Ich habe ein Buch gelesen, dessen Titel, Autor, Verlag und Erscheinungsjahr ich hier noch nicht verrate. Darin geht es darum wie wir essen und was Essen in Restaurants für uns und unsere Kultur bedeutet hat. Es ist aber nicht nur eine Geschichte der Gastronomie, sondern auch der Gesellschaft. Es mischen sich Anekdoten mit naturwissenschaftlichen Fakten, Kuriositäten und Schweinereien, fast and slow and leisure food. Ein heiteres, kurzweiliges Buch habe ich da gelesen, das aber auch manche Schwäche hat.
Der Autor, dessen Namen ich an dieser Stelle immer noch nicht verrate, ist Professor für Amerikanistik an der Universität Paderborn, was überhaupt ganz kurios ist und mancher mag sich fragen, was diesen Herrn dazu befähigt über Esskultur zu schreiben, aber essen tun wir ja alle und klug scheint er auch zu sein. Er schreibt auch ganz gefällig, das erfreut. Und als Wissenschaftler kann man auch gut forschen, als hat er zu philosophierenden Köchen und soziologisierenden Kellnern recherchiert (und umgekehrt), Fastfood verspeist und sicher auch mal zugeschaut wie jemand den Boden wischt oder eine Auster öffnet. Das Buch ist echt nicht verkehrt, aber seinen Titel erfährt man erst am Ende dieser Rezension…
Christoph Ribbat bedient sich in Im Restaurant – Eine Geschichte aus dem Bauch der Moderne einer ähnlichen Verschnitttechnik wie Florian Illies in 1913. Er verschachtelt und arrangiert unterhaltsame Episoden, manche über mehrere Abschnitte hinweg, die meisten nur Intermezzi im großen Ganzen. Doch was Illies unter dem Dach eines Jahres gelingt, funktioniert als roter Faden in Im Restaurant nur bedingt. Die Sprünge zwischen den Enden der Episoden werden zu groß, die Zusammenhänge gehen verloren. Im Restaurant zerfasert.
Dazu kommt leider, dass die häufig arg konstruierten Cliffhanger in einem Buch über das beaufsichtigte Speisen keine Spannung aufbauen, sondern zwangsläufig aufgesetzt wirken. Der seichte Scherz den Namen des Protagonisten erst am Ende des diesen einführenden Abschnitts zu lüften, ist beim ersten Mal sicher ein probates Stilmittel, nur spätestens nach dem dritten Jux führt diese „Spannungsmethode“ dazu, dass der Leser die Wände hochgeht. (Welche Wände erfahren Sie am Ende dieser Rezension.)
Für Einsteiger in die Welt der Bücher übers Kochen (nicht zu Hause am Herd, sondern in der rauen Welt der Gastronomie) bietet Im Restaurant sicher eine unterhaltsame Introduktion. Besser aber sind diese Bücher, mit denen ich damals startete.
Geständnisse eines Küchenchefs: Was Sie über Restaurants nie wissen wollten von Anthony Bourdain
Der Klassiker unter den Restaurantenthüllungsbüchern und über die Leidenschaft, die Köche antreibt. Sex, Koks, vergammeltes Fleisch und Meeresfrüchte, Blut, Geschrei, Alkohol und viel Liebe zum Kochen. Anthony Bourdain wurde mit diesem Buch zu einem Star der literarischen Szene der Köche. Geständnisse eines Küchenchefs war lange vergriffen, nun scheint es wieder zu haben. Wenn man ein Buch über Restaurants und das Kochen liest, dann dieses.
Hitze: Abenteuer eines Amateurs als Küchensklave, Sous-Chef, Pastamacher und Metzgerlehrling von Bill Buford
Himmel und Erde: In der Küche eines Restaurantkritikers von Jürgen Dollase
Buford ist sicher ein bisschen verrückt und Bourdain nicht nur ein bisschen, aber Jürgen Dollase ist komplett von Sinnen. Dieses „Kochbuch“ ist was für Freaks wie Dollase selbst, zum Nachkochen ist da das wenigste, aber seine Ausführungen über spezielle Zutaten und Techniken, Produkte und Zubereitung, Speisen, Schmausen und Genießen – für Dollase stets nur auf allerhöchstem Niveau; so lesen sich auch seine Schilderungen.
Der Vincent ist schon ein putziger Mensch, so drollig, dicklich, unterhaltsam wie im Fernsehn ist er auch auf dem Papier. Allein die Anekdote seines Besuchs bei Bocuse ist dieses Buch, den Coming-of-Age-Roman eines Kochs zu lesen wert.
[Das Buch, welches ich las war übrigens Im Restaurant von Christoph Ribbat. Bin außerdem gar keine Wände hochgegangen, das sagt man nur so.]