
Selbstschussapparat
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Frühling 1989. Nur noch ein paar Monate – und Deutschland sollte sich für immer verändern. Eine neue Epoche würde beginnen. Damals ahnte ich nichts davon. Ich war zwölf Jahre alt und wohnte mit meinen Eltern und meinem großen Bruder in dem Dorf Oberviechtach in der Oberpfalz, ein paar Kilometer entfernt von der tschechoslowakischen Grenze. Manchmal gingen wir im Bayerischen Wald an weißen Pflöcken entlang spazieren, die eigentlich ganz harmlos wirkten. Doch mein Vater ermahnte mich stets eindringlich, auch ja auf dem schmalen Pfad zu bleiben: ein einziger falscher Schritt und Selbstschussanlagen könnten losgehen. In einer Mischung aus Grauen und Neugier starrte ich dann auf die endlosen tiefgrünen Hänge jenseits der unsichtbaren Gefahrenlinie, hinter der nicht nur ein anderes Land, sondern eine andere Welt begann, »the evil empire«, eine Art Märchenreich, das in meinem Kopf in unmittelbarer Verbindung stand mit Filmen wie ›Drei Nüsse für Aschenbrödel‹ und ›Die Märchenbraut‹, die dort gedreht worden waren. Ab und zu erlaubten meine Eltern, dass ich sie in unserem winzigen Schwarzweißfernseher ansah, an dem man behutsam die Antenne und das Rad bewegen musste, damit aus dem Flimmerschnee Gestalten traten. ›Alf‹ und ›Raumschiff Enterprise‹ hingegen konnte ich nur heimlich anschauen. Manchmal träumte ich davon, einen kleinen, haarigen Außerirdischen als Freund zu haben, für den alles »null problemo« war, oder dass eines Nachts das sprechende Ufo namens Max aus ›Der Flug des Navigators‹ vor meinem Fenster auftauchte: David, genau wie ich zwölf Jahre alt, stürzt in dem Film bei einer Wanderung in eine Grube und wird bewusstlos. Als er erwacht, sind acht Jahre vergangen. Nur er ist immer noch ein Kind. Und obwohl seine Eltern und sein kleiner, jetzt großer Bruder überglücklich sind, dass er wiederaufgetaucht ist, passt David nicht mehr in seine Welt. Seine einzige Hoffnung, wieder zurückzukehren, ist besagtes Ufo, das von der NASA geborgen wurde und mit seinem Zeitsprung in einem geheimnisvollen Zusammenhang zu stehen scheint. Tatsächlich hatte das freundliche Ufo Max den Jungen entführt, um mehr über die menschliche Spezies zu erfahren. Gemeinsam versuchen sie, David wieder zurück in die Vergangenheit zu bringen… In seiner Mischung aus teenage angst und alien friendship eine ideale Traumvorlage für mich damals in Oberviechtach, wo zu den Höhepunkten im Leben eines Jugendlichen die »Gruppenstunden« des Kolpingvereins gehörten, und das Ministrieren in der immer zu kalten Kirche unter der Aufsicht des alten hinkenden Mesners eine Selbstverständlichkeit bedeutete. Jeden Freitagabend liefen im Radio die ›Top Ten der Woche‹, die mein Bruder und ich gewissenhaft mitnotierten, sodass wir beide heute über die vielleicht lückenloseste Aufzeichnung der deutschen Charts des Jahres 1989 verfügen.
Don’t worry, be happy, Keine Angst, hat der Papa mir gesagt, Like a Prayer.
Ich habe bis heute nicht rekonstruieren können, was genau der Grund dafür war, dass mein Vater eines Tages diese vermeintliche Idylle sabotierte, indem er meinem Bruder eine Schallplatte schenkte, von deren Cover bereits eine für mich als Kind nicht näher deutbare Beunruhigung ausging: die Statue eines nackten Mannes, der mit lasziv angewinkeltem Arm hinterm Kopf schläft. Allerdings sind nur seine Umrisse zu erkennen, die gesamte Hülle ist tief (man könnte auch sagen: blut-)rot eingefärbt und hinter dem Mann ziehen violette Wolken. Und darüber das damals noch gültige »Gütesiegel« für ausgezeichnete klassische Musik, der hellgelbe Kasten der Deutschen Grammophon, in dem ein Titel stand, der genauso seltsam anmutete wie das Bild: Karlheinz Stockhausen: Gesang der Jünglinge / Kontakte, Realisation des Elektronischen Studios des WDR Köln.
