gastwirts“ wieder schaurig skurril, da rüstet einer für eine schönes Weihnachtsfest für seine Gäste, stellt im Garten dafür ein Zelt auf, läßt die Putzfrau alle Hudstrümmerln entfernen, denn Hunde mag er nicht und auch keine Hundebesitzer, waren doch die als das Gasthaus noch seiner Mutter gehörte, die Stammgäste, jetzt hat er sich Rattengift auf einer Tierapotheke besorgt und beseitigt jedes Jahr, weil es ihm doch auch gut gehen soll, ein paar Hundebesitzer, bzw. läßt er die in seinem Kellner von seinen Hunden auffressen.
Stefan Beuse läßt in „Verschlußzeit“ Sophie an ihren demenzkranken Großvater denken. Sibylle Lewitscharoff erzählt in dieser Weihnachtsgeschichte vom „Ausflug der Fetten“, auch schaurig skurril und auch ein bißchen traurig und Norbert Zähringer ein dBp Longliststeher von dem ich, glaube ich, noch nichts gelesen habe erzählt in „Gute Tage“ von zwei Typen die sich um den letzten Computer streiten und entwickelt dabei vielfältige Szenarien, die alle schlecht enden.
John von Düffel, von dem habe ich einmal eine Vorschau gelesen und habe was auf meinen Leselisten erzählt in „Von den Jahreszeiten des Körpers“ von einem der sich zu Weihnachten „Leere Fußgängerzonen“ wünscht und an eine Patentante denkt, die immer Marizipankugeln schickt, obwohl er die doch nicht mag und keine Süßigkeiten ißt, so geht er ins Fißneßstudio und dort dann doch nicht hinein, um sich eine Packung Marzipankugeln zu kaufen und in diese gierig hineinzuschnuppern. So geht es dahin und durch das „Fest der Liebe“
Die 1959 geborene Susanne Riedel läßt in „Allah ist groß“ zwei miteinander im Zug fahren und sich ihr Leben erzählen und Mario Wirz erzählt von einem Kellner, der entlassen wurde, weil er seinen Kunden seine Telefonnummer zusteckte.
„Zu aufdringlich!“, befand der Wirt, jetzt sitzt er zu Hause und wartet auf die Anrufe und überlegt ob er sie weißhaarigen Zwillingsschwester zu Apfelkuchen mit Sahne“ einladen soll.“
Wenn wir soweit sind, haben wir uns durch eine Reihe skurrile, traurige, absurde und auch ein paar ganz traditionelle Weihnachtsgeschichten gelesen und können uns je nach Temperament und Laune daran erfreuen, das Buch aber genausogut zur Seite legen und versöhnlich denken „Weihnachten geht auch vorbei!“
Und kommt wieder im nächsten Jahr wieder, schreibe ich dazu und freue mich schon auf die Weihnachtsbücher, die ich dann im Schrank finden werde.
2013-12-25
Alles Lametta
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