Jetzt kommt ein Buch, das, 2017, als Frankreich das Gastland auf der Frankfurter Buchmesse war, in aller Munde war und das, glaube ich, auf einen wahren Fall basiert.
Hat ja doch in Amerika, glaube ich, ein überfordertes Au Pair- Mädchen einmal ihre Gastkinder umgebracht und Leila Slimanis Debut, mit dem sie den Prix Goncourt gewonnen hat, beschäftigt sich damit und zeichnet auf diese Art und Weise haarscharf die französischen Verhältnisse.
Vor dem Buch habe ich ja die „Subutexs-Trilogie“ gelesen, die das noch stärker aufzeigt und Leila Slimani ist eine französisch markkoanische Autorin, die 1981 in Rabbat geboren wurde, in Marakko aufwuchs, auf einer franhzösischen Eliteuniversität sutdierte und jetzt in Paris mit ihren zwei Kindern lebt.
Das Buch, habe ich bei „Amazon“ gelesen, nimmt die Spannung gleich vorweg, denn auf der ersten Seite erfährt man gleich, was geschehen ist.
„Das Baby ist tot.“, lautet der erste Satz und, ich denke, schon das erste Kapitel, gibt eine haarscharfe Schilderung der französischen Verhältnisse mit all ihren Problemen.
Dann wird es ein wenig verworrener und widersprüchiger, als die Portraits von Myriam, Paul und vor allem Louise, dem wunderbaren und doch so widersprüchigen Kindermödchen, der weißen Nanny oder Nounou, wie sie genannt wird, die am Anfang des Buches an Mary Poppins erinnert.
Das heißt, nicht ganz am Anfang, denn da erfährt man was geschehen ist. Die Kinder, der kleine Adam und die etwas ältere Mila tot. Der Bub ist gleich gestorben. Mila hat sich gewehrt. Das Kindermädchen hat versucht, sich umzubringen, was aber nicht gelungen ist. Die Mutter, Myriam eine erfolgreiche Rechtsanwältin, ist geschockt und weinend in ihr Zimmer geflüchtet und muß von den Ärzten niedergespritzt werden.
Dann erfährt man, daß Myriam, die glaube ich, wie die Autorin, eine marokkanische Herkunft hat, die aber nicht näher ausgeführt wird, mit Mila ein paar Wochen vor ihrer letzten Juraprüfung schwanger wurde. Paul begann da gerade eine Karriere als Musikproduzent. Myriam scheint keine Eltern zu haben, Pauls Eltern lassen aus und ziehen sich lieber auf Land und auf Reisen, als zu ihren Enkelkindern zurück.
Zuerst geht aber Myriam ohnehin in ihrer Mutterrolle auf und damit sie noch länger daheim bleiben kann, schummelt sie auch ein bißchen mit der Verhütung, so daß sie wieder schwanger wird.
Dann wird es ihr doch zuviel. Die Decke fällt ihr auf den Kopf. Mila ist auch noch ein eher schwieriges, schreiendes Kind, das ununderbrochen Karusell fahren will und so findet ein früherer Studienkollege, die abgehetzte Myriam vor dem Karussel und bietet ihr an, in seine Rechtsanwaltkanzlei einzutreten.
Paul murrt zwar, daß, das, was sie da verdient, für die Nanny aufgehen würde. Aber die muß her, denn sie verdienen zuviel, um einen staatlichen Kindergartenplatz zu bekommen. Zu wenig eigentlich sich eine Nanny leisten zu können. Miriam geht aber doch in eine Agentur, hängt dann überall Zettel auf und das Paar nimmt sich einen Tag Zeit, die Bewerberinnen zu überprüfen.
Da bleibt dann nur Louise über, denn Myiriam will keine, die mit den Kindern Arabisch spricht und auch keine, die Schwierigkeiten mit ihren Papieren hat. Alles soll legal sein und Louise, eine etwa fünfzigjährige Frau, deren Mann gestorben und deren Tochter verschwunden ist, erweist sich auch gleich, als Wohltäterin.
