Schreibende Paare
„Es ist Paul Celans 40. Todestag, du bist pünktlich“ – mit diesem Vers beginnt „Nähekurs“ von Herbert Hindringer und Judith Sombray, soeben im Fixpoetry Verlag erschienen. Es ist der erste Band einer Reihe mit Gedichten von schreibenden Paaren. Ein interessanter Ansatz, denn auf diese Weise und unter diesem Titel erlauben die Gedichte ganz andere Einblicke, als wenn sie nur für sich allein stehen würden.
Eine lakonische, bisweilen gar an Kästners „Sachliche Romanze“ erinnernde Sprache des Dichterpaares wechselt sich ab mit Verspieltheit, mit durchscheinenden und originellen Sprachbildern, die stets zugänglich bleiben. „Man kann Liebe für andere nicht aufschreiben. Da andere auch lieben, werden sie verstehen“, heißt es im Klappentext, und genau diesem Motto folgen Hindringer und Sombray in ihren bisweilen angenehm offenen Gedichten, in denen geliebt und gestritten, versöhnt und bewundert wird, und auch die Erotik kommt nicht zu kurz. Trotzdem ist „Nähekurs“ weit entfernt von jeglicher Gebrauchslyrik, eher sind es Gedichte, denen man emotional nachspürt, die einem unwillkürlich Anknüpfungspunkte hinwerfen; der Leser ist zugleich Beobachter und Teilnehmer, weil diese Gedichte ihn betreffen.
Es kommt bisweilen Romantik auf, die zu keinem Zeitpunkt in Kitsch kippt, die sich aber auch vor ganz direkter Emotionalität nicht scheut: „Im Frühling 2010 / reimen wir uns aufeinander / zugehend laufen wir schon / die Wege ab, die wir allein / betraten“ (Sombray). Und Hindringer schreibt: „und jeder zweite Atemzug landet in deiner Kehle / du bist hier und alle Wegweiser führen in die irre / Vorstellung, dich zu lieben“.
Oder auch: „Beschwer dich nicht, beschwer mich / mit deiner Kopflastigkeit und diesem Körper / der meiner Schlaflosigkeit was vom Träumen / vormacht“. „Nähekurs“ ist nicht kopflastig, zum Glück, die Liebe wird nicht intellektualisiert sondern empfindbar gemacht, was nicht zuletzt der Sprache zu verdanken ist, die hier sehr sanft und natürlich dahinfließt. Vor allem: Es ist Lyrik, die aus Erlebtem entstanden ist, und allein deswegen ist sie sehr nah beim Leser. Verse, die sich einprägen und die zum erneuten Lesen einladen, finden sich an vielen Stellen, so wie hier: „Ich halte still / deinen Atem an“. Oder wenn Hindringer lakonische Geschichten über Prag erzählt und die leisen Zwischentöne der Zweisamkeit erforscht. Ein Buch , das man zu Weihnachten auch an Menschen verschenken sollte, die üblicherweise keine Lyrik lesen, denn es eignet sich als Einstiegsdroge.
Fixpoetry 2011
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