Fürsorgliches Horchen

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Fürsorgliches Horchen

Von Stephan Wehowsky, 18.05.2015

Der Freund hört mit, was, wie Merkel sagt, „gar nicht geht“.

Aber es geht doch. Und nach und nach kommt heraus, dass die NSA und andere Geheimdienste der USA viel mehr und viel intensiver auch in Deutschland Daten ausforschen, als man noch im letzten Sommer angenommen hatte. Was offensichtlich wirklich nicht geht, ist, den Freund an seinem Tun zu hindern. Das hat die Kanzlerin inzwischen wohl erfahren müssen.

Der Vizekanzler Gabriel wiederum attackiert deswegen seine Chefin in aller Öffentlichkeit und stellt auch noch ihre Glaubwürdigkeit in Frage. Er habe sie zweimal „gefragt“ – soll heissen: zur Rede gestellt -, zweimal habe sie Verdächtigungen amerikanischer Industriespionage zurück gewiesen. Er, Gabriel, habe „keinen Grund, an ihren Worten zu zweifeln.“ Das heisst im Klartext: Wer ihr glaubt, kann selig werden.

Das bisschen Koalitionskrach, den Gabriel zelebriert, verdeckt den fundamentalen Skandal des Rechtsstaates. In diesem Skandal geht es um Sein oder Nichtsein der Demokratie. Kann die Demokratie dulden, dass in ihr übermächtige Organisationen operieren, die sich jeder Kontrolle entziehen, indem sie sich auf ihren modus operandi der Geheimhaltung berufen?

Geheim ist geheim, und wer am Geheimnis rührt, zerstört den Schutz, der nur durch die Wahrung des Geheimnisses aufrecht erhalten kann. Demnach wäre die Demokratie der Störfall der Geheimdienste. Aus Sicht der Demokratie müsste entgegnet werden: Freiheit wird verteidigt, indem man sie gebraucht. Die Demokratie wird verteidigt, indem sie ihre Rechte wahrt und Macht kontrolliert. Geheime Verfahren mögen notwendig sein, sind aber Grenzfälle, die ganz besonderer Aufmerksamkeit bedürfen.

In der NSA-Spähaffäre erhöhen die US-Geheimdienste nach Bild-Informationen den Druck auf das Kanzleramt. US-Geheimdienstdirektor James Clapper lasse die Zusammenarbeit mit dem Bundesnachrichtendienst (BND) prüfen, weil auf die Deutschen beim Schutz geheimer Dokumente kein Verlass mehr sei, schreibt das Blatt unter Berufung auf eine als «Secret» eingestufte Weisung.

Die Bild ist in dieser Hinsicht eine vergleichsweise verlässliche Quelle, weil sie über sehr gute Kontakte zu den US-Geheimdiensten verfügt. Die Zeitung fährt seit einiger Zeit einen relativ unfreundlichen Kurs gegen Angela Merkel. Die Drohung der NSA sind natürlich in keiner Weise ernst gemeint. Die USA würden niemals auf die DAten des BND verzichten, dazu ist die deutsche Wirtschaft viel zu wichtig.

Doch die Ankündigung setzt Angela Merkel unter Druck: Die Kanzlerin muss isch zu Hause rechtfertigen, weil es einige gibt, die nicht verstehen, dass Ausspionieren unter Freunden offenbar doch möglich ist. Merkel kooperiert in der Frage der ausspionierten Daten mit den USA – und könnte natürlich ihrerseits von der Affäre profitieren: Die Amerikaner und Merkel könnten sich auf eine Lesart verständigen, die der Öffentlichkeit den Eindruck vermittelt, dass die Zusammenarbeit eingeschränkt würde. Es ist für die Öffentlichkeit ohnehin nicht zu überprüfen, was die Geheimdienste machen – die Parlamentarier haben nur sehr eingeschränkte Rechte. Wenn also nun ein scheinbarer Konflikt die Gemüter in der Öffentlichkeit beruhigt, könnten die Dienste, von der lästigen Öffentlichkeit nicht weiter behelligt, ihre Arbeit fortsetzen.

