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Was wäre das Gegenteil von »Bestätigung«? So etwas wie »Defirmation«. Die gesamte Umwelt ist unentscheidbar, vermutlich beängstigend, nicht einmal auf seine Plastizität hin zu prüfen, sogar das eigene Spiegelbild tritt einem unverwandt – wenn auch verlässlich – entgegen. Einzeln und allein Rimbaud, der Prophet vom »dérèglement de tous les sens« hat hier Bestand und Namen.
Das ist so lustvoll einfach. Und braucht keinen Kommentar, weil Rimbaud den internen liefert als Klassiker, vollkommen entspannt.
Wir bewegen uns auf unsicherem Gelände, genauer im Niemandsland, wie der französische Titel suggeriert. "Täglich neue Alpenauffaltungen", doch damit nicht genug. Auch das Ich offenbart sich als unzuverlässiger Kandidat, im Spiegel des Fensters zeigt es sich als "ein Anderer". Seltsam ruhig und lakonisch schildert der Autor die ungebärdige Natur und die unheimliche Begegnung mit dem eigenen, fremden Gesicht. Doch unterschwellig, jenseits beschwichtigenden Understatements, lauert Entsetzen.
Ein Meister der Reduktion: ein Gesicht im Alpen-Gewölk und die (alte) Frage nach dem "Ich". Paul K. Feyerabend erzählte in einem Interview, wie er sich einmal selbst entgegenkam (im Spiegel). Und zunächst gedacht habe: was ist denn das für ein unsympathischer Mensch da! Sein Erschrecken, als er blitzartig erkannte: das bist ja du!
So wenige Verse und so ein weites Panorama einer nicht fass-, aber beobachtbare Seelenlandschaft. Düster und beklemmend schon durch den ersten Zeilenbruch. Den Rimbaud hätte es eigentlich gar nicht gebraucht. Oder bewirkt er gerade die Erdung am Ende?

