Die Sache mit dem Heidegger-Zitat

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Die Sache mit dem Heidegger-Zitat

Von Peter Studer, 27.05.2014

In der Sendung kam es zu einem Eklat, er schwelt weiter, …aber warum, sapperlot, versteckt sich die Leitung?

Seit Tagen wird über einen unnötigen Streit im Dreieck Redaktionsleitung „Literturclub“ – Moderator Stefan Zweifel – Diskutantin Elke Heidenreich mehr geschrieben als über den trefflichen „Literaturclub“ seit Jahren.

Der Eklat

In der Diskussion des von allen Club-Lektoren gelesenen „Schwarzen Hefts“ von Martin Heidegger (1939-1941) empörte sich Elke Heidenreich nach (sehr) langer behutsamer Einführung durch Zweifel: „Ein Satz wie ‚Die verborgene Deutschheit‘ müsse man entbergen. Und das tun wir, indem wir die Juden endlich beseitigen aus Deutschland…[Stimme fragend hochgezogen]“. Zweifel: „Also dieser Satz steht aber nicht im Band, über den wir jetzt reden“. Heidenreich, scharf: „Doch“. Das wiederholte sich zweimal, bis Heidenreich das Heft „ungeduldig und unnnötig heftig auf den Tisch warf“, wie sie im „Tages-Anzeiger“ von heute Dienstag bedauerte.

Zweifel bat die Sendeleitung um klärende Prüfung des Zitats. Schliesslich ging es auch um seinen Ruf. Die Redaktionsleitung liess mitteilen, dafür sei sie nicht da. Beim nächsten Gespräch über die anstehende Bücherauswahl teilte Leiterin Esther Schneider dem Kollegen Zweifel mit, er möge als Moderator zurücktreten (womit er vor zwei Jahren schon selber kokettiert hatte), aber in der Runde verbleiben. Jetzt wandte sich Zweifel an Schneiders Vorgesetzte, SRF-Kulturchefin Nathalie Wappler, und bestand auf Klärung des Zitats. Andernfalls müsse Schneider die Leitung abgeben.

Holz- und Auswege

Für mich, als damaliger Chefredaktor vor 15 Jahren verantwortlich auch für den „Literaturclub“, ist die Sache klar.

  1. Elke Heidenreich hat sich unprofessionell verhalten. Sie begründet ihre überaus verständliche Abneigung gegen den biegsamen Nazi-Sympathisanten und Antisemiten Heidegger, nach dem ersten, dem Buch entnommenen Satzteil habe sie „hochgesehen“ und das von ihr „herausgelesene“ Fazit angeboten: In fragender Intonation. Das ist glaubhaft, Frau Heidenreich. Aber Zweifel hat diese angestrebte Zweiteilung nicht mitbekommen – ich auch nicht, nach dreimaligem Ansehen des Ausschnitts – und höflich protestiert (viel höflicher, als Heidenreich mit Wort und Geste replizierte).
  2. Frau Heidenreich hätte ihr echtes Zitat ruhig mit dem Doppelwort abschliessen können: “Ende Zitat“. Das tun gewiefte Debatter ohne Zögern – der Transparenz zuliebe. Und Heidenreich ist eine sturmerprobte Debatterin. Sie hätte das auch nach Zweifels erstem Einwand nachholen können. Aber daran hat sie die überdeutlich spürbare Aversion gegen den Moderationsleiter, ihr temperamentmässig anders gestricktes Gegenstück, eben gehindert.
  3. Was tut eine zuhilfe gerufene Sendeverantwortliche in einem solchen Konflikt, wo es auch um Renommé und Reputation geht? Sie gibt sich einen Ruck, steigt hinein, hört beide Protagonisten an, zieht eine Schlussfolgerung und gibt diese bekannt. Da sich alles vor Publikum abgespielt hat, kommuniziert sie auch mit dem Publikum – zwei Sätze in einem knappen Communiqué genügen. Hätte Elke Heidenreich ihre Contenance wieder gefunden, wäre ihr dies wohl auch einen lächelnd ausgesprochenen Satz im nächsten „Club“ wert gewesen. Und fürchtete sich die Sendeleiterin vor diesem Schritt, hätte ihr die Kulturchefin einen Stoss geben dürfen.

