Merkels Niedergang

Stephan Wehowsky's picture

Merkels Niedergang

Von Stephan Wehowsky, 29.08.2016

Ist es allein der böse Seehofer, der die Kanzlerin ins Stolpern bringt?

Jedenfalls hat Horst Seehofer am vergangenen Wochenende zum wiederholten Male erklärt, dass die CSU derzeit eine erneute Kanzlerkandidatur von Angela Merkel nicht unterstütze. Darüber werde die CSU erst im kommenden Frühjahr entscheiden. Merkel reagiert darauf, indem sie sich selbst noch nicht festlegt. Aber als CDU-Vorsitzende möchte sie sich im Herbst auf dem entsprechenden Parteitag bestätigen lassen. Vor einem Jahr wäre es völlig undenkbar gewesen, dass die Macht Angela Merkels derartig schnell erodiert. Jetzt steht sie zur Disposition, und einige wackere Mitstreiter aus den vorderen Reihen der CDU müssen ihr laut pfeifend den Rücken stärken.

In der Zeit, als sie sich in ihrer Beliebtheit sonnen konnte, war sie keine Entscheiderin, sondern eine Vermeiderin. Sie moderierte Krisen, vermied aber harte Entscheidungen, um nicht für die unmittelbaren Folgen haftbar gemacht zu werden. Geld und Kompromisse verkleisterten erkennbare Brüche – und dafür war ihr das Publikum dankbar. Mit dem massenhaften Aufmarsch der Flüchtlinge an Deutschlands Grenzen im vergangenen Jahr kam dieses Spiel an sein Ende. Aber auch hier entschied sie, erst einmal nicht zu entscheiden, sondern die Last weiter zu reichen: Wir schaffen das.

Aber geht es wirklich um Merkel? Ist sie nicht nur ein Symptom für die Krise der politischen Führung insgesamt? Zwar treten zunehmend Demagogen auf, aber wer sich Politiker wünschte, mit deren Namen sich durchdachte und überzeugende politische Alternativen verbinden, greift ins Leere. Da stellt sich die Frage, ob die Welt inzwischen derartig komplex geworden ist, dass vor ihr auch die klügsten Köpfe kapitulieren müssen, oder ob kluge Köpfe zu klug sind, um sich in das politische Getümmel zu stürzen. Dann liefe uns mit der Intelligenz auch die Zeit für Problemlösungen davon.

Ähnliche Artikel

Vielen Dank für Ihre treffsichere Analyse der Situation und der Person, lieber Herr Stephan Wehowsky. Besser kann man es nicht beschreiben. Einzig Ihre Schlussfolgerung über die Intelligenz der Beschriebenen muss ich leicht korrigieren. Im Gegensatz zu Ihnen halte ich diese Person für nicht sonderlich intelligent. Sie erscheint mir eher dumm. Sie kann mit niemand Frieden halten. Nicht mit der CSU, nicht mit Russland. Sie kann nur ihren sturen Kopf durchsetzen und meint, sie wäre die Queen abolutis. Sie ist nur eine unqualifizierte, nicht durchblickende Kanzlerschauspielerin mit wenig Now How. Quod erat demonstrantum.

Aha, die Parteigänger der Alternative für Deutschland sind Demagogen. Seien sogar ein Griff ins Leere. Ja, so meint es die 68-er Spätlese, die ob dem allmählichen Verlust ihrer seit 1968 postulierten Deutungshoheit grollt und schmollt.

Die Komplexität der Welt ist nicht das Problem, sondern die Verlogenheit. Man predigt Frieden und liefert Waffen (weltweit)
Menschenrechte und foltert für andere Staaten (Polen, Rumänien)
Keuschheit und fliegt nach Thailand ins Kinderpuff (Araber)
Rechtsstaatlichkeit und unterstützt den IS (Türkei)
Demokratie und ermordet Journalisten (Russland u.v.a.m.)
Christliche Werte und lässt Kriegsflüchtlinge im Stich (EU+CH)
Pluralismus und verbietet den Burkini (F)
usw. uswf.
Solange Geld der einziger Wert ist, für den man etwas tut, solange ist jede menschliche Gemeinschaft dem Untergang geweiht, ob das nun Bayern, Deutsche, Franzosen oder die Moslems, Chinesen oder Afrikaner sind.

Ja, das ist so. Die klugen Köpfe sind, offiziell gesehen, nicht in der richtigen oder in keiner Partei. Und wenn sie den Mund öffnen, werden sie gerne falsch interpretiert. Wenn dies zu den Folgen der Globalisierung gehört, dann darf man getrost darauf pfeifen und sich daran beteiligen, die Region attraktiv zu machen und nicht das Grosseganze. Small is beautyful, ich bleibe dabei....

SRF Archiv

Newsletter kostenlos abonnieren