Mission impossible
Am Anfang stand ein kurzes Gespräch zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und seinem amerikanischen Gegenspieler Barack Obama am Rande des jüngsten G-20-Gipfels in Sankt-Petersburg. Die Russen machten daraus Nägeln mit Köpfen. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem syrischen Amtskollegen Walid al-Moallem schlug der russische Aussenminister Sergej Lawrow am Montag die Zerstörung des chemischen Waffenarsenals Syriens unter internationaler Kontrolle und den Beitritt Syriens zur internationalen C-Waffen-Konvention vor, die die Anwendung, Herstellung und Lagerung von chemischen Kampfstoffen verbietet. Syrien akzeptierte diesen Plan zumindest im Prinzip.
Reicht die Zeit?
Auch Obama hat den Vorschlag dankbar angenommen. Er öffnet ein Zeitfenster für Verhandlungen vor einem militärischen Schlag ohne erkennbares Ziel. Frankreich, das in der Syrienkrise die Rolle des Scharfmachers spielt, hat am Dienstag im Weltsicherheitsrat einen Resolutionsentwurf eingebracht. Die wichtigsten Punkte sind: Die Übergabe aller syrischen C-Waffen an die UNO und ihre spätere Zerstörung, die Verurteilung des Einsatzes chemischer Kampfstoffe durch die Staatengemeinschaft und die Auslieferung der Schuldigen an den Internationalen Strafgerichtshof. Den letzten Punkt werden wohl Russland und China anfechten. Sie halten die Drohung mit dem Weltstrafgerichtshof zum jetzigen Zeitpunkt für kontraproduktiv, weil damit al-Assad in die Ecke getrieben würde.
Die entscheidende Frage aber ist, ob der Plan in nützlicher Zeit verwirklicht werden kann. Zuerst müsste das Regime in Damaskus ehrlich bereit sein, alle chemischen Waffenbestände zu deklarieren. Nach Angaben des französischen Aussenministers Laurent Fabius geht es um mehr als 1000 Tonnen tödlicher Substanzen, zum Teil in Munition abgefüllt.
Schwierige Vernichtung von Chemiewaffen
Dann müssten Inspektoren der UNO Zugang zu allen Lagerstätten erhalten. Das könnte sich in einer Bürgerkriegssituation ohne klare Fronten als schwierig herausstellen. Der nächste Schritt wäre die Bewachung der Depots durch internationales Personal. An die Zerstörung der syrischen C-Waffen ist im ersten Stadium nicht zu denken, denn es handelt sich um einen langwierigen Prozess. Tödliche Nervengifte wie Sarin, Tabun oder VX können nur in speziellen Verbrennungsanlagen unter hoher Hitze unschädlich gemacht werden. Auf diese Weise rüsten die Amerikaner und Russen seit 1997 ihre chemischen Kampfstoffe ab und sind mit der Arbeit noch immer nicht fertig.
Das nach dem ersten Golfkrieg von 1991 mit der Vernichtung der irakischen Massenvernichtungswaffen beauftragte Expertenteam der UNO (Unscom) benötigte zehn Jahre, um seinen Auftrag zu erfüllen. Trotzdem behauptete die US-Regierung unter George W. Bush, die Iraker verfügten noch über geheime Bestände. Mit diesem unbegründeten Verdacht rechtfertigte Bush 2003 seinen Krieg gegen Saddam Hussein.
Obama erleichtert
Baschar al-Asad ist kein Ausbund an Ehrlichkeit. Man muss daher die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass er einen Teil seiner C-Waffen vor den Kontrolleuren der UNO versteckt. Falls später erneut chemische Kampfstoffe zum Einsatz gelangen, könnte er leicht seine Bürgerkriegsgegner mit dem Argument beschuldigen, die Regierungstruppen hätten ja ihre Bestände abgegeben.