Dieser Moment, als sich der Tonarm des Plattenspielers senkte, es leise knisterte und die ersten Klänge im Kinderzimmer meines Bruders ertönten, denen wir beide gespannt lauschten, ist mir unvergesslich geblieben. Zwar hatte unser Vater uns gewarnt, diese Musik klinge ein wenig anders als alles, was wir bisher gehört hätten – aber auf so etwas waren wir nicht vorbereitet gewesen: Blubbern, Gluckern, Zwitschern, Zischen, und dann, als Krönung, die Stimme eines Knaben, der offensichtlich völlig falsch sang: »Preiset den Herrn«. Mein Bruder und ich guckten uns an – und lachten Tränen. So ein Schwachsinn! Das sollte Musik sein? Wo war denn da bitte die Melodie, wo der Rhythmus?
Aber dann geschah etwas Unvorhergesehenes. Weil mein Vater immer wieder betonte, wie »bedeutend« diese Musik sei, Stockhausen stehe in einer Reihe mit Beethoven, Brahms und Wagner, man müsse sich eben »ein bisschen einhören«, legte mein Bruder wieder und wieder die Platte auf, während ich in seinem Zimmer spielte oder dort meinen Mittagsschlaf hielt. Und irgendwann machte es Klick. Ich hörte tatsächlich Melodien, ungewöhnliche, aber trotzdem sehr einprägsame, und in meinem Kopf entstanden außerirdische Landschaften, während die Jünglinge den »starren Winter« und den »Tau« bejubelten.
Aber ob dieses Hörerlebnis tatsächlich fortgesetzt worden wäre? Ob mein Bruder und ich uns danach weitere Platten von unseren Eltern gewünscht hätten? So jedoch gab es ein Ereignis, das alles änderte, nicht nur meinen Musikgeschmack: Stockhausen lebte noch (aus irgendeinem Grund hatte ich angenommen, da es sich um einen »Klassiker« handele, er sei bereits tot), und er würde auftreten. Eine Woche lang, im Herbst. In Wien. Und wir wären dabei. Angeregt von meinem Vater, aber auch aus eigenem Antrieb (Schließlich würden wir ja sozusagen den Beethoven der Gegenart live sehen, oder?), kauften wir uns immer mehr Stockhausen-LPs. Es wurde Sommer, wieder einer dieser endlosen, einsamen, heißen Oberpfälzer Sommer, aber er fühlte sich anders an als sonst, irgendetwas, das spürte ich, war mit mir passiert. Nachmittags las ich in meinem neuen Lieblingsbuch. Es war genauso spannend wie Jules Verne. Es war eine Biografie. Die Biografie Stockhausens.

Karlheinz Stockhausen als Kind
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Eine Kindheit, die keine war. Aufgewachsen in Dörfern im Bergischen Land, eine Landschaft wie aus einem deutschen Märchen, aber eher eines der düsteren Sorte. Dichte, dunkle Laubwälder, sanfte Hügel, auf denen Kühe und Schafe weiden. In einem einsamen Talgrund jener Ort, in dem Stockhausen die meiste Zeit seiner Kindheit verbrachte: Altenberg. Die wenigen Gebäude gruppieren sich hier um einen gewaltigen mittelalterlichen Zisterzienser-Dom, der so wirkt, als wäre er schon immer da gewesen. Ein paar hundert Meter davon entfernt liegt tatsächlich ein Märchenpark, in dem ›Schneewittchen‹ und ›Dornröschen‹ nachgestellt werden.
