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16. Februar 2021

Gaza

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Gaza

Von Heiner Hug, 21.07.2014

Niemand spricht Israel das Recht ab, sich gegen die Raketenbeschüsse aus dem Gaza-Streifen zu wehren.

Das erklärte Ziel von Hamas ist, Israel zu zerstören. Die Feststellung, dass diese Raketen bisher kaum Schaden angerichtet haben, ist verachtend. Denn dass sie das nächste Mal vielleicht einen verheerenden Schaden anrichten, ist nicht auszuschliessen. Laut israelischen Angaben sollen Tausende Raketen durch Tunnels von Ägypten aus in den Gaza-Streifen geschmuggelt worden sein. Abgeschossen werden sie zum Teil aus bewohnten Gebieten. Dass Israel dem endlich ein Ende setzen will, ist verständlich. Selbstverständlich hat Israel ein Recht auf Selbstverteidigung. Doch dieses Recht ist kein Freipass für Unverhältnismässigkeit.

Was Israel in den letzten Tagen tut, ist masslos. Wer ganze Quartiere bombardiert und den Tod vieler unbeteiligter Zivilisten in Kauf nimmt, verletzt das internationale Völkerrecht. (Genauso, wie Hamas mit seinen Raketen das Völkerrecht verletzt.) Man kann heute anders Krieg führen, als es die Israeli jetzt tun. Vor allem eine hochtechnisierte Armee, wie die israelische, könnte das.

Als Besatzungsmacht hätte Israel sogar die völkerrechtliche Pflicht, die Zivilbevölkerung zu schützen. Jetzt sterben Hunderte Unbeteiligter, Frauen und Kinder, Zivilisten. Tausende, Zehntausende sind auf der Flucht. In den Spitälern herrschen katastrophale Zustände. Ein eingesperrtes Volk wird in Panik versetzt. Kinder und Mütter werden bestraft, weil Hamas-Schergen ihr Unwesen treiben. Selbst ein Spital wird angegriffen,.

Das erste und zweite Zusatzprotokoll zu den vier Genfer Konventionen (angenommen 1977) verbietet Angriffe Zivilpersonen und zivile Objekte. Israel hat die vier Genfer Konventionen ratifiziert.

Was tut Washington? Das Übliche. Ein paar mahnende Worte. Obama schickt Aussenminister Kerry in den Nahen Osten. Man weiss, wie das herauskommt.

Die USA und Israel sind Freunde. Jeder ist auf den andern angewiesen. Israel braucht die amerikanische Schirmherrschaft, die politische Unterstützung  und die amerikanischen Waffen.

Und die USA brauchen Israel. Vor allem aus strategischen Gründen. Der jüdische Staat ist noch das einzige Land im turbulenten Nahen Osten, auf das die USA zählen können.

Auf den Irak können sich die USA nicht mehr verlassen; der Staat bricht auseinander. Iran ist den USA seit dem Sturz des Schahs grundsätzlich feindlich gesinnt. Der syrische Präsident Asad und Obama stehen auf Kriegsfuss. Die radikal-islamistische ISIS (jetzt: IS) sieht in den USA den grossen Satan. Libanon ist unberechenbar, ebenso das neue Ägypten unter Präsident al-Sissi.

Bleibt Israel. Nur via Israel können die USA im Nahen Osten noch etwas Einfluss geltend machen. Nur mit einer starken, von den USA aufgerüsteten und finanzierten israelischen Armee, können Jerusalem und Washington einige Nahost-Staaten in Schach halten.

Netanjahu weiss das, deshalb kann er sich fast alles erlauben.  Er wird sich bald einmal aus Gaza zurückziehen – und dann geht man zur Tagesordnung über. Die Hunderte toten palästinensischen Zivilisten sind dann eben – so zynisch es klingt – ein Kollateralschaden.

Die Propheten aus dem Vorderen Orient: Abraham, Isak, Jesus, Mohammeds usw. und all ihre Götter oder ihr Gott hat uns 3500 Jahre lang umgetrieben. Wir wären vielleicht bessere Menschen heute, wenn wir alle einen anderen Weg hätten gehen können. Einen Weg der Einsicht vielleicht, der Ethik und der Wissenschaft und nicht den Weg der Ideologien. Im frühen Griechenland gab es positive Ansätze.

Dass wir Menschen solche Massaker an Kinder und Frauen zulasse zeigt, dass wir in den vergangenen Jahrhunderten fehlgeleitet wurden. Trauer einer jüdischen Mutter ist für uns grösseres Leid als das einer palästinensischen. Wie krank unsere Seelen sind?! Wir sind nicht "Erwachsen" geworden. Recht und Unrecht, Mass und Masslosigkeit können wir weder richtig bestimmen noch sich für das Richtige einsetzen. Unsere Führer, die Obamas, Merkels und wie sie alle heissen sind keine Vorbilder, sondern sie sind gefangen in Konventionen.

Wo sind unsere Philosophen, unsere Ethiker?

Stoppt die Kriegsverbrechen der Israelischen Armee in Gaza!

Ein genialer Kommentar!!!

[...] Niemand spricht Israel das Recht ab, sich gegen die Raketenbeschüsse aus dem Gaza-Streifen zu wehren... Doch dieses Recht ist kein Freipass für Unverhältnismässigkeit. [...]

Bravo sehe ich genau so. Und zum Glück die UNO auch. Ich denke eine Friedenstruppen mit dem Auftrag die Bevölkerung vor Hamas wie von den Israelis zu schützen wäre ausnahmsweise eine gute Idee.

Da die USA faktisch pleite sind und deren Untergang durch Brics-Staaten vorangetrieben wird, scheint sich der Einfluss im Nahen Osten in den nächsten Jahren massive verringern - zu Ungunsten Israels. Insofern wären UNO-Truppen wirklich nötig.

Auslöser des Desasters ist die Hamas, Herr Hug. Wenn sie endlich aufhören würde, Israel vernichten zu wollen, wäre Fortschritt möglich. So aber ist Israel immer wieder gezwungen, militärisch vorzugehen, um den Beschuss aus dem Gazastreifen zu unterbinden. Dass es bei solchen Offensiven unschuldige Opfer gibt, ist bedauerlich - aber die Hamas trägt dafür ebenso Verantwortung. Sie nimmt diese Eskalationen in Kauf und tut nichts, um sie zu verhindern.

Wer fremdes, gestohlenes Land besiedelt kann dies nur tun, wenn er Macht und Stärke besitzt und Verachtung gegenüber der einheimischen Bevölkerung. Macht wird immer wieder missbraucht. Die Geschichte der Menschheit ist die Geschichte vom Missbrauch der Macht. Wer in ein abgeriegeltes Getto hinein schiesst und hunderte von Kinder und Frauen ermordet hat jeden menschlichen Anstand verloren. Dies hat mit Selbstverteidigung nichts zu tun aber sehr viel mit Arroganz und Missbrauch von Macht.

Die Besatzung ist das Problem. Die Menschen wollen eine Zukunft haben. Sie wollen eine Perspektive für ihre Kinder. Sie lehnen sich gegen die tagtäglichen Schikanen auf. Israel muss die Besatzung beenden. Die Palästinenser müssen entweder einen eigenen Staat bekommen oder falls das wegen der Zersiedelung des Landes (zu viele jüdische illegale Siedlungen) Israelis werden - dann allerdings mit allen Bürgerrechten. Versöhnung ist der richtige Weg, nicht Bombenabwurf. Gewalt erzeugt nur neuen Hass gegen die Besatzer.

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