
in meiner erinnerung besitzt das wohnzimmer die form eines quadrats; das sofa war braun. ich saß auf der lehne und hielt die fernbedienung in der hand. meine brüder könnten unter der trauerweide, die vor der wohnung stand, gelegen und ihre äste mit ihren fingern umfasst haben; in der schule hieß es, unsere hätten wie zweige ausgesehen; durch das angekippte fenster hörte ich keine stimmen. es war abend. es war abend und mein jüngerer bruder würde seinen kopf auf dem bauch unseres älteren gelegt haben, so, wie er es immer tat, wenn wir dort mit ausgestreckten armen und ameisen auf unseren körpern lagen. sie würden in münder steigen. wir durften nicht sprechen. wir sprachen nicht. keine halme spürte ich in den ohren. ich saß auf der lehne und hielt die fernbedienung in der hand, als ich den umriss einer anderen sah; eine woche später würde ich meinen älteren bruder fragen, ob die lila fluoreszierenden zeichen, über die sie sich bewegte, als hätte sie – war es ein würfeln? – etwas auf sie gelegt, und mit denen ich die rückseite von heften beschriften sollte ein oder zwei schuljahre lang, eine karte war, und er würde mir keine antwort geben. ich erinnere mich nicht an die folge. auf zehenspitzen öffnete ich nach dem vorspann das fenster. ich stützte mich ab, und dort, wo sie gelegen haben könnten, lagen sie nicht.

wir saßen auf der rückbank, mein jüngerer bruder in der mitte, der ältere am fenster links, und mit gesenkten köpfen warteten wir bis unser vater seinen kopf wieder hob, unsere hände waren gefaltet; er streckte uns seine flache hand, ohne sich dabei umzudrehen, nach dem gebet entgegen und wir legten unsere wie vor jeder längeren fahrt auf sie; sie war rau. wir fuhren nach frankfurt. es würde unser erster sommer in indien sein. wir wussten noch nicht, dass wir, sechs wochen ohne unterbrechung, vom ersten bis zum letzten ferientag, bis ich fünfzehn war, in chennai verbringen würden; wir saßen in der mittleren reihe, unsere eltern am fenster. mein älterer bruder nahm das buch, das er in einem dutyfree-shop gekauft und in das er sein ticket gelegt hatte, aus seinem rucksack und begann zu lesen. ich sagte, das x im vorspann ist dunkelgrau und nicht grün. er gab mir den einband, ohne sich dabei umzudrehen, und ich würde mulders gesicht ausschneiden und rechts auf den ausweis, den ich mit einem blauen fineliner in ein heft oder einen block gezeichnet und aus der erinnerung beschriftet hatte, aufkleben, während mein jüngerer bruder links neben mir die flugroute auf dem bildschirm zwei reihen vor uns betrachtete, frankfurt am main nach mumbai, acht stunden. auf mulders haaren war ein grüner streifen der serife noch zu erkennen. ich nahm einen schwarzen fineliner und unterschrieb mit meinem namen.

die letzten beiden wochen verbrachten wir außerhalb der stadt. das hotel lag an der küste, und von unserem bungalow aus konnten wir das meer sehen, das dunkler war als in meiner vorstellung. mein jüngerer bruder stützte sich am beckenrand ab und sagte, es sehe wie ein abgestürzter himmel aus. wir nahmen seinen kopf und hielten ihn unter wasser; am grund erkannten wir unsere zehen nicht; bis unsere augen rot wurden blieben wir im pool. wir rochen nach chlor und bewarfen geckos mit steinen. unsere eltern sagten, unsere haut würde unter dieser sonne dunkler werden und sie war dunkler geworden. die coca cola flaschen besaßen eine andere form als in deutschland; langnese hieß
wall’s. vom becken aus konnten wir sie sehen. jeden tag standen sie am strand und betrachteten einen punkt – es war kein punkt – jenseits der krümmung. wir sahen ihre rücken. sie saßen noch mit unserer tante und deren tochter in dem restaurant, in dem wir vor einer halben stunde ihnen gegenüber gesessen hatten, als wir uns auf das bett legten, mein jüngerer bruder mit seinem kopf auf dem bauch unseres älteren, links neben mir. wir hatten das laken nicht glatt gestrichen. die klimaanlage war leise. wir konnten das meer hören. durch den spalt, den die gardinen ließen, fiel das schwache licht der lichterketten, die an den dachvorsprüngen hingen, kaum, nur ein streifen auf dem fensterbrett wurde von ihnen erhellt. ich hielt die fernbedienung nicht in der hand. wir sahen brüder im pool, ihre beine und ihre angst, und wir wussten, was wir sahen.

das war die erste szene. ich wusste nicht, dass das die erste szene gewesen sein wird. das ist die erste szene geworden. mein älterer bruder und ich würden jede folge, von der ersten bis zur letzten staffel, und auch beide filme gesehen haben, und nur diese, folge zwanzig, staffel zwei, ist neben der, die
home und in der eine familie
peacock hieß, geblieben. an einer wunde am bauch wird ihr vater im pool sterben und das blut wird heller sein als in meiner erinnerung. jeden morgen, während ich mir noch als letzter von uns die zähne putzte, stand mein älterer bruder neben mir vor dem spiegel und versuchte anfangs mit angefeuchteten und später mit wachs an den fingern mulders frisur zu imitieren, bevor wir zur schule gingen, minuten bevor unser vater uns fuhr, mein jüngerer bruder saß in der mitte, der ältere am fenster links, unsere hände waren nicht gefaltet. wenn unser jüngerer bruder
ast sagte, klang es wie
angst;
die ängste der trauerweide sind lang. wir nahmen seinen kopf und drückten ihn ins gras.
wenn unsere finger zweige sind, sind unsere arme dann ängste? wir nahmen seinen kopf und hielten ihn unter wasser. niemand in dieser stadt wusste, dass – er wird in den artikeln, die ich zwanzig jahre später lese, als
underdeveloped und
ghoulish beschrieben (erst zwanzig jahre später sah ich ihn ohne hände vor dem gesicht) – er sich vom körper seines bruders, mit dem er zusammengewachsen war, loslösen konnte; er wurde von ihm wie ein säugling in einem tragetuch getragen. am bauch, unter dem bademantel, den scully zur seite schob, sahen wir die tellergroße stelle.
this wound – war es eine wunde? –
is identical to the other victims wounds, with one exception: he’s not bleeding. ich dachte nicht an die erste szene.
i don’t think he knows he is harming anyone. ich dachte nicht an die erste szene.
he is merely seeking another brother. ich wollte nicht an die erste szene denken. die klimaanlage war leise. mein jüngerer bruder lag mit seinem kopf auf dem bauch unseres älteren links neben mir.
hast du ast? willst du in der mitte liegen?