Stockhausens Zeit hier – mit Unterbrechungen von 1935, da ist er sechs, bis zum Kriegsende – wird eher ›Hänsel und Gretel‹ ähneln. Ohne Happy End allerdings. Zusammen mit seiner ein Jahr jüngeren Schwester wohnt er mit dem Vater Simon, der als Lehrer arbeitet, an einem steilen Hang in der Nähe der kleinen Dorfschule. Die Mutter Gertrud ist da bereits seit einigen Jahren in einer »Heilanstalt«, weil sie »schwermütig« wurde. Zu Hause mussten sich für den kleinen Karlheinz traumatische Szenen abgespielt haben: die Mutter, die nachts schreiend durch die Zimmer läuft, der Vater, der die beiden kleinen Kinder zu beruhigen versucht, bis Gertrud »abgeholt« wird. 1941 wird sie im Zuge des »Euthanasieprogramms« vergast, der Vater, sowohl überzeugter Nazi als auch tiefgläubiger Katholik, hat sich scheiden lassen und sie kaum mehr besucht. Aber es kommt noch schlimmer: Der junge Karlheinz, der regelmäßig im Dom betet und dort Klavierunterricht hat, wird in die Lehrerbildungsanstalt nach Xanten geschickt, wo er von seinen Mitschülern misshandelt wird; 1944, mit sechzehn Jahren, als die Welt um ihn herum im Chaos versinkt, wird er Krankenträger und verpflegt von den Phosphorbomben der Alliierten entstellte Schwerstverletzte; im Februar sieht er seinen Vater zum letzten Mal, der weiß, dass er als Blockwart nach dem Krieg keine Zukunft haben wird und sich freiwillig an die Front gemeldet hat. Von seinem Sohn verabschiedet er sich mit den Worten: »Ich komme nicht wieder. Mach alles gut.« Im April 1945 ist Stockhausen Vollwaise, flüchtet, sieht auf einer Bahnfahrt aufgehängte Deserteure und muss als Knecht bei Bauern irgendwie seine Geschwister und Stiefmutter durchbringen.
Schnitt. Zehn Jahre später. Deutschland im Wirtschaftswundertaumel. Stockhausen hat sich als Nachtwächter und Klavierimprovisator für einen Zauberer über Wasser gehalten, in Paris bei Olivier Messiaen Komposition studiert und sitzt jetzt wenige Schritte vom wie durch ein Wunder unversehrten Kölner Dom entfernt, im elektronischen Studio des WDR, dessen futuristischen Apparate, Sinusgeneratoren und Bandmaschinen nirgendwo sonst Platz gefunden haben als im Atombunker des Rundfunks. Vom deutschen Märchenwald in den Alchemiekeller der modernsten Technik. Jeder Klang muss hier auf mühsamste und zeitintensive Art und Weise erzeugt, zerschnitten und auf Band geklebt werden; ein 12jähriger Junge singt Passagen aus der Bibel ein, wieder und wieder, wird gedoppelt und verwandelt sich so in einen Knabenchor. Für zehn Sekunden Musik braucht Stockhausen drei Wochen. Die Uraufführung des ›Gesang der Jünglinge‹ 1956 ist ein Skandal. »Das ist Gotteslästerung!«, schreit ein Mann, während das Band läuft. Ein Irrtum. Stockhausen ist tiefgläubig. Jeden Sonntag geht er in die Kirche. ›Gesang der Jünglinge‹ ist ein elektronischer Lobpreis Gottes.
Wieder zehn Jahre später. Stockhausen hat die Fluxus-Künstlerin Mary Bauermeister kennengelernt und für sie seine erste Frau mit den vier Kindern verlassen. Vor allem mit seinen elektronischen Stücken, aber auch mit Werken, die schon mal drei oder sogar vier im Raum verteilte Orchester und Chöre gleichzeitig beanspruchen, ist er zum Inbegriff des Bürgerschrecks und zur Ikone der Neuen Musik geworden. Die Köpfe der Bands Can und The Grateful Dead besuchen seine Seminare, die Beatles setzen ihn mit auf das Cover ihres Albums ›Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band‹, John Lennon liebt Stockhausens ›Hymnen‹, eine Collage aus elektronischen Klängen und vorgefundenem akustischen Material, die aus über 40 Nationalhymnen ein einzige, friedliche Welt heraufbeschwört, Flower Power rules.