Die syrische Opposition hat den von Russland aufs Tapet gebrachten Vorschlag auch sofort zurückgewiesen. Ihrer Meinung nach verfolgt der Plan keinen anderen Zweck, als das Asad-Regime zu retten.
Auf jeden Fall erhält al-Asad eine Verschnaufpause. Der US-Kongress hat die ursprünglich für Mittwoch geplante Erörterung einer militärischen „Strafaktion“ gegen das syrische Regime auf unbestimmte Zeit verschoben. Obama scheint erleichtert zu sein. Auch die kriegsfreudige französische Regierung, für die eine Bombardierung von Zielen in Syrien eine willkommene Ablenkung von den wirtschaftlichen Schwierigkeiten im eigenen Land wäre, geht jetzt erst einmal mit ihrem Resolutionsentwurf im Weltsicherheitsrat hausieren. Es kann lange dauern, bis dort eine Entscheidung fällt. Erfahrene westliche Diplomaten befürchten sogar, dass sich die chemische Entwaffnung Syriens als eine „Mission impossible“ herausstellt.
Danke für die Information! Die Länder, die nicht dem C-Waffen-Verbot beigetreten sind, also, ausser Syrien, Ägypten, Israel, Nordkorea, Myanmar, Südsudan können also auch C-Waffen besitzen. Es ist davon auszugehen, dass sie tatsächlich auch solche besitzen. Was für die einen erlaubt ist, wird den anderen unter massiven Bedrohungen verboten. Da nützen offenbar alle Friedensnobelpreisträger nichts.
Es gibt im letzten halben Jahrhundert mindestens 40 dokumentierte Fälle, in denen US-Geheimdienste Beweise fälschten, um einen militärischen Angriff der USA auf ein anderes Land zu rechtfertigen. Wenn sich in Kürze herausstellt, dass die Regierung Assad kein Giftgas verschossen hat, wird die Haltung von Russland und China in anderem Licht gesehen.
Welche anderen Länder, ausser Syrien, besitzen denn noch C-Waffen?
Hier die Angaben der Organisation der C-Waffen-Konvention (OPCW):
Ausser Syrien nicht dem C-Waffen.-Verbot beigetreten sind Ägypten, Israel, Nordkorea, Myanmar, Südsudan.
Von den 186 Mitgliedstaaten gaben zum Zeitpunkt der Unterzeichnung sieben an, C-Waffen zu besitzen: USA, Russland, Albanien, Indien, Irak, Libyen und Taiwan.
13 Mitgliedstaaten deklarierten Produktionsstätten: USA, Russland, Frankreich, Grossbritannien, China, Taiwan, Indien, Japan, Bosnien-Herzegowina, Serbien, Iran, Irak, Libyen.
Die deklarierten C-Waffen-Bestände belaufen sich auf 71.169 Tonnen. Davon wurden bisher 57.740 Tonnen (81 Prozent) vernichtet. Albanien, Indien und Taiwan meldeten die völlige Vernichtung ihrer Bestände.
Die OPCW überprüfte die Angaben durch 5167 Inspektionen in 86 Staaten, davon 2720 in deklarierten C-Waffen-Lagern oder Produktionsstätten.
Vom US-Bürger bis zum Vier-Sterne-General: Die Mehrzahl der Amerikaner wollen keinen Krieg
Nach einer Umfrage von Reuters/Ipsos unterstützen nur 20% der US-Bevölkerung den Krieg in Syrien. Bei derselben Umfrage in der Woche vom 19.–23. August (in derselben Woche, in welcher der Chemiewaffenanschlag in Syrien stattfand) haben ohne die wachsende Kriegspropaganda noch weniger, nämlich nur 9% der US-Bürger den Kriegseinsatz unterstützt. Wie die «Washington Post» vom 26. August berichtete, hat auch der US-Kongress laut Umfrage dem Kriegseinsatz eine deutliche Absage erteilt: Nur 15% seiner Mitglieder stimmten dem Einsatz zu.
