Herausforderung
Was früher ein simpler Wechsel war von der Spedition ins Ersatzteillager oder vom Innendienst in den Aussendienst, ist heute eine echte Herausforderung. Niemand steigt aus, auf oder um, ohne von einer neuen Herausforderung zu reden. Das klingt zupackend, dynamisch und mutig. Nach oben und nach vorn lohnt sich die Behauptung, an Problemen zu wachsen, um sie zu überwinden, und im Kampf aufzublühen, um zu siegen. Der Sache zuliebe. Die Freude an der harten Dauerprüfung adelt moralisch. Sie wahrt den schönen Schein, nur gute Menschen hangelten sich als selbstlose Klettermaxe die Karriereleiter hoch.
Die Herausforderung gehört zu den epidemisch verbreiteten Euphemismen. Sie ändern zwar nichts im beruflichen Jammertal mit den Enttäuschungen, Entfremdungen und Entlassungen, aber beschreiben es erträglicher. Der Key Account Manager ist besser drauf als der Handelsvertreter, die Systemgastronomiefachfrau schleppt die Servierbretter leichter als die Kantinebedienung, der Executive Administrative Assistant leistet Überstunden vergnügter als die Bürokraft. Und Herausforderer lenken kühn die Welt, während stillen Schaffern gerade mal der Abbau von Pendenzenbergen glückt.
Begriffe machen Leute. Mit der sorgfältigen Wortwahl gelingt die Befreiung aus dem Hamsterrad. Die Semantik ist eine psychiatrische Disziplin.
Sehr treffend Herr Bänninger! Richtig sind die Begriffe: Problem oder Aufgaben. Nun, Herausforderung ist eine der vielen unsäglichen Rückübersetzungen aus dem USAmerikanischen. Die deutsche Sprache bedarf des kulturellen Denkmalschutzes, oder nicht?