Literaturgefluester

2014-05-28

Ein kurzer Sommer der Literatur

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:50

Im Februar ist der langjährige Volkstimme(chef)redaktuer Lutz Holzinger einige Tage vor seinem siebzigsten Geburtstag gestorben, der unter anderen, auch in der von Gerald Grassl herausgegebenen „Tarantl“ geschrieben hat, so sind jetzt in der „Edition Tarantel“ „essays & rezensionen zu medien, literatur & kunst“ erschienen.
Ein erster Band, wie Gerald Grassl in seiner Einleitung anmerkt und auf das vielfältige und vielschichtige Material hinweist, das Lutz Holzinger hinterlassen hat.
Auf der Kundgebung zum ersten Mai hat mir Gerald Grassl, die Einladung zu einer Präsentation des Buches in die Hand gedrückt, die am 2. Mai stattfand.
Da sind wir aber, glaube ich, nach Harland gefahren, so daß ich auf das Buch erst am vorigen Freitag auf der KritLit aufmerksam wurde und es jetzt lesen kann, weil mich die Essays zur Literatur der Siebzigerjahre etc, natürlich sehr interessieren und ich Lutz Holzinger, beziehungsweise seinen Namen, als Redakteur der Volksstimme auch aus dieser Zeit kenne, weil ich dort meine Texte hinschickte und Lutz Holzinger hat auch einige davon veröffentlicht.
Nicht umsonst verweist Gerald Grassl in seiner Einleitung darauf, daß Lutz Holzinger ein vielseitiges Wissen hatte, sich für alles interessierte und es kaum einen Autor in dieser Zeit gab, den er nicht kannte.
So sind „Zeit an Rosa Krantz zu denken“, „Spritzen kriegen“ 1983, „Zur ewigen Erinnerung oder was hat das österreichische Militär mit dem Sonnenzug zu tun“,1984 und „Beobachtungen beim Postaufgeben“ 1985 erschienen.
Dann kam eine Pause, beziehungsweise, wie ich mich vage erinnere, eine Diskussion mit Lutz Holzinger, ob es im Karl Marx Hof Dienstbotenwohnungen gegeben hat, wie ich einmal hörte.
In dieser Zeit war ich ja im „Arbeitskreis schreibender Frauen“, bzw, hat sich der 1984 etwa aufgelöst, ich habe die Volksstimme bis zu ihrer Reduzierung und Umstellung in das Magazin „Salto“ auch regelmäßig gelesen und erinnere mich auch Lutz Holzinger im „Rotpunkt“ gesehen zu haben. Da hatte ich ja viel später eine Lesung, aus dem „Novembernebel“, glaube ich, Bärbl Danneberg hat dort ihr Buch „Alter Vogel flieg“ vorgestellt und Lutz Holtzinger sein „Gespenst der Armut“.
Grund genug mich an die revolutionären Siebziger- und Achtzigerjahre und an Lutz Holzinger zu erinnern, der auch im „Wespennest“ in „Weg und Ziel“ in „Frischfleisch und Löwenmaul“ oder wie die marxistischen bzw. kritischen Literaturzeitschriften damals geheißen haben, publizierte.
Bildmaterial mit Fotos von Bekannten sind in dem Buch auch zu entdecken. So gibt es Bilder von Arthur West, Eugenie Kain, Franz Kain, etc, „lauter Tote“, wie Alfred einwarf, aber auch eines von Helmut Rizy, bei den entsprechenden Rezensionen, die Lutz Holzinger, der bis zu seiner Pensionierung bei einer Autozeitschrift gearbeitet hat, zu entdecken. Sportler war Lutz Holzinger auch.
In dem Buch geht es aber, wie schon der Titel sagt, viel um Literatur und das ist auch das, was mich, die ich mich bei Marx und der „Ästhetizierung des Marktes“, nicht so besonders auskenne, hauptsächlich interessiert.
Es beginnt aber nach Gerald Grassls Einleitung mit einem diesbezüglichen Artikel aus der „Gesellschaftlichen Arbeit und private Hauswirtschaft, Raith Verlag, 1974“ und geht dann in den „Kurzen Sommer der Literatur – Über den Arbeitskreis österreichischer Literaturproduzenten“ weiter.
Da gab es ja diese orange „Jugend und Volk- Reihe“, bei der Lutz Holzinger offenbar mitgemacht hat und die frühen Siebzigerjahre waren literarisch sehr produktiv, wurde da ja die GAV gegründet, wo Holzinger auch Mitglied war und so kann man in dem Buch sehr viel über die sozialkritische oder realistische Literatur der Siebzigerjahre erfahren.
Konkreter wird es dann, wenn es beispielsweise um Jura Soyfer geht und der wurde in den Siebzigerjahren wiederentdeckt, für mich zumindestens, die damals in einem „Wespennest“ einen Auszug von „So starb eine Partei“ in die Hand bekam und wohl zum ersten Mal diesen Namen hörte.
Lutz Holzinger beschreibt, daß es schon in den Fünfzigerjahren Wiederentdeckungsversuche gab. Die sind wohl an mir vorbeigegangen. So freut mich das handschriftliche Manuskript mit Korrekturen, auf Seite 55, die Einleitung zu einer Qualtiger-Lesung, an der VHS-Brigitteau vom 11. 11. 1978 ganz besonders. Dann gibt es einen Artikel über Jura Soyfer als „Realistischer Phantast“.
