Essay

Elizabeth Bishop

Rezeption in Deutschland
Hamburg

Elizabeth Bishop, geboren 1911 in Massachusetts und gestorben 1979 in Boston, eine der großen Namen der amerikanischen Lyrik. Sie gewann den Pulitzerpreis für Lyrik, den National Book Award, war Poet in Residence in Harvard. Trotz großer Bewunderung durch die Kritik und viele Poeten - in Deutschland ist sie außerhalb akademischer Kreise eher selten gelesen, obwohl sie eindeutig Teil des lyrischen Kanons ist. Sie ist eine Art Trittstein zwischen zwei Wellen, liegt zwischen den frühen Modernen wie Frost, WCW oder Stevens und der folgenden amerikanischen Moderne wie Frank O‘ Hara oder John Ashbery.

Das mag daran liegen, dass sie nach ihrem fulminanten Erstling ‚North and South‘ 1946, der sie in der Reihe der modernistischen Dichterinnen ganz nach oben katapultierte, die gelegentlich aufblitzenden experimentellen Formen dieses Buches noch weiter zurücknahm und das erzählerische Element in ihrer Lyrik ins Zentrum rückte. Oder daran, dass sie die Entwicklung Richtung Confessional Poetry, die ihr guter Freund Lowell maßgeblich einleitete, nicht mitgehen wollte, oder weil sie schlicht zu wenig veröffentlichte.

Nun können große Preise und Kritikerlob auch misstrauisch machen. Die Lobesstimmen beziehen sich häufig auf ihre Liebe zum Detail, auf die ausführlichen Naturbetrachtungen und die Darstellung des exotischen Umfelds aus ihren Reisen. Das ist ein Lob, vergleichbar dem des Malers Emil Nolde – hat schöne Blumen gemalt – wie es vernichtender kaum sein kann: „Bishops schmales lyrisches Oeuvre überzeugt durch eine auf äußerste Einfachheit und Klarheit reduzierte Sprache und Gedankenführung“.

„Still dark.
The unknown bird sits on its usual branch. “

Solche leicht zu unterschätzende Sätze sind es wohl, die diesem Urteil zugrunde liegen, einfachste Worte und trotzdem ist das rätselhafte einer Morgenstimmung, das Unbekannte im Alltäglichen aufgerufen.

Das ist in etwa das Bild, das man gelegentlich antrifft: Bishop als etwas biederes, wohlhabendes Frauchen, das durch die Welt reiste und betuliche Beschreibungen der brasilianischen Exotik lieferte, keine Wegbereiterin wie die Dickinson, sondern solide Handarbeiterin am Weinstock der Konvention, mainstream, muss man gehört haben, braucht man aber nicht lesen.

Was an diesem Urteilen zuerst zweifeln lässt, ist der lakonische Humor, der z.B. in der melancholischen und für sie untypisch gestalteten Villanelle „One Art“ wirkt, aber auch in dem ‚Blick aufs Capitol von der Library of Congress aus‘.

Explizit politische Gedichte sagten Bishop nicht zu – typisch für sie ist ein leicht sarkastischer Blick, etwa, wenn sie aus der Perspektive des Schriftstellers die vergeblichen Bemühungen der Air Force Band vor dem Capitol schildert, der amerikanischen Flagge den Marsch zu blasen.

View of the Capitol from the Library of Congress

(…)

On the east steps the Air Force Band
in uniforms of Air Force blue
is playing hard and loud, but - queer -
the music doesn't quite come through.

It comes in snatches, dim then keen,
then mute, and yet there is no breeze.
The giant trees stand in between.
I think the trees must intervene,

catching the music in their leaves
like gold-dust, till each big leaf sags.
Unceasingly the little flags
feed their limp stripes into the air,
and the band's efforts vanish there.

(…)

Der New Yorker (die Zeitschrift) war unglücklich mit dem Text, wollte die damals bereits hoch anerkannte Bishop aber nicht ablehnen und eröffnete, statt die Darstellung der erektilen Dysfunktion der amerikanischen Flagge zu rügen, den Nebenkriegsschauplatz der Uniform-Farben, über die sich ein die Veröffentlichung lang hinauszögernder Briefwechsel zwischen Lektorat und Autorin entspann.

