Stumpp contra Stumpfe
Neue Ausstellung im Grafischen Kabinett in Augsburg: Der Pressezeichner Emil Stumpp.
In der Nacht vom 20. zum 21. April 1933 wurde der linksliberale Dortmunder Generalanzeiger, die auflagenstärkste deutsche Zeitung außerhalb Berlins, im Handstreich enteignet und in NSDAP-Besitz überführt. Eine wenig schmeichelhafte Porträtlithographie Adolf Hitlers bot den örtlichen Parteigrößen den gesuchten Anlass, das für die Demokratie streitende Blatt zum Schweigen zu bringen. Den braunen Machthabern kam dabei entgegen, dass sich das Hitlerbildnis leicht als vorsätzlich boshafte Karikatur und keineswegs als misslungene Zeichnung eines Dilettanten deuten ließ. Handelte es sich doch bei ihrem Urheber um den Pressezeichner Emil Stumpp, der zu dieser Zeit als Porträtgrafiker auf dem Höhepunkt seines Schaffens stand und als Künstler weithin hohes Ansehen genoss. Jetzt trug ihm die "Verhöhnung des Führers" ein dauerhaftes Berufsverbot ein.
Emil Stumpp: Portrait von Bertolt Brecht, 1925 (Quelle: Grafisches Kabinett Augsburg)
Bis dahin hatte er sie alle gezeichnet, die Großen dieser Welt – Dichter, Politiker, Sportler, Wissenschaftler, Künstler, Journalisten, Schauspieler, Menschen jeden Berufs. Als bekennender Pazifist galt sein besonderes Interesse den Repräsentanten der nach dem Ersten Weltkrieg aufblühenden Friedensbewegung. Für Stumpp verstieß es gegen die künstlerische Ehre, den Porträtierten zu schmeicheln. Seine Bildnisse sind durch und durch ehrlich und fanden dennoch oder gerade deshalb sehr oft die Anerkennung der Dargestellten.
Nach dem Berufsverbot versuchte Stumpp, Vater von fünf Kindern, den Lebensunterhalt mühsam genug durch Arbeiten im Ausland zu sichern. Als er 1940 zur Beerdigung einer Tochter zurückkehrte, wurde er denunziert und als Nazigegner zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Einige Monate später starb er in der Haft.
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