Sie kocht und putzt, schickt das Paar am Abend ins Restaurant, um sich zu entspannen, kocht für die Freunde der Familie, alle sind happy und Paul und Myriam bemühen sich sehr, Louise nicht zu kränken, sie nicht auszunützen und die sozialen Unterschiede nicht merken zu lassen.
Die bilden sich allmählich heraus. Zuerst kommt ein Kapitel, in dem Stephanie, Louises Tochter vorgestellt wird, die mit den Tageskindern der Mutter aufgewachsen ist und als sie einmal von deren Arbeitgebern in den Urlaub mitgenommen wurde, durfte sie sich nicht rühren und sich nicht bemerkbar machen.
Louise wird aber von Myriam und Paul in den Urlaub nach Griechenland mitgenommen, die freut sich sehr, herrscht die Kinder aber das erste Mal an, als Mila ins Wasser will, sie aber nicht schwimmen kann.
Das ist noch nicht so das Problem, Schwimmflügerl werden besorgt, aber einmal, als Paul nach Hause kommt, ist die kleine Mila sehr geschminkt da herrscht der Vater, die Nanny an und sagt, das darf nicht sein.
Eine Nachbarin, die die Polizei gerufen hat, erzählt der, Louise hätte sie, weil sie sich in finanziellen Nöten befand, um einen Zweitjob gebeten und Paul muß noch einmal mit Louise sprechen, weil sich das Finanzamt gemeldet hat, Louise soll ihre Sachen in Ordnung bringen, aber die verbrennt nur die ungeöffneten Briefe und hat auch Schwierigkeiten mit ihrem Untermietzimmer, wo die Dusche verschimmelt ist und der Vermieter sie hinaushaben möchte.
Deshalb bleibt sie auch, als Myriam und Paul sie beim nächsten Urlaub nicht mehr mitnehmen, heimlich in deren Wohnung, ladet dorthin auch eine andere Nanny ein, aber sonst hat sie mit diesen nicht viel Kontakt und Paul und Myriam überlegen schon, daß sie, wenn Adam auch in den Kindergarten kommt, Louise dann nicht mehr brauchen.
Das darf nicht sein, denkt die, denn wo soll sie dann hin und versucht Myriam ein drittes Kind einzureden, aber die träumt davon, als Partnerin in die Kanzlei einzusteigen und schüttelt den Kopf.
Da gibt es eine bizarre Szene, wo Louise, damit Paul und Myriam im Bett zueinanderfinden, mit den Kindern nachts auf ihre Kosten essen geht, ihnen beim Chinesen ein Würstchen aufzwingt, dafür ihr letztes Geld ausgibt und die Kleinen dann durch das nächtliche Paris zerrt.
Louise kann nichts wegwerfen, so hebt sie alles auf, Myriam verbietet ihr aber, den Kindern abgelaufene Sachen zum Essen zu geben. So schmeißt sie ein Hühnchen in den Müll, findet dann am Abend, als sie müde von der Kanzlei heimkommt, das Gerippe am Tisch und Louise hat die Kinder gezwungen, das Hühnchen zu essen, was die ihr dann auch brühwarm erzählen.
So werden nach und nach die Klassenunterschiede aufgedeckt. Louise blieb für mich dennoch ziemlich widersprüchlich und das Buch hat bei „Amazon“, sowohl, ein als auch fünf Sterne-Rezensionen bekommen.
Die Ein-Sterner mokieren sich über die einfache Sprache und, daß sie nach dem ersten Kapitel schon alles wissen. Gut der „Subutex“ war komplizierter und ein ziemlich genaues Bild der heutigen französischen Gesellschaft mit all ihren Problemen, hat mir das Buch trotz all seiner Widersprüche gegeben.
Leila Slimani lese ich bei den Blogs, hat gerade ihr zweites Buch herausgebracht, wo es, glaube ich, um eine moderne „Madame Bovary“ geht.
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