Ist der überhaupt Autor? Was soll der lesen?

Ich muss vielleicht vorschalten warum ich überhaupt an die Ostsee gefahren bin, denn auch wenn ich es jetzt gern als Literaturblogger-Geschäftsreise verkaufe: Es war das Geburtstagsgeschenk für meinen Herrn Papa – er und die nicht mehr schulpflichtigen Kinder, eine Woche in einem Hüttchen im Naturschutzgebiet hinter dem Deich und jeden Abend eine Lesung. Da der große Sohn schon angekündigt hatte den Krimiautor zu schwänzen (dazu morgen mehr), meine Schwester (eigentlich, dazu übermorgen mehr) den Historiker ausfallen lassen wollte und Papa dann doch unter der Woche beruflich nochmal weg musste, sollte zumindest in die Woche geschlossen gestartet werden. Also gemeinsam zu Hubi!
Denke ich an Hubertus Meyer-Burckhardt, denke ich an Barbara Schöneberger; denke ich an Barbara Schöneberger, stelle ich mich taub und schließe die Augen, sammle Kraft und schalte um. Man darf es nicht laut sagen, aber diese besonders aufgedrehten Powerfrauen gehen mir in einem nicht zu beschreibenden Maße auf den Senkel; gerade der Typ taffes Blondchen. Sie wollen zeigen, wie emanzipiert sie sind und kokettieren doch letztendlich nur mit dem eigenen Klischee, besser hat man sich sogar noch selbst den Altherrenwitz angeeignet.
So also betrat HMB die Bühne allein. Er wiederum kokettierte damit das taffe Kartoffelsalat-Blondchen nicht dabeizuhaben, was ihm die anwesenden Männer wahrscheinlich übel nehmen würden – wie dankbar ich ihm war! Nun war aber die nächste Frage zu klären: was hat der Kerl mit Büchern zu tun, macht der nicht Fernsehen?
Nein, er ist (auch) Autor. Die Kündigung ist das Buch über einen Manager, der mit seinem Job auch seine Identität verliert und fortan am Züricher Flughafen in einer Welt aus Hirngespinsten lebt. Burckhardt hat Erfahrung mit solchen Menschen, arbeitete er doch selbst jahrelange bei einer Werbeagentur, war Vorstandsmitglied bei der Axel Springer AG und später im Aufsichtsrat bei ProSieben.
Die Stellen, die er liest sind wahrscheinlich nur lustig, weil er sie liest. Abgedroschene Zurück zum Rock ‘n Roll der 70er-Geschichten, inklusive Namedropping wichtiger Hits und Anekdötchen, um das Fachwissen des Autors zu unterstreichen, ist der eine Teil, etwas sehr “Lebenstipps für Gescheiterte” und die immer wiederkehrende Frage der “Identität dank Job” oder “Identität trotz Job” der andere. Passt alles gut in die aktuellen Burn-out-Diskussionen, sind aber nicht der Stoff, aus dem große Literatur gemacht ist.
An diesem Abend geht es aber nicht um große Literatur – dafür sind in der Woche noch andere da (und auch solche die niveauvolle Bauchlandungen – nein – Niveaubauchlandungen hinlegen) – es geht um Unterhaltung. Der Typ aus dem Fernsehen zeigt, was er kann und allen macht es Spaß. Dass aus ihm kein großer Schriftsteller mehr wird, ist da durchaus zu verschmerzen.
Warten wir ab was Klaus-Peter Wolf morgen von sich gibt, der bereits als “Attacke auf die Lachmuskeln” angekündigt wurde – ach da geh ich ja nicht hin, müssen wir die andern beiden morgen fragen.