Ich finde es ebenfalls sehr schade, wie man Stefan Zweifel aus der Sendung weggedrängt hat. Endlich war es eine Gesprächsrunde mit ebenbürtigen Teilnehmern verschiedener Stärken.
Schon damals zu Iris Radisch's-Zeiten hätte ich Zweifel spannender als Gesprächsleiter gefunden.
Elke Heidenreich ist eine geübte Teilnehmerin in solchen Runden, und wenn man regelmässig diese Diskussionen verfolgt , weiss man solchen Ausbrüchen nicht allzu grosse Bedeutung beizumessen. Ich schätzte alle Teilnehmer im Literaturclub sehr und hoffe wirklich, dass das Sendeleiterteam mit Fr. Schneider nochmals über die Bücher geht und versucht den Schaden rückgängig zu machen.

Danke für diesen höflichen Klartext angesichts einer ausfälligen Frau!
Schade für die Qualität der Sendung, dass die "Polteri" einmal mehr im TV "mehr Recht bekommt" als ein differenzierender Partner (der so leicht in die Abneigung gegen Differenzierungen laufen kann, wie in ein offenes Messer!). Der Verlust von Zweifel als Mod.leiter wie als Gesprächs-teilnehmer wiegt schwer. Die quicklebendige , originelle, aber oft auch vorlaute Heidenreich braucht Zähmung und Widerstand (weil sie sonst alles sprengt) und wenn sie das nicht verträgt, soll sie gehen. So einfach wäre hier zu leiten gewesen von aussen. Statt dessen fällt man Zweifel in den Rücken, weil man sowieso schon "etwas gegen ihn" hat.

Ist ja interessant, von diesen überaus empfindsamen Funktionsträgern unserer identitätsstiftenden Institution SRF zu vernehmen. Schön, dass sie Zeit haben, derart feinziseliert ihre persönlichen Aversionen auszuleben. Hallo Leute, wir leben in der real existierenden Begrenztheit und wir wenigstens wissen, dass unser Geld vom Arbeiten und nicht vom Konto kommt.

Sehr schade – Literaturclub war einer der sehr raren Gelegenheiten für mich, Zeit vor dem tv zu verbringen. Zweifel war ein wunderbarer, ruhiger und sachkompetenter Moderator – grosser Verlust. Auch Frau Heidenreich mit ihrer halt auch mal unbedarften frischen und spontaner Offenheit schätze ich sehr, schade hat sie sich mit dem Heideggerzitat verhauen und dann halt irgendwie die Contenance verloren, ist aber nachvollziehbar angesichts des antisemitischen Deutsch-Geschwurbels Heideggers (nicht erst seit den «Schwarzen Heften» bekannt!) – wenn das Zitat nicht ‹wahr› ist, stimmt es doch! Das Problem liegt wohl bei der SRF-Redaktion, dort sollte man über die Bücher gehen,; ist die Sendeleitung falsch besetzt?

Sie haben vollkommen Recht, Herr Studer!
Das wäre, könnte, hätte und sollte …, ist es aber, wird es aber nicht.
Da halten die … Damen zusammen.
Am Ende (der Sendereihe) ist dann auch noch der Zweifel schuld, ohne Zweifel, wenn die Elke Heidenreich daraus eine Bücherverkaufssendung gemacht hat ("… ich hab das Buch nicht gelesen, aber der Titel hört sich doch gut an und die Autorin finde ich sehr nett").
Wer will denn so was hören und sehen?
Nicht mal die … Damen!

Hier mein Eindruck als Aussenstehender: Ich finde die Verteidigung von Frau Heidenreich im Tagesanzeiger nicht überzeugend. Es schien wirklich, dass der ganze Abschnitt ein Zitat wäre. In jedem Fall hätte man das aber klären können. Das das nicht ging, deutet doch auf ziemliche Spannungen hin (zerrüttete Verhältnisse...).

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