Literaturgefluester

2010-01-10

Rosengift

Filed under: Uncategorized — jancak @ 23:57

Der 2004 erschienene Roman von Mirjam Pressler „Rosengift“, ist laut literaturkritik.de eine Enttäuschung und ich bin nach dem Lesen wieder mal ein bißchen ratlos, denn ein Krimi ist es nicht, auch wenn es, um eine Kriminalschriftstellerin geht und der Roman mit einem Kapitel aus „Rosengift“ von Lisa Bratt beginnt.
Da geht es um eine Nelly, die einen nach einem Schlaganfall frühpensionierten Mann zu Hause hat, der ihr auf die Nerven geht, so daß sie sich beim Gärtnern, die Giftarten ausdenkt, mit dem sie ihn hinüberdrehen will. Später wird sie nur noch die Rosengärtnerin genannt und der Roman beginnt sich in der Ich-Perspektive, der Lisa Bratt weiterzuentwickeln, die ihrem Geliebten schreibt, wie alles begonnen hat…
Lisa Bratt, die ältere, erfolgreiche Krimischriftstellerin, schreibt an der Rosengärtnerin und fährt eines Abends von einer Lesung nach Hause. Sie hat ein Glas Wein zuviel getrunken und kommt an einem Geschäft vorbei, wo ein Mann eine junge Frau zusammenschlägt. Sie hätte weiterfahren sollen, ist aber stehengeblieben und hat die junge Frau, Annabella, von der man später erfährt, daß sie eigentlich Ulrike heißt, aufgelesen und für ein paar Tage mit nach Hause genommen. Annabella ist achtzehn, sagt nicht viel, nur, daß ihre Mutter Säuferin war und daß sie, wenn sie nicht bleiben kann, wieder zurück zu Micky muß.
Sie fordert auch nicht viel, sondern zuckt immer nur die Achseln, ist aber trotzdem provokant und verführerisch und geht in der Wohnung im Unterhöschen spazieren. Lisa ist sehr schnell bereit ihr Geld zu geben, Kleider und auch Wurst zu kaufen, obwohl sie selber lieber Ziegenkäse ißt.
Lisa war zweimal verheiratet, hat auch einmal ein Kind abgetrieben und hatte eine saufende Mutter, die sich umbrachte, als sie zwölf oder vierzehn war, die sie immer ihr Restkind nannte, denn da gibt es eine tote Zwillingschwester, Lisas Alter Ego, die ihr immer dreinredet und die aggressive Stimme in ihrem Leben ist. Sie hat einen jüngeren Bruder und einen Vater, der die Mutter verließ, die Kinder aber später mit der Stiefmutter aufgezogen hat.
Es gibt auch eine Freundin mit einem schwierigen Mann und einer pubertierenden Tochter, aber die zieht sich zurück, während Annabella betrunken nach Hause kommt, Lisa Geld und Schmuck stiehlt. Aus irgendeinem Grund bringt es die selbstbewußte Lisa nicht zusammen, sie hinauszuschmeißen, sondern bietet ihr sogar an, ihre Freunde mitzubringen und erschrickt, als sie in diesen, den schlagenden Micky erkennt.
Bei einer Lesung lernt Lisa dann Johannes kennen, den Kerl, dem sie die ganze Geschichte schreibt. Annabella, nennt ihn so und Johannes bezeichnet sie als Luder, was die beiden nicht hindert, miteinander ins Bett zu steigen, als Lisa wieder einmal auf Lesereise ist.
Dazwischen geht die Arbeit an der Rosengärtnerin munter weiter, beziehungsweise verändert sie sich, bekommt das Ehepaar doch eine Tochter namens Anastasia zugewiesen und je mehr Lisa ihre passiven Wunder an Annabella erlebt, bekommt Anastasia aggressive Züge, so daß sie schließlich Nelly bei einem Bergausflug vom Gipfel stürzen wird, aber als Lisa soweit ist, das hinzuschreiben, erfährt sie von dem Betrug, verläßt Johannes und will ins Kino gehen.
Nur leider vergißt sie ihr Geld dabei und als sie es holen will, findet sie Annabella wiedermal betrunken und röchelnd vor und erkennt, daß sie den Notarzt holen sollte. Sie tut es nicht, sondern schaut ihr eine Weile beim Sterben zu, bevor sie die Nacht bei Johannes verbringt, um am nächsten Tag die Rettung und die Polizei zu holen.
Die Rosengärtnerin wird niemals fertig und die Beziehung zu Johannes ist auch vorbei, während Lisa anderes schreibt, aber immer an Annabella denkt.
Ganz schön amateurpsychologisch dieser Roman. Er läßt sich sehr schön deuten, sämtliche Abgründe von Schuld und Sühne einer Erfolgsautorin tun sich auf. Ich dachte mir die ganze Zeit, warum wirft sie Annabella nicht hinaus oder warum hat sie nur ihr Kind abgetrieben? Und wenn Nelly sich eine slowakische Pflegerin holt, braucht sie ihren Mann nicht umzubringen.
Leselust erwähnt lobend, daß man in dem Buch viel übers Schreiben erfährt, man kann es, wenn man will, als Schreiblernbuch lesen oder auch nicht, denn der Kiminalroman mißlingt der Heldin gründlich.
Je mehr sie sich in ihre Psychologie verstrickt, desto mehr wird er zum Psychogramm und die Geschichte vom Schatten der toten Zwillingsschwester ist auch sehr dick aufgetragen, während die Kommunikationsfähigkeiten der Erfolgsautorin erstaunlich unterbelichtet sind…
2004 wurde Mirjam Pressler mit dem deutschen Bücherpreis ausgezeichnet. Da war ich in Leipzig und habe mir im Fernsehen bei den Hundertmarks die Übertragung angesehen und den Namen der Autorin zum ersten Mal gehört, die 1940 geboren wurde, Übersetzerin aus dem Hebräischen und Niederländischen ist, viele Kinderbücher geschrieben hat und zuletzt den internationalen Buchpreis für „Nathan und seine Kinder“ bekommen hat, was eine Romanfassung für Kinder von Lessings „Nathan des Weisen“ ist. Da habe ich bei der Buch-Wien ein bißchen hineingehört und dieses Buch, das vom Büchertauschmarkt der Grünen stammt, ist flüßig und routiniert geschrieben und hat von allem etwas. Ein bißchen Romanschreibparodie, ein bißchen Amateurpsychologie, ein bißchen Krimihandlung, glatt und glänzend ist es auch , die Ratlosigkeit bleibt, aber vielleicht ist das Ganze surrealistisch zu interpretieren und die Annabella ein Traum…

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