Ein Universalgelehrter ist der amerikanische Evolutionsbiologe Jared Diamond zweifelsohne. Nach seinen umwerfenden Studien über die Schicksale menschlicher Gesellschaften und die Gründe ihres Sterbens oder Überlebens legt er mit »Vermächtnis« eine Art Resümee seiner anthropologischen Studien vor, in dem er erklärt, was wir von den traditionellen Gesellschaften lernen können.
Der Physiologe, Ornithologe und Ethnologe Jared Diamond gehört zu den imposantesten Wissenschaftlern überhaupt. Mit seinen 75 Lebensjahren lehrt er immer noch am Department of Geography an der University of California in Los Angeles und es scheint, als bräuchte es all diese Jahre, um zu den Perspektiven zu kommen, die er uns in seinen Büchern präsentiert. Seine Arbeiten sind interdisziplinär breit angelegt, beziehen naturwissenschaftliche, anthropologische und historische Kenntnisse mit ein. Bücher wie Arm und Reich – Die Schicksale menschlicher Gesellschaften (erschienen 1997) oder Kollaps – Warum Gesellschaften überleben oder untergehen (2005) gehören zur engsten Auswahl derjenigen Werke, die man auf einer einsamen Insel dabei haben sollte. Nicht nur, weil sie einem das Überleben retten könnten, sondern weil der in ihnen enthaltende intellektuelle Schatz so überbordend ist. Jared Diamond als einen großen Universalgelehrten zu bezeichnen, ist nicht übertrieben. Nicht umsonst hat er dieses Jahr den Wolf-Preis erhalten, die nach dem Nobelpreis wohl angesehenste Auszeichnung in den Naturwissenschaften weltweit.
Diamonds Lebensweg gleicht ein wenig dem des großen und großartigen Sozialanthropologen Bronislaw Malinowski. Ausgebildet in der Mathematik, Physik und Philosophie kam jener über Umwege zur Anthropologie. Die Umstände des Ersten Weltkriegs zwangen ihn bzw. gaben ihm die Möglichkeit, neue Standards in den empirischen Arbeiten der Anthropologie zu setzen. Seine Methode der »teilnehmenden Beobachtung« entwickelte er bei seinem langjährigen Forschungsaufenthalt auf den Trobriand-Inseln, dem wir so wundervolle Bücher wie Die Argonauten des Westlichen Pazifiks (1922), Das Geschlechtsleben der Wilden in Nordwest-Melanesien (1929) oder sein posthum veröffentlichtes Tagebuch im strikten Sinne des Wortes über seine Forschungen in Neuguinea zwischen 1914 und 1918 zu verdanken haben. Zu Recht gilt er als »Vater der Feldforschung« und beeinflusste ganze Generationen von Anthropologen und Ethnologen.
Auch Jared Diamond genoss seine erste akademische Ausbildung in den Naturwissenschaften. Er studierte Medizin und nach seiner Doktorarbeit war er ein exzellenter Kenner der Gallenblase. Die Aussicht, diesem Organ sein zukünftiges Leben, selbst an einer so renommierten Universität wie Harvard, zu widmen, erschien ihm zu grausam. Ein Trip mit einem Freund an den Amazonas lehrte in die Liebe zu den Vögeln, seine ersten ornithologischen Publikationen erschienen. Eine Passion, der er sich immer noch gerne hingibt. Zusammen mit Ernst Mayr, dem bedeutenden deutsch-amerikanischen Evolutionsbiologen, veröffentlichte er 2001 The Birds of Northern Melanesia: Speciation, Ecology & Biogeography.
Allerdings waren die Vögel für Jared Diamond nicht der einzige Grund für seine Expeditionen. Denn neben den wundervollen Vogelwelten von Neuguinea interessierte er sich noch mehr für die Menschen, auf die er bei seinen Expeditionen traf. Diamond erzählt etliche, selbst erlebte Geschichten von Menschen, die in traditionellen Gesellschaften leben. Keine Anekdoten, sondern Geschichten, die nur selten eine humorvolle Seite haben. Vielmehr geht es ständig ums Überleben und darum, welche erfolgreichen Strategien es zum Überleben gibt. Jared Diamond ist kein Sozialromantiker, der ein schönes, friedvolles Leben »edler Wilder« zeichnet. Nein, das Leben von Menschen in traditionellen Gemeinschaften war (und ist) meist hart, entbehrungsreich, brutal und kriegerisch. Und dennoch haben diese Gemeinschaften Arten und Formen des sozialen Miteinanders entwickelt, die sich zur Reflexion der eigenen Verhältnisse und Lebensweise lohnen.
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