Als Geschäftsführerin ist sie die einzige nicht rein ehrenamtlich tätige Mitarbeiterin des Sozialwerks, aber auch ihr Engagement geht weit über die vergütete Arbeit hinaus. Viele Schützlinge, aktuell sind es 65, haben ihre private Rufnummer, die während der Hochwasserkatastrophe 2013 im Börsenblatt veröffentlicht wurde. Natürlich stand das Telefon nicht mehr still, aber Frau Mäusle zuckt dazu nur mit den Schultern: »Anders ging es nicht, es musste einfach schnell gehen, die Hilfe wurde dringend benötigt.« Fünfzehn Buchhandlungen bzw. ihren Besitzern und Mitarbeitern konnte das Sozialwerk so unter die Arme greifen, zahlreiche Existenzen retten. Das ist vor allem auch den vielen Spenden zu verdanken – knapp 200.000 Euro konnten weitergegeben werden, wie Hans-Gustav Harksen, der seit 2011 Vorsitzender des Sozialwerks ist, anmerkt. Gerade diese große Solidarität untereinander, der Zusammenhalt, da ist er sich sicher, zeichnet die Buchbranche aus. Hans-Gustav Harksen ist ehemaliger Diogenes-Vertreter, jahrelang war er für den Verlag in Hessen und Rheinland-Pfalz unterwegs.
Von den Vertretern kommen in den meisten Fällen auch die Hinweise auf Hilfsbedürftige. Nur selten melden diese sich selbst, zu groß sind die Hemmungen, und oft wissen die Menschen auch nicht, dass es die Möglichkeit gibt, Hilfe vom Sozialwerk des Deutschen Buchhandels zu bekommen. Dabei zeigen die Erfahrungen des Sozialwerks, dass es jeden treffen kann. Während bei der Hochwasserkatastrophe die Schäden viele Rücklagen aufbrauchten, sind es in anderen Fällen schwere Krankheiten, die die Not herbeiführen. Eine Erkrankung des Nervensystems zwang die Buchhändlerin Sissy Zachariä ihre Arbeit aufzugeben. Nie hätte sie es für möglich gehalten, dass sie fremde Hilfe in Anspruch nehmen muss. Erst eine befreundete Sortimenterin hat das Sozialwerk über die Situation informiert und damit die Unterstützung ermöglicht. Das Börsenblatt berichtete 2009 über sie. Oft ist die finanzielle Zuwendung nur ein Bestandteil der Hilfe, regelmäßiger Kontakt, Zuspruch und Anteilnahme sind mindestens genauso wichtig. Das Sozialwerk hilft nicht nur schnell, sondern auch unbürokratisch. Der Verein stützt sich dabei auf das Urteil von Vertrauenspersonen in den verschiedenen Regionen. Ein Branchenkollege, der nach einer schweren Lungenerkrankung Frührentner wurde, konnte sich beispielsweise mit einer Finanzspritze ein E-Bike kaufen, das ihm Mobilität ermöglicht. Auch dem Nachwuchs greift das Sozialwerk bei Bedarf u. a. mit Fahrtkostenzuschüssen unter die Arme.
Neben der oft mühevollen Kleinarbeit und dem notwendigen Durchhaltevermögen haben sich über die vielen Jahre zahlreiche Geschichten angesammelt. Darunter findet sich die Anekdote über den Heidelberger Buchhändler Otto Petters, der im Jahr 1901 im wahrsten Sinne des Wortes die Spendierhosen auszog, um Spendengelder zu erhalten. »Die Spendierhosen anhaben«, diese Redewendung dürfte jeder schon einmal gehört haben. Sie steht für eine großzügige Geste und ist wohl darauf zurückzuführen, dass der Geldbeutel des Öfteren in der Hosentasche aufbewahrt wird. Otto Petters erhielt hingegen das Angebot einer 100-Mark-Spende für das Schlüpfen aus seinen neuen Stoffhosen. Er ging darauf ein und scheute sich auch nicht, seine Hose direkt als Sammelbehältnis zur Verfügung zu stellen. Die »Spendierhose« fand so großen Anklang, dass sie zur Sammeltasche umgearbeitet mehrere Jahre genutzt wurde. Ein Spendenaufruf mit Witz und Originalität, der sich darüber hinaus auszahlte.
Seit der Gründung steht das Sozialwerk für den Zusammenhalt der Branche und kann durch Spendengelder Gutes bewirken und viel Not lindern. Man kann sicher sein: Jeder Euro ist sinnvoll angelegt.
Ein Beitrag von Alexandra Strohmeier