Zur Biographie

Das einzige, was in Deutschland reichlich über Bishop vorliegt, sind kurze Zusammenfassungen ihres Lebens, einen guten Einblick gibt das Interview mit dem ‚Paris Review‘, auf das der Wikipedia-Artikel verweist. Sie stammt aus väterlicherseits wohlhabendem Haus, jedoch starb ihr Vater acht Monate nach ihrer Geburt, ein Ereignis, das bei ihrer Mutter zu letztlich unheilbarer psychischer Erkrankung führte, der letzte Kontakt fand statt, als Elizabeth 5 Jahre alt war, in dem Paris Review-Interview erzählt sie davon.

Die Dramatik dieser Ereignisse wird in ihren literarischen Arbeiten in der Prosa sichtbar. Mit ‚Die Taufe‘ schildert sie die Entstehung eines religiösen Wahns in einer ländlichen Frauengemeinschaft, in ‚Im Dorf‘ wird das in kunstvoller Gestaltung zu einer recht explizit autobiographische Schilderung, dort tritt die Situation mit der Erkrankung ihrer Mutter mitten in die Erzählung – wenn die Bezeichnung zulässig ist, sie nennt das Genre selbst ‚poetische Prosa‘ -, auch ‚In the Village‘ erschien zuerst im New Yorker (und war übrigens erheblich besser bezahlt als ihre Gedichte).

In dem oben erwähnten Interview mit dem Paris Review erzählt sie etwas von den Gegebenheiten ihres Arbeitens. Die erste Entwicklung war durch kleinere Stipendien ermöglicht worden, Freunde stellten ihr immer wieder Arbeitsplätze zur Verfügung. Durch die Erbschaft von ihrem Vater war für diese Lebensphase eine gewisse Unabhängigkeit gegeben, in der langen Beziehung mit ihrer Lebensgefährtin Lota de Macedo Soares war ebenfalls der Lebensunterhalt abgedeckt. Dennoch waren die Schecks des New Yorkers sehr hilfreich. Als ihr guter Freund Robert Lowell, eine der Größen der amerikanischen Lyrik ihrer Zeit, nach England ging, konnte sie seine Poetik-Dozentur in Harvard übernehmen.

Die Reisen, die ihr Bild in Deutschland prägten, waren im wesentlichen zwei, eine durch Europa und die Brasilienreise an den Amazonas, die für sie Lebensentscheidend wurde, durch eine allergische Reaktion erkrankte sie schwer und lernte dadurch ihre spätere Lebensgefährtin Lota kennen. Lota folgte ihr später, als finanzielle Gründe die Rückkehr Bishops nach New York nahelegten, beging jedoch unmittelbar nach Ankunft Suizid, eine weitere der vielen Katastrophen in Bishops Leben. Bishops Versuch, noch einmal in Brasilien ohne Lota Fuß zu fassen, scheiterte, sie kehrte nach Massachusetts zurück.

Rezeption in Deutschland

Ihre Rezeption im deutschen Sprachraum ist und war schleppend – die erste Buch-Veröffentlichung war eine Prosa-Sammlung, „Der stille Wahn“, die als Fischer Taschenbuch (1993) erschien und nur noch antiquarisch erhältlich ist.

Zu der Zeit war schon Klaus Martens Vorstellung von Bishop in der „Akzente“ erschienen, 1986 publizierte Michael Krüger dort eine der Kurzgeschichten aus dem ‚stillen Wahn‘ – jene über den Strandreiniger, der Papierschnipsel einsammelt und begrübelt, bevor er sie, nicht zuletzt als Wärmequelle in seiner zugigen Unterkunft – verbrennt. Dazu kam eine Auswahl von sieben ihrer (meist nicht kurzen) Gedichte, übersetzt von Klaus Martens und ein umfangreicher und hervorragend recherchierter Aufsatz ebenfalls von Martens über Bishop und ihr Werk.

Eine erste, umfassendere Übersetzung ihrer Lyrik erschien im Salzburger Residenz-Verlag 2001, Margitt Lehbert, die jetzige Herausgeberin der Edition Rugerup, übertrug etwas mehr als die Hälfte der Gedichte, ein von der Kritik überwiegend freundlich aufgenommenes Werk (bis auf Wilhelm Genazinos übellaunige Kritik in der Süddeutschen, er vermisste Datierungen, Quellangaben, kritisierte die Auswahl). Dieses Buch – das nur die Übersetzungen, nicht die Originale enthält - erlebte zwar eine zweite Auflage, ist jedoch wie die Kurzgeschichten nicht mehr erhältlich.

