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Das Meer und der Norden     Streifzüge von Küste zu Küste     von Charlotte Ueckert
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Das Meer und der Norden     Streifzüge von Küste zu Küste     von Charlotte Ueckert
Kritik

Tapirus semper vigilat

Hamburg

Mancher ist bloß ein Wirrkopf; Peter Hodina aber ein brillanter Schwirrkopf. In ihm und seinem Textuniversum ist alles lebendig, die Texte schließlich sind genial daraus gepflückt, aus diesem Fundus, diesem (An-)Archiv, worin alles „beseelt” ist und sich also einerseits in nichts und andererseits ins ihm quasi Befreundete dann doch fügt. So gehorchen die Bände einem Anschließen von Unabschließbarem, eine „Ethik der Unabgeschlossenheit” skizziere die Trilogie gar, so Hodina. Oder dessen Ich-Erzähler, der sich samt Narrativen ins Philosophieren hineinschmuggelte?

Man müßte also, wenn man schon nicht schließt, doch anfangen. Man kann es nicht; so, wie diese Rezension sich verpaßt, so ergeht es dem sich verpassenden Schreiben Hodinas, das dem Einsatz nicht bloß folgt und diesen stets schon vorwegnimmt, zum Beispiel; ist zunächst Null, ist aus dieser uranfänglichen, “qualitätenlose(n) Null” mehr zu gewinnen? Bereitet man den Anfang vor? Ist diese Vorbereitung ihm zugehörig? 1Worin ist – mit Girard – die „Gründungsgewalt” gelegen?

Sie ist als Potential überall vorhanden, latent; der beherrschende Blick, Argus, Greif, er unterbietet diese Optionen, die „defensive Exploration” ist dagegen die scheinbare Resignation, der das Reale autonom hernach erblüht. Der Tapir zertrampelt – beiläufig – den Greif, übrigens am 1.6.2014. Dem Datum darf man dabei aber auch nicht zu sehr trauen, siehe Derrida: „Une date est folle, voilà la verité.” Hodinas Bausteine sind „schwimmende Blöcke”, zittern und können auch nachgeben, wo man das Mögliche mit Realität allzu belastet und befrachtet. Fundament? – „Fundamt”...

So geht es dahin, in Texten, die Philosophie-Poesie-Hybride sind, in Bildern und Geschichten nachdenken, Philosophien erzählen, mit dem Ernst dessen, der weiß, was passierte, würde er nicht in den Metaphysiken das Alberne finden. „Sie stellten sich mir als Osiris und Persephone vor, was mir aus altertumskundlichen Gründen suspekt erschien”, mit einem Satz widerlegt Hodina den Nominalismus, schafft eine Miniaturgroteske; by the way: Mein einstiger Stammgrieche beherbergte zwei Katzen, Mutter: Kleopatra, Sohn: Sokrates...

Soll man Hodina lesen? – Man muß. Denn darin, daß es keine Pflichtlektüren gebe, irrt der die „Lektüre-Pflicht” advozierende Hodina vielleicht denn doch.

Peter Hodina
Steine und Bausteine 3
Avinus
2014 · 160 Seiten · 17,90 Euro
ISBN:
ISBN 978-3-86938-003-2

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