Die ganzen Geheimdienste als "Staat im Staat" entwickeln ihr Eigenleben und entziehen sich durchwegs der demokratischen Kontrolle. Die BND-NSA-Affäre ist nur ein weiterer Grund dafür, diese Organisationen endlich ersatzlos abzuschaffen.
Wer glaubt, dass die Geheimdienste wirklich etwas dazu beitragen, dass das Leben sicherer wird, glaubt auch an warme Eislutscher. Denn die "Informationsbeschaffung" durch die Staatsschnüffler hat nur einen Zweck: Stärkung der politischen und wirtschaftlichen Macht einer kleinen Clique, die so an private Informationen, Unternehmensgeheimnisse und potentielle Druckmittel kommt. Die angebliche "Terrorbekämpfung" ist nur ein billiger Vorwand.
Der allgegenwärtige Vorwand, die Geheimdienste trügen zur gesellschaftlichen und staatspolitischen Sicherheit bei, erweist sich immer wieder als glatte Lüge und vorsätzliche Täuschung. Deutlich wird das unter anderem beim Vorzeigebeispiel CIA, die nicht nur einen Schattenstaat errichtet hat, sondern auch noch fleißig in kriminellen Machenschaften (wie dem Drogenhandel, dem Waffenschmuggel und dergleichen) involviert ist, um so zusätzliche Finanzmittel fernab der durch die US-Politik gewährten Budgets zu ergaunern. Und das alles selbstverständlich von der Politik toleriert. Zu erwarten, dass andere Geheimdienste dies nicht tun, ist schon sehr blauäugig.
Bedenkt man, dass die NSA an den BND nach derzeitigem Ermittlungsstand bislang rund 4,5 Millionen Aufträge zur Überwachung von 1,2 Millionen Personen und Institutionen weitergab, wird vor allem Eines deutlich: Hier geht es absolut nicht um eine angebliche Terrorabwehr, sondern um Wirtschaftsspionage und eine großflächige Überwachung "strategischer Ziele". Nicht wenige davon sind Menschen, die im öffentlichen Leben stehen und somit als potentielle Erpressungsopfer der US-Geostrategen gelten dürfen.
Diese gefährliche Macht der Geheimdienste, die schlussendlich für die breite Masse der Menschen nur negative Folgen hat, muss über kurz oder lang gebrochen werden. Denn wenn das ergaunerte Wissen dieser Dienste auch dazu genutzt wird, Spitzenpolitiker und Medienleute unter Druck zu setzen um gewünschte politische Reaktionen auszulösen, kann auch keine eigenständige Politik erwartet werden. Ganz zu schweigen davon, dass sich eine wirklich unabhängige und kritische Medienlandschaft etabliert, da auch die Journalisten und Verleger Opfer der Überwachungsmanie sind.

Erstaunlich endlich solches zu lesen! Es war Zeit! Interessant vor allem auch die Kommentare.
Man kann auch den Artikel im Journal21 von Gisbert Kuhn vom 5. Mai 2015 «Die Unvollende (Nation)» lesen, und auch dazu vor allem die zahlreichen und sehr pointierten Kommentare.

Der ganze Hype um den in den staatstragenden Medien hochgepuschten „NSA/BND-Skandal“ ist wieder einmal ein grandioses Beispiel dafür, wie der deutsche Bürger von Amerikas Gnaden verdummt werden soll. Es gibt keinen punktuell definierbaren Skandal. Es ist die „ganz normale“ Zusammenarbeit, wie sie seit 1949 zwischen einem übergeordneten (NSA) und einem untergeordneten (BND) Geheimdienst „in aller Freundschaft“ besteht. Der wirkliche Skandal geht viel tiefer.
Er beginnt mit dem „Geheimen Staatsvertrag“ vom 21. Mai 1949. Hier wurden die grundlegenden Vorbehalte der Sieger des Zweiten Weltkriegs für die Souveränität der Bundesrepublik Deutschland bis zum Jahr 2099 festgeschrieben. Im Besonderen wurde hier zum einen der „Medienvorbehalt“ der alliierten Mächte über deutsche Zeitungs- und Rundfunkmedien (sic!) bis 2099 fixiert. Zum anderen wurde festgelegt, dass jeder Deutsche Bundeskanzler auf Anordnung der Alliierten vor Ablegung des Amtseides die so genannte „Kanzlerakte“ – eine geheime Unterwerfungserklärung gegenüber den ehemaligen Alliierten – zu unterschreiben hat. Von diesem Eingeständnis des jeweiligen Regierungschefs zur eingeschränkten Souveränität Deutschlands machen heute in erster Linie die USA noch Gebrauch.

Was willst Du in die Ferne schweifen, sieh die NSA saugt so nah...