Nach diesem vielversprechenden Anfang hätte man sich nun eine systematischere Übersetzung speziell ihrer schmalen späteren Bücher erhofft, das geschah leider nicht, es wurden weiterhin einzelne Texte in freier Auswahl übersetzt.

Eine kleine Auswahl erschien zweisprachig in Urs Engelers ‚Zwischen den Zeilen‘ Nr. 27 (September 2007), Jürgen Brôcan hat zwölf Gedichte übersetzt, teils sind sie aus den ‚Collected Poems‘, teils aus zu Lebzeiten unveröffentlichten Gedichten von Bishop. Diese Gegenübergestellung hat ihren Reiz, einige Angaben zu Person und Wirkung sind beigefügt, ein guter Einstieg lag also abermals vor.

Zuletzt hat Klaus Martens anlässlich ihres 100 Geburtstages 2011 einen kleinen Querschnitt im Mattes Verlag neu vorgelegt, der Grundstock der von ihm gewählten Texte stammt aus dem eigenen Akzente-Artikel von 1986 mit einigen wenigen Überarbeitungen, viele wurden auch von Brôcan und Lehbert schon übertragen, z. B. das wichtige ‚Santarem‘. Neu ist aber das schöne atmosphärische Langgedicht ‚the moose‘ (der Elch).

Insgesamt ist nun die Lage so, dass wichtige Texte in drei Übersetzungen vorliegen, andere aber gar nicht vorliegen – was insbesondere bedeutet, dass die Komposition der Bishopschen Bücher damit nicht greifbar ist und das alte Vorurteil, dass Lyrikbücher nur eine Sammlung von zusammengewürfelten Einzelarbeiten sind, zu bestätigen scheint. Auch die außerhalb Brasiliens wirtschaftlich erfolglose Verfilmung ihrer Liebschaft („Die Poetin“) 2013 konnte keine Impulse generieren.

Bishop als Modernistische Dichterin

Bishop verführt dazu, unterschätzt zu werden, ja, ihre Poetik legt es geradezu darauf an.

Betrachten wir das erste Gedicht aus ihren Veröffentlichungen, mit dem ‚North and South‘ beginnt, das aber bereits im Vorfeld von Marianne Moore publiziert wurde:

The Map

Land lies in water; it is shadowed green.
Shadows, or are they shallows, at its edges
showing the line of long sea-weeded ledges
where weeds hang to the simple blue from green.
Or does the land lean down to lift the sea from under,
drawing it unperturbed around itself?
Along the fine tan sandy shelf
is the land tugging at the sea from under?

Es hat die Reimworte green / edges / ledges / green / under / itself / shelf / under in der ersten Strophe, die zweite Strophe wird den Reim ganz fallen lassen, die dritte Strophe nimmt das Schema wieder auf: land is / confirmation / agitation / land is / colors / best / west / colors. Man kann sich gut vorstellen, wie ein derartiger Text auf jedem Lyrik-Portal gnadenlos durchfallen würde, es wirkt zwar einerseits frech, aber auch lustlos. Die Autorin ist sich noch unschlüssig und grübelt laut über die gesehenen Objekte nach: sind‘ s nun Schatten (shadows) oder shallows – was sind eigentlich shallows? Fragen wir die Übersetzer.

Bei Martens:

Land liegt in Wasser; es ist grün schattiert.
Schatten – oder ist es Wattenmeer?-
zeigen die lange Linie seegrasiger Riffe,
wo aus dem Grün der Tang dem schlichten Blau anhängt.

Bei Lehbert:

Land liegt in Wasser; es ist schattiertes Grün.
Schatten, oder sind es Untiefen, entlang der Ränder
zeigen die langen, tangbewachsenen Riffe als Bänder,
wo Seetang zu einfachem Blau hingleitet von Grün.

Das Gedicht behandelt eine Karte, speziell die Darstellung der Grenze zwischen Meer und Land, sie beschreibt, wie Namen, Wörter diese Grenze überschreiten, beschreibt, wie Halbinseln diese Grenzen befühlen und fragt sich, wie wohl die Färbung eines Landes ausgewählt wird? Wer von den beiden, Land oder Meer, zieht, wer schiebt, wer hebt, wer umschlingt den anderen? Es liegt nahe, in dieser Diskussion der Grenze auch das Schreiben selbst thematisiert zu sehen, die Grenze auch als Metapher zu lesen. Im lyrischen Geschäft sind Formen, Reim, Metrik, Rhythmus die Farben des Kartographen, seine Gestaltungsmittel. Das tastende, suchende, das sehr oft Eingang in ihre Texte findet ‚or is it‘, ist der Ausdruck einer poetischen Haltung, die das Schreiben nahe an den Leser heranführt, wie Leshton Hammer in seiner Yale-Vorlesung über Bishop formuliert: man hat immer das Gefühl, ihr über die Schultern zu schauen.

