Kategorie: Allgemein

Was ist gute Literatur?

Ganz, ganz selten schaffe ich es der akuten Versuchung nicht nachzugeben und mir ein Buch tatsächlich mal aus der Bibliothek auszuleihen, anstatt es zu kaufen und auf den Stapel zu den anderen zu legen. An “Was ist gute Literatur?” – Wie man gute Bücher von schlechten unterscheidet” von Hans-Dieter Gelfert kam ich nur über den Umweg einer Vormerkung, anscheinend wollten es auch andere wissen. Eben auch ein Indiz hierfür, dass ein solches “Spezialwerk” zwischen Unterhaltung- und Lehrbuch bereits in der dritten Auflage erscheint.

9783406604867Gelfert war Professor der FU Berlin, der sich seit seiner Emeritierung als freier Autor betätigt. Sein Hauptfach war (und ist) die englische Literatur, die auch das Hauptaugenmerk seiner heutigen Publikationen ausmacht. Aber auch zur Literaturinterpretation hat er bereits diverse Schriften herausgebracht (Wie interpretiert man einen Roman?/eine Novelle?/ein Drama? – jeweils einzelne Bücher), so eben auch “Was ist gute Literatur?”. Weiterlesen

Richard Yates – Elf Arten der Einsamkeit

006610480-elf-arten-der-einsamkeitErfreut bin ich, dass nach langer Pause mal wieder eine Gastrezension von Manu hereingetrudelt ist. Mein Freund der sehr gute Jazzpianist schreibt über Richard Yates – Elf Arten der Einsamkeit:

Wie rezensiert man am besten eine Sammlung thematisch verwandter Kurzgeschichten?

Diese Frage zu beantworten, fiel mir zunächst nicht leicht. Ich habe mich entschieden, exemplarisch eine der „Elf Arten der Einsamkeit“ herauszupicken, um daran die Meisterschaft des Autoren Richard Yates abzuleiten. Weiterlesen

Das Gemeine zulassen ist schlimmer, als es tun.

Jetzt wollen wir mal in den Spiegel gucken und über uns selbst gerührt sein. Was wir für edle Menschen sind. So schaun wir aus. Jeder hat seinen Gewissensjuden, oder mehrere, damit er nachts schlafen kann. Aber damit kauft man sich nicht frei. Das ist Selbstbetrug. An dem, was den tausend anderen geschieht, die wir nicht kennen und denen wir nicht helfen, sind wir deshalb doch schuldig. Schuldig und verdammt, in alle Ewigkeit. Das Gemeine zulassen ist schlimmer,als es tun.

26377975zSchon einige Zeit ist es her, dass ich Des Teufels General von Carl Zuckmayer begeistert gelesen habe, schwer fällt mir nur die Rezension zu einem Drama. Daher nur die Inhaltsangabe und eine kurze Einschätzung.

Hauptfigur des Dramas, das 1941 spielt, ist General Harras, der nur aus seiner Leidenschaft für das Fliegen heraus (noch) Mitglied  Hitlers Armee ist, obwohl er deren Treiben und Ziele selbst nicht verfolgt. Die SS und die NSDAP versuchen immer wieder den Lebemann Harras für sich zu gewinnen, so auch im ersten Akt “”Höllenmaschine”, scheitern aber immer wieder. Trotz Vorwarnungen fährt dieser nach einem Abend in einem Restaurant, an dem er auch eine junge Dame kennenlernt, die ihm sehr gut gefällt, nach Hause und wird dort verhaftet. Auf Grund immer häufiger werdender Fehler bei der Montage neuer Flugzeuge war Harras aufgefallen, wurde verhört und mit einer Frist von zehn Tagen entlassen, Licht ins Dunkel der Sabotage zu bringen. Im zweiten Akt “Galgenfrist oder Die Hand” ist Harras ein gebrochener Mann, der die Ausweglosigkeit seiner Ablehnung des NS-Staates erkennt und sich selbst einer Mitschuld an den Verbrechen der Nazis aufgrund seiner, wenn auch nichtideologischen, Teilnahme und Unterstützung gibt. Im dritten Akt kommt es zum Showdown auf dem Flughaften, bei dem sich Harras endgültig für eine Seite entscheiden muss.

Die Entwicklung der Figur des Generals mit all seiner Standhaftigkeit im ersten Akt, den Zweifeln und der Resignation im zweiten und seiner endgültigen Positionierung im letzten, liest sich, wenn auch in Dramaform, sehr interessant, flüssig und spannend. Falls es bei mir in der Nähe gespielt wird, werde ich mir dies auf jeden Fall gönnen, vielleicht aber auch auf eine Verfilmung zurückgreifen.

Befruchte mich!