„Die Zitate aus diesem Artikel sind dem 1979 bei Reclam in Leipzig erschienenen Auswahlband Jura Soyfer „Diese Ordnung schuf der liebe Gott“ entnommen, für den Lutz Holzinger diesen – leicht gekürzten und überarbeiteten Text ursprünglich verfasst hat. Dieser Band wurde von Werner Martin unter Mitarbeit von Roland Links und Wilhelm Kroupa herausgegeben“, hat Gerald Grassl angemerkt. Und das alte Reclambändchen, habe ich vor ca zwei Wochen im Schrank gefunden und auf meine Leseliste gesetzt.
Bei Lutz Holzinger geht es aber nach einem Artikel über den ORF und Gerhard Bacher mit einem „Brief zur österreichischen Literatur“ weiter, der im „Österreich heute -Ein Lese Buch, Volk und Welt DDR, 1978“, erschienen ist und der ist besonders interessant und all jenen zu empfehlen, die sich ein schnelles Bild über die Literatur in Österreich der Siebzigerjahre machen wollen.
Was hat es da in der Nachkriegsliteratur gegeben? Heimito von Doderer hat seine, wie Lutz Holzinger schreibt „geschwätzigen Romane „Strudelhofstiege“ und „Die Dämonen“ geschrieben.
Dazu merke ich an, daß die „Dämonen“, im Sommer 1977 in meine Hände gekommen sind und ich von den Schilderungen des Österreichs in der Zwischenkriegszeit, eines sicher sehr konservativen Dichters, sehr begeistert war.
Es hat aber auch die „Wiener Gruppe“ gegeben und die haben sich einem „Dadaismus“ verschrieben und waren mit wenigen Ausnahmen auch nicht sehr gesellschaftskritisch.
Aber es gab 1973 auch Michael Scharang mit seinem „Charly Tractor, Gernot Wolfsgruber, Franz Innerhofer, und und und.
Es gab die „Zeitschrift Wespennest“ mit ihren „brauchbaren Texten“, Gustav Ernst, Marie Therese Kerschbaumer, Elfriede Jelinek, etc werden erwähnt und in einem anderen gekürzten Artikel Bilder von ihnen gezeigt.
In „Bestie Mensch“, setzt sich Lutz Holzinger mit dem „Fall Unterweger“ und den Pressereaktionen darauf auseinander, der auch für mich bedeutend ist, da einige meiner Texte in der „Wortbrücke“ erschienen sind, bzw. mein einziger in einem Verlag veröffentlichter Roman, die „Hierarchien“ in der „Editon Wortbrücke“.
2010 war Lutz Holzinger einen Tag in der „Augustin-Redaktion“ in der Reinprechtsdorferstraße, wo ich ja einmal Gast bei der Schreibwerkstatt war und dann den Flohmarkt besuchte und berichtete, von der Ausgabe der Zeitungen an die Kolporteure und die Arbeit der Sozialarbeiter dort. Über Robert Sommer, den Redakteur gibt es auch einen Artikel, dann wird das „Schwarzbuch Raifeisen“ vorgestellt, das Lutz Holzinger mit Clemens Staudinger herausgegeben hat.
Es gibt einen Artikel zu Thomas Bernhards „Heldenplatz“, der ja 1988 zu einem Skandal führte und wie schon erwähnt Rezensionen zu Büchern von Helmut Rizy und Eugenie Kain. Uwe Timms „Freitisch“, wo drei Männer Arno Schmidt besuchen wollen, wird auch besprochen.
Im „Stifter-Jahr“, gab es eine Arbeit über den großen oberösterreichischen Schulinspektor und Dichter, was Lutz Holzinger wahrscheinlich besonders gut konnte, da er eine Dissertation über „Witiko“ geschrieben hat, obwohl ein bürgerlicher Dichter, wie der des „Spätsommers“, von einem Kommunisten sicherlich sehr kritisch zu sehen ist.
Einen Nachruf auf den am 8. Dezember 2012 gestorbenen Werner Kofler ist in der „Tarantel“ zu finden und Artikel über den Massengeschmack und den Kulturbetrieb gibt es immer wieder auch, ein Beispiel wäre das „Elend der Kritiker“ wo Holzinger beklagt, daß er an der meist amerikanischen Bücherflut keinen Geschmack mehr findet und führt an Beispielen, die ihn nicht gefallen haben, seltsamerweise Roberto Bolanos „2066“, David Foster Wallace „Unendlicher Spaß“ und Herta Müllers „Atemschaukel“ an, was mich etwas erstaunte.
Am Schluß gibt es einen Bericht über seine Krebserkrankung und seine Erfahrungen im AKH, um die ihn Bärbl Danneberg, die auch einen Nachruf verfasst hat, gebeten hat.
Andere Nachrufe kommen von Elfriede Jelinek, Peter Turrini, etc, es wird auch eine Geschichte erzählt, wie der junge Dr. Holzinger aus dem Bundesheer entfernt wurde.
Ein interessanter Streifzug durch die „Linken Wörter Österreichs“ seit 1970 bis hinauf in die Gegenwart, so daß ich die Lektüre wirklich nur empfehlen kann und mich schon auf die anderen „Tarantel-Bände“ freue.

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