Jetzt bin ich endlich an das berühmte Buch, den Margareten-Krimi von Edith Kneifl, die ihn, 2008 oder 2009 wahrscheinlich, im Buch gibt es seltsamerweise kein Impressum mit einer Jahreszahl, nur am Umschlag steht „Haymon“, vorne und hinten über dieser Einscanmarke, wo man das Verlagsprogramm mit vielen Informationen finden kann, wahrscheinlich für die Margaretner Kaufleute, Stefan Gergely, die SPÖ oder den ganzen Bezirk zusammen geschrieben hat.
Am Umschlag steht „Ein Wien-Krimi“, was so gesehen falsch ist, ist der Bezirk Margareten ja ein Teil von Wien, es gibt aber neben einer Hand und einer Gabel auch die weiße Margarete, auf dem Cover, das Bezirkssymbol, das offenbar EX-Bezirksvorsteher Wimmer für seinen Bezirk eingeführt hat. Leselustfrust, die wie ich ja in Margareten lebt, hat das Buch gelesen und war in ihrer Rezension enttäuscht, weil soviel Werbung für den Bezirk, jedes Beisel, jedes Geschäft, wird beschrieben, während die Krimihandlung nur Vorwand und dunnflüßig ist. Ich habe Edith Kneifl, als ich sie bei der historischen Krimipräsentation im Literaturhaus getroffen habe, darauf angesprochen. Sie ist der Antwort ein bißchen ausgewichen und hat nur gemeint, etwas Werbung ist nicht schlecht und ich habe inzwischen die Nachfolger Kneifl-Krimis, die von der Roma Kellnerin Katharina Kafka und ihrem schwulen Transvestiten Freund Orlando handeln, die beide nach Florenz, bzw. in die USA führen, gelesen. Das waren ganz „normale“ Krimis, ohne „Werbeauftrag“ und das Buch, das bei seiner Erscheinung an mir vorbeigegangen ist, hat mich, als zugezogene Margaretnerin, die auch ihre Erfahrungen mit den Bezirksevents und dem Bezirksvorsteher hat, interessiert. Die Evi, die es als Bloggerin auch nicht mehr gibt, hat einmal, glaube ich, erwähnt, daß sie das Buch im „Wortschatz“, dem offenen Bücherschrank am Margaretenplatz gefunden hat.
„Wow!“, habe ich neidig gedacht und dann ihres oder ein anderes Exemplar selbst gefunden und kann Leselustfrusts Unmut verstehen, auch wenn ich mich naturgemäß nicht darüber ärgere, weil ich ja die Margaretner Bezirksambitionen ein wenig kenne. Es ist wahrscheinlich eine Auftragsarbeit und ich kann mir vorstellen, daß es einen Rundbrief an die Geschäftsleute gab, daß sie sich melden sollten, wenn sie ihren Laden in dem Buch erwähnt haben wollen und einige Sitzungen mit Stefan Gergely, dem King des „Schloßquadrates“, BV Wimmer und Frau Klaric, die ja, glaube ich, Obfrau der Margaretner Kaufleute ist, hat es wahrscheinlich auch gegeben.
Ansonsten ist es trotz der sehr oberflächigen Krimihandlung eine sehr lehrreiche und schöngefärbte Bezirksdarstellung, in dem ich nun schon fünfzehn Jahre wohne und noch ein paar Jahre früher meine Praxis in der Reinprechtsdorfer Straße hatte. Interessant ist wieder nur, daß in einem so schönen Bezirk, wo alle alle kennen, soviele grausliche Morde passieren und dazwischen geht man einkaufen, chillen, zum Friseur und zum Psychoanalytiker, etc.
Wie das Buch von jemanden empfunden wird, der in Berlin oder Hamburg lebt, also nicht weiß, daß es den Gastronomen, der früher Profil-Redakteur war, Stefan Gergeley, wirklich gibt und, daß der Bezirksvorsteher zu Zeiten der Buchentstehung tasächlich Wimmer hieß, weiß ich nicht. Für die, die das Buch heute lesen, sei angemerkt, daß es inzwischen eine Bezirksvorsteherin gibt, die heißt Susanne Schaefer-Wiery und war zu Zeiten der Buchentstehung, Leiterin der VHS-Stöbergasse und auch des Filmcasinos, das dazu gehört und spielt in dieser Eigenschaft in dem Buch eine nicht unbedeutende Rolle.
Katharina Kafka, die etwas vierzigjährige Kellnerin, das ist jetzt Erfindung, im „Cuadro“, einem Lokal im Margaretner „Schloßquadrat“, die in der Franzensgasse, in der ehemaligen Wohnung, der 2000 verstorbenen Architektin Margarete Schütte-Lihotzky wohnt, geht eines Morgens nach einer feuchtfröhlichen Nacht und einem one night stand nach Hause, denkt ein bißchen über das ehemalige Schloß Margareten und den Brunnen am Margaretenplatz nach, beschreibt das Schloßquadrat und die Kirche, wo Franz Schubert aufgebahrt wurde und sieht, wie ein Haus am Margaretenplatz in die Luft fliegt.
Ein Auto bleibt auch stehen, darin sitzt eine etwas sechzigjährige Dame und erzählt, daß ihr Mann in diesem Hause seine ärztliche Praxis hat. Als Katharina am Tag darauf in das „Cuadro“, das sie an die New Yorker Lokale erinnert, servieren kommt, sind alle sehr lieb zu ihr. Stefan Gergely, den sie gar nicht persönlich kennt, spendiert ihr ein Bier und als sie am Abend die Toiletten kontrolliert, liegt dort ihr Freund Orlando in seinem Sisi-Kostüm, niedergeschlagen am Boden, denn er hat ja den Spleen, im Kleid der Kaiserin herumzulaufen.
