Rezension: Nowhere Boy

Jeder “Blogratgeber” gebietet sich doch bitte auf ein Thema zu beschränken, um eine kleine feine Lesergemeinschaft zu gewinnen. Ich möchte aber gerne über die Dinge schreiben, die mich momentan begeistern. Der geneigte Leser möge sich daran erfreuen, jeder andere geflissentlich darüber hinweggehen.

Nach dem Jahreswechsel habe ich endlich “Nowhere Boy” gesehen. MV5BMTk0ODYwNzc5OF5BMl5BanBnXkFtZTcwNDI2MDYzMw._V1._SY317_.jpgAaron Taylor-Johnson verkörpert den jungen John Lennon, den wir als Heranwachsenden durch Liverpool und in die Beat-Szene begleiten. Der Film orientiert sich an der wahren Geschichte und der Fokus liegt daher primär auf den schwierigen Familienverhältnissen mit denen sich John konfrontiert sah: Mit fünf Jahren kam er zu seiner strengen Tante Mimi, da sich seine sehr junge Mutter sich nicht ausreichend um ihn kümmern konnte. Als sein Vaterersatz-Onkel stirbt, plötzlich seine Mutter wieder in sein Leben tritt und ihn mit Rock ‘n Roll in Berührung bringt, bricht er aus den bürgerlichen Zwängen aus und will seine eigene Band gründen.

Der Film startet etwas verhalten, entwickelt bald aber eine ganz eigene Dynamik unterstützt durch tolle Musik und einen starken, authentischen Aaron Taylor-Johnson. Die verwirrenden Familienbeziehungen sind allerdings für Uneingeweihte sicher teilweise schwer verständlich. Wer dagegen Interesse an dem Menschen John Lennon und vor allem dessen Vorgeschichte hat, sollte sich diesen Film ansehen, ebenso der Beatlesfan, der mehr über deren Entstehung erfahren möchte. Eine Beatles-Revue-/Revival-Veranstaltung darf man allerdings, zum Glück, nicht erwarten, denn der Film endet mit dem Aufbruch nach Hamburg.

Richtig: Aaron Taylor-Johnson spielt den Wronski in Anna Karenina.

Sekundärliteratur: Für Beatles-Jünger, wie mich, empfiehlt sich die starke “einzige autorisierte” Biographie von Hunter Davies, der vieles aus erster Hand berichten kann und die 2002 ergänzt und überarbeitet wurde: Vorteil man muss nicht die komplette Kindheit der vier Beatles mitverfolgen, sondern diese wird nur dort wo dies nötig erscheint in die Geschichte eingearbeitet. Über John Lennon gibt es eine sehr umfangreiche Biographie von Philip Norman, die allerdings auch ihre Längen hat. Für die frühen Jahre gibt es noch “John” von dessen erster Frau Cynthia, die interessante Einblicke in die Zeiten während des Films, aber auch in die Beatlesjahre geben kann.

Richtig schön: Eine sehr gelungene Veranstaltung anlässlich Pauls Album “Chaos and Creation in the Backyard” in den Abbey Road Studios, bei der er im kleinen Kreis viele Anekdoten erzählt und mit den Zuschauern gemeinsam viele seiner frühen Erfahrungen in Sachen Musikbuisness und Recording teilt. Heute würde man es sicher “Mitmachevent” o.ä. nennen. Hier spielt er auch “In spite of all the danger”, mit dem auch der Film endet.

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Tilman berät als Rechtsanwalt Verlage, Autoren und andere Kreative im Urheber- und Medienrecht. Als Blogger hat er sich sowohl im Bereich der Literaturkritik als auch -vermittlung in der Branche einen Namen gemacht. Rechtsanwalt Winterling ist zudem als Jurymitglied (u.a. Hamburger Literaturförderpreise) und Moderator von Lesungen tätig, sowie gefragter Interviewpartner (u.a. Deutschlandfunk, Radio Eins), wenn es darum geht verständlich und unterhaltsam über rechtliche Themen und solche des Bloggens zu berichten.