Zitat:
"Im Jahr 2000 verkaufte Swisscom die Satelliten-Bodenstation Leuk an die US-Gesellschaft, Verestar, der Verbindungen zur NSA nachgesagt werden. Auf dem gleichen Gelände betreibt das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VSB) Onyx, das elektronische Aufklärungssystem der Armee..."
Quelle: www.computerworld.ch/news/security/artikel/mit-welchen-methoden-die-nsa-...

Leider ist es in der besten aller Demokratien in dieser Hinsicht ganz und gar nicht bestens.

Und das neue Geheimdienstgesetz für die Schweiz erlaubt mehr als was die NSA in USA dürfen!!!

Unsere hochgelobte Demokratur wandelt sich zusehends in eine Bananenrepublik... :(

Man muss sich das vorstellen, die Bundesregierung hat amerikanische Wirtschaftsspionage gegen die deutsche Industrie jahrelang unterstützt. Das Know-how, dass dadurch nach Amerika frei Haus ging und der damit verbundene Schaden, kann gar nicht beziffert werden. Kein Wunder sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo, das Vertrauensverhältnis zwischen Staat und Industrie ist damit "erheblich belastet" und weiter: "Niemand darf hier zur politischen Tagesordnung übergehen." Wie kann die deutsche Industrie überhaupt noch an diese Regierung glauben, im Wissen, sie hat jahrelang Industriespionage zugelassen? "Der BDI erwartet, dass die ausgespähten Unternehmen unverzüglich darüber informiert werden, ob und welche Daten wann an die US-Dienste weitergegeben wurden", sagte der BDI-Präsident.

Es steht auch fest, Merkel hat die Arbeit des NSA-Untersuchungs- ausschuss bewusst behindert. Der Grund, weil sie mehr Loyalität gegenüber Washington fühlt, um die amerikanische Spionagearbeit zu schützen und zu verheimlichen, als ihre Loyalität gegenüber dem Land, dem sie den Amtseid geschworen hat. "Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe." Diesen Eid hat sie gebrochen, denn sie hat das Grundgesetz massiv verletzt und erheblichen Schaden für Deutschland verursacht. Sie muss deshalb sofort des Amtes enthoben werden, wenn sie nicht freiwillig geht.

Der Grünen-Abgeordnete Peter Pilz, der in Österreich bereits als Aufdecker bekannt ist, enthüllte eine Mail aus der hervorgeht, dass der deutsche Bundesnachrichtendient (BND) die Datentransitleitung Wien-Luxemburg anzapfte und die Daten zur National Security Agency (NSA) ins bayrische Bad Aibling weiterspiegelte.
Nach den Enthüllungen Edward Snowdens und dem jüngsten BND-Skandal in Deutschland ist schon der nächste Spionage-Skandal im Anmarsch. Es bestätigt sich was alle schon lange vermuten: alle unsere Daten werden lückenlos abgesaugt und überwacht. Die Datenschutzbestimmungen sind nur Beruhigungspillen, die man uns verabreicht. Von großem Nutzen sind sie nicht.
Laut Peter Pilz kam es schon 2002 zu einer Vereinbarung von BND und NSA, worin das gemeinsame Absaugen der Telekom-Leitungen beschlossen wurde. 2004 schloß dann der BND einen "Geschäftsbesorungsvertrag Transit" mit der deutschen Telekom ab. Deutsche Daten sollen aber ausgenommen gewesen sein. Am Hauptknotenpunkt in Frankfurt wurde vom BND ein Büro bezogen, die Daten wurden nach Bad Aibling umgeleitet, wo sie dann gemeinsam von BND und NSA ausgewertet wurden. Anfang 2005 wurde aber vom BND entdeckt, dass die Amerikaner auch deutsche Ziele ausspähen, darauf erfolgte eine große Umschaltaktion. Weiters wurde der deutsche Traffic grob ausgefiltert und nur mehr der ausländische Traffic, der über deutsches Gebiet ging, ausgewertet. In einer Prioritätenliste befand sich aber auch die österreichische Leitung der Telekom Austria, welche total abgeschöpft wurde.
"Das geht nicht gegen Terroristen. Das geht gegen einzelne Politiker, Beamte und Ämter. Aber das geht wahrscheinlich vor allem gegen Unternehmen. Die Aktion 'Transit' bezeichnet die flächendeckende politische und wirtschaftliche Spionage der USA gegen Staaten wie Österreich", so der Abgeordnete Pilz auf seiner Facebookseite (hier). Pilz will die Beweise Innenministerin Johanna Mikl-Leitner vorlegen. Über die Untätigkeit des Verfassungschutzes ist er verärgert. Inwieweit das österreichische Heeresnachrichtenamt (HNA) mit BND und NSA zusammenarbeitet, ist nicht bekannt.
Wie es scheint, spioniert hier jeder jeden aus. Für die Bevölkerung ist das eine untragbare Situation. Von der BRD-Adminsitration muss jetzt rasche Aufklärung erfolgen. Wie wir wissen, spioniert man Freunde nicht einfach aus. Wenn es aber um wichtige Informationen geht, gibt es wahrscheinliche keine Freunde mehr.