So jemanden habe ich im Bezirk noch nie gesehen, aber das Leben unterscheidet sich ja von der Literatur und im Wien-Krimi sind Klischees wahrscheinlich sehr erwünscht. Er erzählt ihr von einer Leiche, die er mal im Bacherpark gefunden hat. Eine Ungarin namens Ilona wurde dort mit einer Flasche in der Möse hinterlassen. Er rief die Polizei und wurde verdächtigt und nun passieren in weiterer Folge, während Katharina von Geschäft zu Geschäft oder auch ins Kino geht, am laufenden Band Morde, wo junge ausländische Frauen in brutalen Posen tot aufgefunden werden und als Katharina, weil sich Orlando bei ihr einquartierte, bei ihrem Schulfreund, dem Möbelhändler Grünbeck in der Margaretnerstraße ein Sofa kaufen will, erzählt ihr der, daß eine seiner Verkäuferinnen bei einem Faschingsfest ebenfalls fast vergewaltigt wurde.
In dem Raschgeschäft „Midinette“ am Margaretenplatz, der Frau Klaric, wo Kathrarina für Orlando falsche Brüste kaufen will, lernt sie einen Immobilienmakler namens Tony Meyers kennen, in den sie sich verliebt, obwohl der sehr verdächtig ist. Frau Bischof, die Frau des Arztes, dessen Praxis in die Luft flog, wobei dessen serbische Putzfrau ums Leben kam, taucht öfter im „Cuadro“ auf, erzählt von der Scheidung und wie sie von ihrem Ex übers Ohr gehauen wurde, der inzwischen eine neue Freundin hat.
Katharina Kafka geht auch, um über Serienmörder mehr zu erfahren in die Praxis eines Psychoanalytikers, erzählt dem etwas über den Unfalltod ihrer Eltern, der im dritten Teil aufgeklärt werden wird und deklariert das als Psychotherapie, was Edith Kneifl eigentlich besser wissen müßte.
Sie besucht auch ihren Opa im Pensionistenheim, einem ehemaligen Polizisten, der wichtige Hinweise gibt und am Schluß haben wir drei bzw. vier tote Frauen, die serbische Putzfrau scheint nicht ganz dazuzupassen, aber Dr. Bischofs, Scheidungsanwältin und zwei andere Ausländerinnen, eine wird im Filmcasino brutal ermordet, die Anwältin wird in einem Auto des Autosalons Strohmeiers in der Embelgasse, der auch ausgiebig vorgestellt wird, gefunden und einige Verdächtige.
Angela Bischof ist das, denn sie ist sauer auf den Ex, aber auch Tony Meyer, der mit allen ein Gspusi hatte und ein Babyface mit roten Schuhen aus dem „Vega Nova“, dem alternativen Möbel und Schuhgeschäft auf der Margaretenstraße, in das auch Frau Bischof einlaufen geht, gibt es auch.
Orlando wird zwischendurch verhaftet und lernt dabei einen feschen Polizisten kennen, der ihm wertvolle Hinweise gibt und wenn Not am Mann ist, wird der Bezirksvorsteher angerufen und der hilft allen, verschafft Plätze in Pensionistenheimen und schaut darauf, daß Orlando wieder aus der U-Haft kommt.
Ich dachte, daß sowas eigentlich nicht passieren sollte und habe das bei Herrn Wimmer auch nicht so erlebt, aber im Krimi ist alles anders und wenn die Geschichte aus ist, Tamara, Dr. Bischofs neue Freundin gerade noch mit dem Schrecken davon gekommen ist und Angela Bischofs Auto im Wienfluß treibt, haben wir einige Margaretner Geschäfte, den Kommerzialrat Schramm, der sein Modehaus auf der Reinprechtsstraße hat, das „Haas-Beisl“, einen Computer Service Dienst, den Coiffeur Pranz, etc, kennengelernt, können auch ein paar Kochrezepte, die es im Anhang gibt, nachkochen und ich denke auch, daß ich dafür keine achzehn Euro zahlen möchte und, daß es wahrscheinlich fairer gewesen wäre, das Buch nicht den unbedarften Lesern in Hamburg und Berlin, die einen Krimi lesen wollen und wahrscheinlich nie nach Margareten kommen, zu verkaufen, sondern es für die Interessierten in den Margaretner Geschäften aufzulegen.
Ich habe es aber ohnehin nicht gekauft und die beiden Nachfolgebücher, kann ich verraten oder kann man bei mir nachlesen, haben nicht mehr soviel Werbeinhalt.
Es gibt übrigens noch ein anderes Margareten-Buch, das mir Stefan Gergely schenkte, als wir uns zu Besprechung der Margaretner Lesung mit der 5 er Edition, die auch in Gergelys „Schloßquadrat“ stattfand, in dem berühmten „Hofstöckl“, das auch in dem Buch vorkommt, trafen, da hat Edith Kneifl ebenfalls einen Kurzkrimi drinnen und die Geschäfte, die es in Margareten gibt und auch seine Künstler, werden in dem Buch vorgestellt.
Die „5 er Edition“ in der, glaube ich, kein Kneifl-Text enthalten ist, gibt es auch und ich habe mich natürlich gefreut, daß ich das Buch im „Wortschatz“, dem offenen Bücherschrank Margareten, den auch die Margaretner Kaufmannschaft gesponsert hat, gefunden habe und am Abend geht es dann zum traditionellen Sturmfest ins „Schloßquadrat“, wo man gratis Sturm trinken, sowie Stefan Gergely, die Bezirksvorstehung und auch einige SP-Politiker treffen kann. Und da werde ich wahrscheinlich nicht über eine Leiche stolpern.
2013-09-22
Schön tot
Kommentar verfassen »
Du hast noch keine Kommentare.
Kommentar verfassen