Der Panther – Das Cover von Helmut Krausser
Sein Blick, von vierzig Gitterstäben
müde, trägt kein Bild, zerfällt.
Als würde es nur Stäbe geben,
dahinter aber keine Welt.
Parcours dämonisch starker Schritte,
der sich im kleinsten Kreise dreht,
die Kraft als Tanz um eine Mitte,
in der, betäubt, sein Wille steht.
Manchmal schiebt sich die Pupille
lautlos auf – ein Bild dringt ein
ins Herz, durch angespannte Stille –
und hört für immer auf zu sein.
Der Panther – Das Original von Rainer Maria Rilke
Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille –
und hört im Herzen auf zu sein
Krausser zu seiner Coverversion:
Ein nahezu perfektes Gedicht. Es bleibt Ansichts- bzw. Geschmackssache, ob man die behäbigere fünfhebige Originalversion, die dem trägen Gang des Panterhs eher entsprechen mag, der bierhebigen vorzieht, die dem Tier mehr Spannkraft und Geschwindigkeit verleiht. Für mich war ausschlaggebend, daß überhaupt eine gedrängtere Version ohne entscheidenden Substanzverlust möglich ist, was ich bei der Arbeit nicht unbedingt vorausgesagt hätte.
Aus: Helmut Krausser – Verstand & Kürzungen
Mit freundlicher Genehmigung des DuMont Verlags