Die Prachtausgaben des jungen Mannes

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Bei meinem Umzug nach Hamburg fielen mir drei schmale Bücher in die Hände, die vorher in meinem Regal fast verschwunden sind. Sie ähneln sich im Schwarz, Weiß, Rostrot ihrer Prägedrucke und doch hat jeder Band ein anders gestaltetes Titelblatt. Als junger Schüler, vielleicht im Alter von 14 oder 15 Jahren, habe ich in einem Anflug von Wissens- und Weltendurst diese Texte von Nietzsche, Boethius und Seneca* erworben. Ähnlich wie die Romane des Jahrhunderts von Suhrkamp sind diese schmalen Bände einer der frühen Bausteine meiner Liebe zu Büchern; nicht (nur) zu deren Inhalt, sondern in diesem Fall vor allem, Jahre vor dem eBook, zu ihrer Form. Weit entfernt sich mit spärlichem Taschengeld Dünndruckausgaben leisten zu können, griff ich also zu diesem 6-7 € teuren Ersatz.

Die Kleine Bibliothek der Weltweisheit versammelt berühmte Werke zur klugen und richtigen Lebensführung. Sie befassen sich mit den zeitlos gültigen Fragen: Was überhaupt ist Glück? Was müssen wir tun, wie sollen wir handeln? […] Jeder dieser Texte ist als Meisterwerk der Weltweisheit und Lebenskunst in das Gedächtnis der Menschheit eingegangen.

Diese, zuerst nur auf 12 Bände angelegte, Bibliothek, die bis heute auf 34 Titel angewachsen ist, war auch einer der vielen Bausteine meiner Neigung zu Klassikern. Bücher, die sich über viele Generationen hinweg bewährt haben, immer wieder empfohlen werden und der trügerische, wie falsche, Gedanke irgendwann den Kanon abgeschlossen zu haben und einfach alles zu wissen – mit 14 hat man noch Träume. Wobei: Die Reihe der Weltweisheit wird nicht fortgesetzt, wer also alle 34 Bände von Boethius bis Tolstoi gelesen hat, weiß alles was man wissen muss und kann in Ruhe fernsehen.**

Eine derart liebevoll gestaltete Reihe ist ein Fest für den Buchliebhaber und zeigt was auch mit dem häufig gestalterisch vernachlässigtem Taschenbuchformat möglich ist.

IMG_20140424_013624*Was hätte der Junge für ein Latinum machen können, wäre der Wissensdurst so stark gewesen Seneca im Original zu lesen. Ist ja auch lustiger.
** Auf Nachfrage bei C.H Beck, die die Reihe zusammen mit dtv verlegen, teilte man mir mit, dass die Reihe sehr wohl fortgesetzt wird. Haltet also die Augen beim Buchhändler offen, so etwas Weltweisheit hat noch niemandem geschadet und die Bücher sind sehr viel schöner anzuschauen als ein Fernseher.

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Tilman berät als Rechtsanwalt Verlage, Autoren und andere Kreative im Urheber- und Medienrecht. Als Blogger hat er sich sowohl im Bereich der Literaturkritik als auch -vermittlung in der Branche einen Namen gemacht. Rechtsanwalt Winterling ist zudem als Jurymitglied (u.a. Hamburger Literaturförderpreise) und Moderator von Lesungen tätig, sowie gefragter Interviewpartner (u.a. Deutschlandfunk, Radio Eins), wenn es darum geht verständlich und unterhaltsam über rechtliche Themen und solche des Bloggens zu berichten.

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