Und wie das geht!
Interessierte lesen dazu doch mal den Entwurf zum neuen Nachrichtendienstgesetz (http://www.vbs.admin.ch/internet/vbs/de/home/themen/ndb/dokumente.html). Im obigen Zusammenhang ist insbesondere Absatz 4 im Kapitel Informationsbeschaffung interessant: "Beschaffung von Informationen über Vorgänge im Ausland". Danach ist das Eindringen in ausländische Computersysteme und -netzwerke zur Beschaffung von Informationen über Vorgänge im Ausland (Art. 36 Absatz 2) sogar von der Bewilligungspflicht befreit (Art. 35 Absatz 2). Es ist kaum anzunehmen, dass die Gesetze unserer befreundeten Nachbarstaaten viel restriktiver formuliert sind.
Die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten im Inland unterliegen der Bewilligungspflicht wenn sie in die Privatsphäre eindringen. Aber dazu pflegt unser Nachrichtendienst praktischerweise "die nachrichtendienstlichen Beziehungen der Schweiz mit ausländischen Dienststellen" (Art. 6 Absatz 4) oder die "Zusammenarbeit mit dem Ausland" gemäss Art. 12.

Angesichts dieser Tatsachen gilt eher (genauer ab 1.1.2016):
Geheim ist geheim, mag sein.
Geheim ist besser gut gesichert und stark verschlüsselt.

Es muss doch jeden aufrechten Deutschen über das Ausmass fassungslos machen, wie der Bundesnachrichtendienst (BND) im Auftrag der amerikanischen NSA Polit- und Wirtschaftsspionage in Westeuropa betrieben haben soll. Wenn nur die Hälfte davon wahr ist, was bisher bekannt wurde, dann muss Merkel, ihre ganze kriminelle Kanzleramts- und Ministerbande und BND-Präsident Gerhard Schindler als Oberverräter, sofort zurücktreten, angeklagt und verurteilt werden.
Der Verdacht hat sich erhärtet, der BND hat nicht nur Spionage gegen Politiker und Beamte der EU und gegen Regierungen der Nachbarländer betrieben, sondern auch Industriespionage gegen europäische Konzerne, speziell in der Rüstungs-, Luft- und Raumfahrtindustrie, wie EADS bzw. Airbus. Womöglich wurden auch den Amerikanern brühwarm die Verhandlungspositionen der Europäer was den TTIP und andere Verträge betrifft vom BND via NSA mitgeteilt.
Dauernd erzählt uns der Fernseher, Moskau sei böse, dabei sitzen die Verräter in Berlin und der wirkliche Feind von Europa ist das US-Regime in Washington. Die Transatlantiker sind die, die Deutschland gefährden und zerstören und nicht die Russen.

Es ist überfällig, dass einige Protagonisten dieser Regierung intensiv zu den Geschehnissen befragt werden. Andernfalls ist der »Rechtsstaat« lediglich eine für naive Bürger aufrecht erhaltene Illusion. Aber selbst wenn es zu einer juristischen Aufarbeitung und sogar zu Neuwahlen käme, wen kann man in diesem Land eigentlich noch wählen?

Die meisten Politiker sind eitel und machtverliebt. Sie haben oft nicht die menschliche Größe, Schwächen oder Fehler einzugestehen. Und solange die Bevölkerung sie gewähren lässt, werden sie weitermachen. Politiker sind die stolzen Offiziere der Geheimen Weltregierung und sie bestimmen über die einfachen Soldaten. Das sind jene braven Menschen, die einfach nur versuchen, wirtschaftlich über die Runden zu kommen, einen Job zu haben und ihn zu behalten. Sie können sich den Luxus einer eigenen Meinung nicht leisten – zumindest glauben sie das, weil sie vom System eingeschüchtert und abhängig gemacht wurden. Mein Anliegen ist es auch, diesen Menschen Mut zuzusprechen und sie wachzurütteln, denn wir werden das Ruder nur gemeinsam herumreißen können.

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