Das zweite Gedicht ‚The Imaginary Iceberg‘ liest sich wie eine Allegorie auf die Vorstellungskraft, die Phantasie, das Gedicht als mystischer Kristall in einer verschneiten Landschaft, das eigenen Gesetzen folgt – aber auch diese Überhöhung ‚a picture, each sailor would give his eyes for‘ wird nicht ernst genommen und in der Form des Textes ironisiert.

Das dritte Gedicht in diesem ersten Buch ist das für deutsche Ohren äußerst rätselhafte ‚Casabianca‘, ein Stück, das fast danach schreit, als wirr und hingeschludert aufgenommen zu werden.

Casabianca

Love’s the boy stood on the burning deck
trying to recite “The boy stood on
the burning deck.” Love’s the son
            stood stammering elocution
            while the poor ship in flames went down.

Love’s the obstinate boy, the ship,
even the swimming sailors, who
would like a schoolroom platform, too,
            or an excuse to stay
            on deck. And love’s the burning boy.

Bishop thematisiert hier ein Gedicht und seine Funktion: “The boy stood on the burning deck” ist die Eingangszeile eines in England und den USA sehr bekannten Gedichtes von Felicia Hemans (1793-1835), in dem die Geschichte des Sohnes von Louis de Casabianca erzählt wird, dem dieser das Steuerrad des Schlachtschiffs L’Orient anvertraut hatte, mit der Anweisung, es zu halten, bis er anderes befehle. Er wurde jedoch selbst Opfer der Seeschlacht von Abukir, bevor er den Befehl aufheben konnte. Der Sohn widersetzte sich der Legende nach der eiligen Räumung des brennenden Schiffs durch die Engländer. Er flog mit ihm in die Luft, als die Pulverkammern Feuern fingen. Dieses Gedicht diente einerseits in amerikanischen Schulen als moralisches Lehrmaterial, es wurde als ein Urbild für Vaterliebe und Auftragstreue ihrer Marines hochgehalten, andererseits war es Standard-Übungsbeispiel an Schulen für Vortragskunst und artikulierte Aussprache, die hier erwähnte Elocution. (Elizabeth Bishop litt als junge Frau sehr unter ihrer Schüchternheit und hasste das Vortragen).

In einer Bewegung, die nahezu urbildlich für die amerikanische Moderne ist, wird die Situation von ihrem historischen Vorbild transferiert auf die Gegenwart des Gedichts, hier des rezitierenden, übenden Jungen, während rundherum die Kunst der traditionell geformten, strengen Lyrik, an der er starrsinnig festhält, in Flammen aufgeht und sinken wird. Man kann nun spekulieren, wen von ihren Mitpoeten sie als schwimmende Seeleute vor Augen hatte, die gerne auch in Schulbüchern erwähnt wären, oder – vielleicht jemand wie Auden – eigentlich gerne auf dem alten Schifferklavier weitergespielt hätten, wenn es denn irgendwie ginge – wenn die Liebe zur Lyrik es zuließe.

In der Übersetzung von Margitt Lehbert:

Liebe ist der Junge, der stand auf dem brennenden Deck
und versuchte aufzusagen: „Der Junge stand
auf dem brennenden Deck.“ Liebe ist der Sohn,
            der da stand und stammelte Diktion,
            als das arme Schiff in Flammen versank.

Liebe ist der störrische Junge, das Schiff,
selbst die schwimmenden Matrosen, die
auch gern ein Schulraumpodium hätten
            oder eine Ausrede, an Deck
            zu bleiben. Und Liebe ist der brennende Junge.

Das sind nur zwei Beispiele unter vielen für die angeblich ‚auf äußerste Einfachheit (…) reduzierte Gedankenführung“, für die Bishop gelobt wird. Wenn das äußerlich provokante in späteren Arbeiten auch weitgehend zugunsten einer erzählerisch reflektierten Stimmführung zurückgetreten ist, die ständige Präsenz des Lesers in der Gestaltung bleibt ihr Markenzeichen.