Eine gewisse geistige Wendigkeit traue ich mir eigentlich zu und doch blieben und bleiben mir doch viele Dinge verschlossen, weil ich mich nicht darauf eingelassen habe/einlasse. Tobi von texteundbilder, mein Kollege bei Buchguerilla, ermuntert mich nun schon seit wir uns letztes Jahr kennengelernt haben doch endlich eine “Graphic Novel” zu lesen, nein gestritten haben wir uns bereits, weil ich den “Comic” nicht als literarische Gattung anerkennen wollte und immer wieder treibt er mich an mir doch endlich ein solches (ich ziehe während des Schreibens den Kopf ein) “Heftchen” zu lesen. Zu allem Überfluss ist jetzt auch noch mein kleiner Bruder infiziert und stößt in dasselbe Horn. Vorwürfe habe ich genug gehört und will auch nicht ignorant sein, meine Aufgeschlossenheit unter Beweis stellen, Tobi und Moritz vielleicht auch ein bisschen einen Gefallen tun und möglicherweise am Ende sagen: Nein Freunde, das ist keine Literatur, das sind Bildchen – mit Buff-Bäm-Peng-Quetsch-Sprechblasen. Weiterlesen

Auf den Spuren französischer Klassiker

Echte Klassiker lebend anzutreffen ist schwer bis unmöglich; allein schon, weil das Qualitätssiegel “Klassiker” zumeist erst nach dem Tod des Autors diesem angeheftet wird, hat sich denn sein Werk bis hierin und weiter bewährt.

Im Nachgang hier also nur wenige Bilder von meiner Paris-Reise und den von mir besuchten großen Autoren Frankreichs. (Zu meinem Beitrag zu Heinrich Heine geht es hier)

Die Kartause von Parma

Anscheinend brauche ich nach den Werken, die als Neuübersetzungen im Hanser Verlag erschienen sind, immer erst etwas Abstand bis ich mich dazu äußern kann. So ging es mir bei „Anna Karenina“, aber auch bei den, hier nicht rezensierten, Werken „Oblomow“ und „Krieg und Frieden“ brauchte ich, auch auf Grund der Oppulenz, Zeit bis sich die Leseeindrücke setzen konnten.

Nun der erste Nichtrusse, dessen Werk aus dieser Reihe durch meine Hände ging. Jedoch nicht Stendhals, eigentlich Marie-Henri Beyle, berühmtes „Rot und Schwarz“, sondern seine „Kartause von Parma“ , die der bekennende italoaffine Franzose in seinem Lieblingsland ansetzt. Nice to know: eine Kartause ist ein Kloster des Ordens der Kartäuser (ich dachte erst es handele sich um einen italienischen Adelstitel o.ä.). Aber doch lieber zum Inhalt: Weiterlesen

Anstelle eines Nachrufs: Am Grab von Heinrich Heine

DSCF4026Letzte Woche war ich auf dem Friedhof in Montmartre und natürlich auch am Grab von Heinrich Heine. Neben Heine liegen auf dem Cimetiére de Montmartre nicht nur der Komponist Hector Berlioz, sondern auch Stendhal, Edgar Degas, Alexandre Dumas der Jüngere und Jacques Offenbach. Etwas verwirrend: Es gibt zwar ein Grabmal Emile Zolas, dessen sterblichen Überreste wurden allerdings bereits 1908 in das Panthéon überführt.

Auf der Grabplatte Heines prangt Heines Gedicht Wo?

Wo wird einst des Wandermüden
Letzte Ruhestätte seyn?
Unter Palmen in dem Süden?
Unter Linden an dem Rhein?

Werd ich wo in einer Wüste
Eingescharrt von fremder Hand?
Oder ruh ich an der Küste
Eines Meeres in dem Sand.

Immerhin mich wird umgeben
Gotteshimmel, dort wie hier,
Und als Todtenlampen schweben
Nachts die Sterne über mir.

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Das war ein Vorspiel nur…

… dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen.
So gemahnte Heinrich Heine bereits über 100 Jahre vor dem Ereignis, das sich nun am 10. Mai erneut jährt.

Die Bücherverbrennung als Form des Biblioklasmus ist keine Idee der Nazis gewesen, sondern seit Erscheinen von Schriften als demonstrativer Akt gegen deren Inhalt genutzt worden. Trotzdem stellt die Bücherverbrennung im Mai 1933 einen Sonderfall dar, nicht nur der Deutschlandbezug, die vergleichsweise kurze Zeit von 80 Jahren, sondern vielmehr die Ausführenden sind besonders erschreckend. Der Mob, der sich in diesem Fall eben nicht nur aus ungebildetem Pöbel rekrutierte, sondern Studenten, Professoren und andere Mitglieder des Bildungsbürgertums verbrannten Bücher unter Johlen und den Anfeuerungen eines promovierten Germanisten. Weiterlesen