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16. Februar 2021

Neokolonialismus

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Neokolonialismus

Von Christoph Kuhn, 29.12.2014

Mit heftigen Demonstrationen machten ein paar Hundert Nicaraguaner auf ein gigantisches Projekt aufmerksam.

In Nicaragua reagierten die Demonstranten auf eine Zeremonie, die kurz vor Weihnachten stattgefunden hatte: Unter Auschluss einer grösseren Öffentlichkeit delektierten sich Regierungsvertreter und chinesische Investoren am symbolischen ersten Spatenstich für einen interozeanischen Kanal. Das Megaprojekt soll den hundert Jahre alten Panamakanal konkurrenzieren, der eben jetzt erweitert wird, um in Zukunft die grösser und grösser werden Frachtschiffe aufnehmen zu können. Über Einzelheiten des Nicaragua-Projekts weiss man wenig. Präsident Daniel Ortega, ein vom linken Revolutionär zum tropischen Caudillo mutierter Fantast, hat es zusammen mit einem milliardenschweren chinesischen Geschäftsmann entwickelt. Experten meinen, dass der geplante Kanal wirtschaftlich nicht sinnvoll sei und ökologisch eine Katastrophe bedeute. Man kann annehmen, dass hinter dem undurchsichtigen Wang Jing, dem Investor, Chinas Regierung steht, ohne deren Segen ein Einzelner sich niemals auf ein derart monströses Projekt einlassen dürfte. Ortega hat sich – und ein Stück Nicaraguas – verkauft, hat dem «grossen Bruder», wie er seinen Partner nennt, für zehn Jahre weitestgehende Freiheiten, was den Bau und das Betreiben des Kanals angeht, zugestanden. Im Vergleich zum kruden Kolonialismus, wie er vor hundert Jahren, als der Panamakanal von den Amerikanern gebaut wurde, üblich war, geriert sich der ökonomisch dominierte Neokolonialismus heute subtiler. Der Kolonisierte sorgt freiwillig und unter Freudenkundgebungen dafür, dass er vom grossen Bruder ausgenommen wird.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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EIn paar Hundert Nicaraguaner, und bereits gut genug, um in Europa die mediale Runde zu machen. Und dann auch noch, wie immer, sogenannte Experten, die auch etwas dazu meinen, man könnte wirklich meinen, dass auch nur irgend etwas von Dem die Chinesen davon überzeugen könnte, auf ihr gewaltiges und zukunftsträchtiges Vorhaben zu verzichten. Es geht immerhin auch darum, gewaltige Mengen von Schweröl einzusparen, die es bräuchte, um mit grossen Schiffen den ganzen Kontinent zu umfahren...

Aber es ist auch gut, dass es so ist. Die übersättigten Ideolog|inn|en und Träumer|innen hätten ja auch verhindert, dass bei uns je Staudämme gebaut worden wären, die Linth begradigt wurde, oder gar Autobahnen gebaut worden wären, hätten die Experten von Damals etwas zu sagen gehabt.

Man kann immer schön und lieb reden, wenn's Einem selber nicht betrifft. Oder wenn man gar dafür von Anderen bezahlt wird, um es zu tun. Und es gibt auch solche, die lieber im Auftrag eines Vereins die Nicaraguer lehren möchten, wie man mit Armut umzugehen habe, damit man es möglichst nicht merkt.

Wem in der Schweiz sein Vorgarten weggenommen wird, um Trottoirs und Radwege zu bauen, findet weder Vereine, noch Experten, die ihn dabei unterstützen, dass sein Land nicht staatlich enteignet wird. Aber in Nicaragua wollen die Gleichen dreinreden.

Oder ist das vielleicht nicht das Gleiche?

1. Es gibt bereits einen Kanal, der verhindert, dass ganz Südamerika umfahren werden muss. Er heisst Panamakanal...
2. Es ist durchaus nicht das Gleiche, "einen Vorgarten" wegzunehmen, notabene mit Entschädigung, wie eine Schneise von hunderten von Kilometern durch ein Land zu graben, dabei Naturschutzgebiete und natürliche Trinkwasserreservoirs zu zerstören und gleichzeitig ganze Stämme zu vertreiben.
3. Wird dadurch kaum ein Nicaraguaner aus der Armut entkommen.

1. In einer freien und 'sicheren' Marktwirtschaft existieren immer mindestens Zwei, die dasselbe tun.

2. Eine Vorgarten-Entschädigung, die aber in keinem Verhältnis zum Marktpreis steht. Als der Staat meinem Nachbarn das Land abnahm, war es ihm 80.- Franken pro QM wert. 7 Jahre später, als er einen Teil davon wieder vom Staat zurückkaufen 'sollte', waren es 270.- Franken pro QM, die der gleiche Staat wollte. So liess er die Ecke dem Staat.

3. Kaum ist kein Argument, sondern eine Prognose ohne jede Substanz.

Ist doch reine Agitation, wohl um die schlechte Laune loszuwerden. Und über irgend jemanden zu schimpfen, ohne Sinn, und ohne den geringsten Nutzen.

Wir sollten uns hüten, uns zu benehmen, wie wenn wir von Bedeutung wären. Vor Allem gegen eine Nation, die schon gross und mächtig war, als man sich bei uns noch mit der Keule totschlug, und die Frauen an den Haaren hinter sich nachschleppte.

Das ist, was ich eigentlich damit meinte...

Schön, dass sich ausnahmsweise einmal
ein anderes Land als die USA einmischt.
Was sollen die Chnesen sonst mit den
vielen Dollars machen, bevor der Dollar
völlig kollabiert?

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