
Florian Wacker hat es schwer bei mir. In meiner momentanen Kurzgeschichtenphase muss er sich mit Raymond Carver, John Cheever und, der zu Recht hochgelobten Ebenfalls-Debütantin, Karen Köhler messen. Dazu lädt ihm der mairisch Verlag im Klappentext William Faulkner und Richard Yates auf die Schulter. Die Latte liegt hoch.
Jede Geschichte von Florian Wacker dreht sich um den Ausbruch aus dem Alltag, selbst- oder fremdbestimmt. Der Bahnfahrer folgt Füchsen und wacht in einem fremden Bett auf, die Mutter will ihre Tochter in den Kindergarten fahren und biegt doch auf die Autobahn Richtung Meer ab. Jeder Figur wird auf rund fünfzehn Seiten ihr Leben auf den Kopf gestellt, dass dann doch meist in altbekannten Bahnen weitergeht, am nächsten Tag ist ja wieder Maloche.
Es sind immer einfache Menschen, die häufig nicht richtig wissen wie ihnen geschieht. Es sind Menschen wie Du und ich. Bauarbeiter, Altenpflegerinnen und Anstreicher, unsere Nachbarn, der so berühmte Otto Normalverbraucher als Held einer Kurzgeschichte. Hier stimmt die Referenz zu den großen amerikanischen Erzählern, denn Wacker schafft es die Besonderheit von kleinen Alltagsmomenten einzufangen, den Zauber des Alltäglichen sichtbar zu machen und die Schönheit von leicht übersehenen Fähigkeiten, Schrullen und Liebenswürdigkeiten herauszustellen. Dass die Latte für Wacker dann doch etwas zu hoch liegt, liegt weniger an seinen mangelnden Fähigkeiten, sondern an der Meisterschaft der Referenzautoren. Wacker deutet aber mehrfach an, dass er das Zeug hat oben mitzuspielen. Wenn auch noch nicht jede Geschichte zieht, dürfte hier ein guter Beobachter und Erzähler sein erstes Lehrstück auf dem Weg zur Meisterschaft abgelegt haben. Yates, Carver, Faulkner und Co sind auch nicht als Meister vom Himmel gefallen.