Zeitsprung zum letzten: 1977. Stockhausen ist mittlerweile überzeugt, er sei ein Außerirdischer, und er stamme vom Sirius. Er wohnt in einem selbst entworfenem Haus mitten im Wald bei Kürten, einem kleinen Ort in der Nähe jener bergischen Dörfer, in denen er aufgewachsen ist. An seinen Werken, die mit ihren szenischen Elementen inzwischen immer öfter wie Riten eines unbekannten Stammes oder eines anderen Planeten wirken, scheiden sich mehr denn je die Geister. Nach einem Tempelbesuch in Kyoto beschließt Stockhausen, von nun an nur mehr ein einziges Werk zu schreiben, einen Opernzyklus, ›LICHT – Die sieben Tage der Woche‹, für jeden Tag der Woche eine Oper, die Gesang, Solo-Instrumentalisten und Tanz miteinbezieht. Ja, er erfindet einen eigenen mythologischen Überbau als Handlung, Hauptfiguren sind Michael, Eva und Luzifer, drei kosmische Geister. Dabei hat jede Oper einen durchaus actiongeladenen Plot: Im ›Donnerstag‹, den Stockhausen als erstes komponiert, geht es zum Beispiel allein um Michael, der auf Erden eine traumatische Kindheit erlebt (…anybody?), um die Welt reist und schließlich von Eva im Himmel mit einem Festival empfangen wird. Der ›Samstag‹ handelt von Luzifer, dem eine als Katze verkleidete Flötistin ein Requiem spielt, bevor er als Stelzentänzer vor einem Orchester, das in der Form eines Gesichtes angeordnet ist, seine »Wiederauferstehung« feiert … Eine komplexe Science-Fiction-Welt, mal naiv, mal tief berührend, mal total »jeck«, und für einen Jungen, der ›Raumschiff Enterprise‹ guckt, Jules Verne und Kafka liest und beginnt, sich selbst Geschichten auszudenken und sie aufzuschreiben, GENAU DAS RICHTIGE, um sich darin zu verlieren … Und Stockhausen – kein Alf, kein Max, aber der Mann, der von einem anderen Planeten kommt. Nicht selten stand ich jetzt nachts mit dem Fernglas am Fenster, suchte nach dem hellen Sirius (»Wie kann der daher kommen? Ist doch verrückt!«) und hörte dabei Stockhausens ›LICHT‹.

Stockhausen bei einer Probe zu ›Sirius‹ 1977
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Winter 1989. Die Mauer ist weg. Deutschland ist wiedervereint, die Welt elektrisiert vom Geschmack der Freiheit, alles scheint möglich, die Selbstschussanlagen an der Grenze zur Tschechoslowakei werden abgebaut, das Märchenreich, in dem Rumburak und Aschenbrödel wohnten, gibt es nicht mehr, das Leben in der Oberpfalz wird nie wieder dasselbe sein, meine Kindheit ist plötzlich vorbei, ohne dass ich es weiß. Mein Bruder und ich sitzen derweil in einem mittelmäßig besuchten Saal im Konzerthaus in Wien in der ersten Reihe und halten Ausschau nach dem Komponisten, der uns die vergangenen Monate in Atem gehalten hat, den lebenden Beethoven, der, so steht es doch im Programm, an diesem Abend »Klangregie« führen wird, was immer das heißt, aber auf jeden Fall so viel: Er wird anwesend sein – und geht, nein, läuft dann tatsächlich an uns vorbei (»War er das?« – »Das war er!«) zum Bühneneingang. Die schulterlangen grauen Haare wehen, weiße Hose, weißes Hemd. Er ruft einem Techniker etwas zu, starker rheinischer Akzent, lautes Lachen. Mir klopft das Herz: Mein Vater hat vorgeschlagen, nach dem Konzert noch ein Autogramm zu holen, wenn man schon einmal die Chance hat, »so eine Berühmtheit« zu sehen, und wie wäre es, wenn du, Thomas, ihn etwas fragst, du hast dich doch so viel mit ihm beschäftigt … Schluck.