Geography III

Als ein Beispiel für die Übersetzungslage die Übersicht für Bishops vorletzte, wie immer sehr schmale Veröffentlichung, das Buch Geography III, erschienen 1976, also drei Jahre vor ihrem Tod. Der Titel nimmt die Titelgebungen der ersten beiden Werke ‚North and South‘ und ‚Questions of Travel‘ auf.

In the waiting room (Lehbert, Brócan, Martens)
Crusoe in England (Martens, Lehbert)
Night City
The Moose (Martens)
12 O’Clock News (Lehbert)
Poem (Lehbert, Martens)
One Art
The End of March (Martens)
Five Flights Up

One Art, vermutlich ihr in Deutschland bekanntestes Gedicht („The art of loosing isn’t hard to master // so many things seem filled with the intent // to be lost, that their loss is no desaster …“) stellt als Villanelle einen Sonderfall dar, hier gibt es eine Vielzahl von mehr oder weniger laienhaften Übersetzungsversuchen.

Vielleicht liegt es daran, dass Bishop wenig veröffentlicht hat, dass die Übersetzer oder ihre Herausgeber Bishop kein kompositorisches Talent über das Einzelgedicht hinaus zuschreiben?

Ein kurzer Blick auf die Komposition des Eingangs kann das widerlegen. Das Buch setzt mit „In the waiting room“ einen sehr markanten, persönlichen Einschnitt. Es beginnt harmlos genug:

In the Waiting Room

In Worcester, Massachusetts,
I went with Aunt Consuelo
to keep her dentist’s appointment
and sat and waited for her
in the dentist’s waiting room.

Die Wortwiederholungen von ‚dentist‘, ‚waiting‘ sind kein Zeichen schlampigen Lektorats, sondern gezielt gesetzt, Bishop arbeitet sehr intensiv mit derartigen Wiederholungen, sie finden sich prominent in allen Phasen ihres Schreibens. Im Fortgang schildert sie, wie sie durch die ‚National Geographic‘ im Wartezimmer blättert, Vulkane, hin zu irritierenden Bildern aus dem fernen Afrika.

A dead man slung on a pole
-- ‘Long Pig,’ the caption said.
Babies with pointed heads
wound round and round with string,
black, naked women with necks
wound round and round with wire
like the necks of light bulbs.
Their breasts were horrifying.
I read it right straight through.
I was too shy to stop”

Und nachdem aus dem Nebenraum ein gedämpfter Schmerzensruf von ihrer Tante zu hören ist („even then I knew she was // a foolish, timid woman“), in dem sie ihre eigene Stimme wiedererkennt:

I said to myself: three days
and you’ll be seven years old.
I was saying it to stop
the sensation of falling off
the round, turning world

How – I didn’t know any
word for it – how „unlikely“ …
How had I come to be here,
like them, and overhear
a cry of pain that could have
got loud and worse but hadn’t?

Dieser Kindheitserinnerung – Bishop hatte weit zurückgehende, intensive Kindheits- Erinnerungen, die Eingang in viele Texte fanden -- folgt mit „Crusoe in England“ ein Rückblick des altgewordenen Robinson auf das, was in seinem Leben wichtig oder rätselhaft war. Im dritten Gedicht der Folge schildert sie metaphernreich den Blick auf eine nächtliche Stadt aus dem Flugzeug, bevor dann in ‚The Moose‘ ein Elch aus Wald tritt und einen Bus anhält, in dem die Reisenden ihren Betrachtungen zum Alltagsleben nachgingen.

Wer diese kunstvolle Zusammenstellung wahrnehmen will, muss in den englischen ‚Complete Poems‘ lesen, die natürlich verfügbar sind, ebenso die Prosa, die Briefwechsel mit ihren Kollegen Lowell und Moore, auch die Briefwechsel mit dem New Yorker, in dem viele ihrer Gedichte erschienen sind, liegt vor (auf YouTube kann eine herrlich vergnügliche Darstellung dieser Briefwechsel betrachtet werden, gewundener Ablehnungsschreiben seitens des New Yorkers, der Kampf um Kommata oder die oben erwähnten Scharmützel über die richtige Farbbezeichnung von Uniformen), denn im amerikanischen Lyrischen Leben ist die Bishop eine präsente Größe und zu Recht Gegenstand unzähliger Seminararbeiten und Abhandlungen.

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