Auch die US-Militärführung verweigert dem Präsidenten offen die Gefolgschaft. Von den Vier-Sterne-Generälen bis zum einfachen Soldaten wird die Sinnlosigkeit eines weiteren Krieges betont. Die verheerenden Kriege im Irak und in Afghanistan stecken allen noch in den Knochen. Das Argument, der Einsatz diene der «nationalen Sicherheit», das Obama gegenüber den Soldaten jeweils bemühte, hat dieses Mal nicht funktioniert, sie glauben es ihm nicht – zu Recht.
Quelle: «Washington Post» vom 26. u. 29.8.2013, «Deutsche Wirtschaftsnachrichten» vom 1.9.2013
John McCain oder die Warnung eines Haudegens! Er verkündete beispielsweise, der Arabische-Frühling werde nach China kommen und nannte Präsident Putin einen Revanchisten. Die Destabilisierung dieser Länder und Regierungen hat längst begonnen. Die wissen das und beobachten mit grosser Skepsis diese politischen Machenschaften. In diesem Licht müssen wir die Handlungsweise von Russland und China verstehen. Vernünftige und menschenfreundliche Europäer möchten lieber die Zeit arbeiten lassen und nicht noch mehr Bürgerkriege anzetteln. So weitermachen heisst, Europa mit Flüchtlingen zu überschwemmen. Keine gute Idee bei diesen Grossmachtsphantasien eines neuen Rom mitzumachen. Denkt daran, die einfachen Menschen leiden nun überall in diesen Ländern mehr als unter ihren alten Regierungen. Die heutigen Satelliten-Fernsehprogramme, die nahezu überall empfangbar sind, leisten mehr zu Veränderungen als jede Waffenlieferung. Es braucht jedoch Zeit und Geduld anstelle von Menschenleben……cathari
Wirr wie immer: "so weitermachen heisst, Europa mit Flüchtlingen überschwemmen". Also doch etwas gegen Asad unternehmen? Dann ist das natürlich wieder Imperialismus à la altem Rom. Und wer waren denn "die alten Regierungen" etwa in Syrien, unter denen die Menschen weniger gelitten haben? Zuerst Klarheit im eigenen Kopf schaffen, dann schreiben.
11.09.2013 /16:10 /17:17
Bitte entschuldigen Sie meine Verwirrtheit, ich beneide Sie jedoch um ihre Klarheit….cathari
raus mit der Sprache und fang gleich an mit der "Klarheit"!
Die Briten wissen genau wie viel Natriumfluorid sie Syrien lieferten. (Ein Grundstoff für die Sarinproduktion)
Schätze die CIA weiss auch wie viel Sarin von Saudi-Arabien an die Rebellen geliefert wurde. Schliesslich haben sich die beiden das Ganze nett ausgedacht.
Es stellt sich die bange Frage was als nächstes geschieht um die Amerikaner in den Krieg zu ziehen?
Das nächste Mal werden sie sicher nicht mehr mit gefälschten Fotos und Videoaufnahmen arbeiten, die einen Tag vor dem angeblichen Anschlag aufgenommen wurden.
Ich erwarte übrigens von unseren "freien" Medien, dass sie solche sehr wichtigen Kleinigkeiten mal richtig recherchieren und nicht nur die Propoganda von den Reuters usw. abschreiben.
Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin kein Freund von Assad, aber alles was nach ihm kommt kann nur schlechter sein. Solange man nichts nachhaltig verbessert, sollte man keine Veränderung herbeiführen.
Was danach kommt lässt sich noch leichter zerbomben. Wie im US-Kino, da muss der erste Bösewicht auch immer was ganz ganz böses tun, um gerechterweise vernichtet zu werden. Dessen Begleiter, Nachfolger usw. werden dann einfach nur noch locker abgeknallt.
So lieben es die Amis.
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Militäroperationen_der_Vereinigten_Staaten