Stockhausen sitzt in der Mitte des Saales hinter einem riesigen Mischpult; ich glaube, es gab an diesem Abend die ›Kontakte‹, ein Stück für elektronische Musik, Klavier und Schlagzeug; nach dem Konzert ist Stockhausen hinter der Bühne verschwunden, mein Vater treibt uns vor sich her, da ist der Bühneneingang, mir werden die Knie weich, da steht er, redet mit zwei Frauen mit langem Haar, die sich später als seine Partnerinnen herausstellen werden, Suzanne Stephens und Kathinka Pasveer, wir holen unser Autogramm, und ich rattere die vorher überlegte und im Inneren dutzend Mal vor mir hergesagte Frage herunter. Stockhausen hört mir aufmerksam zu, antwortet mir ausführlich, keine Spur von Überheblichkeit oder Selbstgefälligkeit, stattdessen eine beinahe strahlende Herzlichkeit wie ich sie bis dahin noch nie und seitdem selten erlebt habe. Am nächsten Abend reihe ich mich noch einmal in einem Anflug von übersteigertem Selbstbewusstsein in die lange Schlange von Autogrammjägern vor dem Mischpult ein, frage noch einmal etwas, und jetzt schlägt Stockhausen, der sichtlich beeindruckt, aber auch vielleicht ebenso amüsiert wie geschmeichelt von mir ist, etwas vor: Ich solle ihm doch einfach schreiben, wenn ich noch etwas wissen wolle, hier, er notiert eine Straße und einen Ort, seine Anschrift. Zum Abschied nennt er mich »Jung’«.

Die Enterprise auf dem Weg zum Sirius
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Das war der Anfang.
Bis zu Stockhausens Tod im Dezember 2007 schrieben wir uns unzählige Briefe, reiste ich durch halb Europa zu seinen Konzerten, manchmal zusammen mit ihm und seinen beiden Partnerinnen, meistens aber allein; bei den Proben winkte er mich stets zu sich ans Mischpult (»Damitste was lernst, Jung’«); in den Sommerferien besuchte ich ihn auf seinem Zauberberg in Kürten, auf dem es keine Zeitung und keinen Fernseher gab, und glaubte mich in einer anderen Welt, als ich zum ersten Mal all die Kostüme, Puppen und Figuren aus den ›LICHT‹-Opern sah, die dort wie selbstverständlich herumstanden; ich schickte ihm meine ersten schriftstellerischen Versuche, die er mit »Bravo!« befeuerte, was mich nicht zuletzt veranlasste, weiterzumachen, nicht aufzugeben, obwohl es Jahre lang immer nur Absagen hagelte; er sprach mir Mut zu, als ich im Studium allzu melancholisch wurde, wusch mir den Kopf, erinnerte mich an seine eigene schwere Zeit als Jugendlicher. Irgendwann machte ich einen natürlichen Abnabelungsprozess durch, ohne allerdings je den Kontakt abzubrechen; im Frühjahr 2007 schickte ich ihm meinen ersten Roman ›Wallner beginnt zu fliegen‹, er freute sich spürbar für mich, auch wenn er, glaube ich, nicht viel mit dem Text anfangen konnte (»Ich habe in zahlreichen Seiten versucht, mich festzubeißen als Fisch unter einer Wortangel – versuche weiter, zu schnappen.«); gleichzeitig wollte ich zu seinem 80. Geburtstag 2008 einen Film über ihn für den Sender Arte machen; völlig unerwartet starb er während meinen Vorbereitungen. Ich erinnere mich an den Moment, als mich ein Freund auf einer Autofahrt anrief und es mir sagte, und ich an den Straßenrand fahren musste und dann lange in den sternklaren Himmel über mir starrte und nicht wusste, was ich fühlen sollte.
Und unwillkürlich nach dem Sirius suchte.
Aber das ist eine andere Geschichte. Und soll ein andermal erzählt werden
Ein Besuch in Kürten 2015, TvS und Kathinka Pasveer