Strömend
Kleine Presseschau: Jörg Magenau bespricht in der Süddeutschen das neue Buch von Angela Krauß:
„Einst habe es sie nach einer Tat verlangt, schreibt sie, weil um sie herum so viel gehandelt wurde: "Die Tat räumt augenblicklich aus dem Weg, was bremst." Doch dadurch verhindert sie zugleich, dass "inwendig" etwas entsteht, verhindert das Gedicht als "atmenden Geist". Man kann dieses schmale Buch als eine poetologische Anleitung lesen, als Bericht aus jenem inneren Raum, in dem die Worte sich bilden, ohne dass die Dichterin zu sagen wüsste, wie das geschieht. Nicht nur das Handeln würde dabei stören, sondern auch das Verstehen. Angela Krauß hält das Verstehen für eine Art Trost- oder gar Wahnvorstellung, für einen Bremsklotz, der das Fließende, Offene, Ereignishafte festlegt und damit beendet. Stattdessen setzt sie auf Leiblichkeit, Gegenwart, Staunen, Perspektivwechsel und Erwartung.“
Angela Krauß: Der Strom. Suhrkamp Verlag, Berlin 2019.
Ich bin geduldig aus Erfahrung. Der Mensch muß warten können. Heimlich, denn Warten gilt nichts. Einst hat es auch mich nach einer Tat verlangt, alle um mich herum handelten längst. Die Tat räumt augenblicklich aus dem Weg, was bremst. Doch das Gedicht steht inwendig raumfüllend da. Ich fühle es als einen atmenden Geist. Nichts, was mir geschieht, nichts, was sich ereignet, kann an ihm vorbei. Dieser Geist verleibt sich alles ein, Tag und Nacht, jahrein, jahraus. Dabei tut er so, als verlange er nichts, er möchte ignoriert werden wie ein vegetativ gesteuertes Organ. Ich verhalte mich also ruhig.
Ich darf eins nicht von ihm fordern: daß er erscheint. Das heißt: warten können.
Angela Krauß
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