Wirmembran
Erstmals begegnet ist mir Günther Kaip im Fröhlichen Wohnzimmer (Mitte der 90er Jahre) und ich mochte damals seine Prosaminiaturen: „Wörter haben einen Körper, einen Resonanzboden, der in permanenter Schwingung ist und in dieser Bewegung Räume erschafft, die sich ausdehnen, verengen und sich weiter potenzieren ? in diesem Rhythmus der Worte entstehen Geschichten, werden Handlungen angerissen, abgebrochen und neu ausgerichtet. Wahrnehmungsfenster gehen nahtlos ineinander über. Die Innen- und Außenbetrach- tung fließen ineinander. In den Texten … geht es um die Vielfalt und Gleichzeitigkeit von Raumerlebnissen in der Sprache.“ (über „Im Rhythmus der Räume“).
Nach den Ankerplätzen bei Klever nun wieder ein Band Gedichte, diesmal in der Bibliothek der Provinz: Eine Membran sind wir.
Wo freie Sicht
Wo freie Sicht herrscht, bleiben die Herzen offen.
Töne von überall her, keine klägliche Stimme dabei.
Echos rollen übers Gras.
Wo wir stehen, ist es warm.
Die Fenstergläser sind intakt.
Was die Sterne angeht,
gibt es keine klaren Informationen.
In der Ferne verläuft sich die Straße
mit ihren blitzenden Pfützen zu einem V,
schiebt sich unter den Horizont,
als wollte sie ihn aushebeln.
Für einen Moment
sieht man seine winzigen Risse und Wunden,
eine von Motten durchlöcherte Gardine,
die sich aus den Fenstern bauscht
und die Sicht nach draußen trübt.
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