Vor 100 Jahren eröffnet

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Vor 100 Jahren eröffnet

Von Heiner Hug, 11.08.2014

200 Personen befinden sich am 15. August 1914 auf der S.S. Ancón. Sie singen und feiern. Damit erfüllt sich ein fast vierhundertjähriger Traum.

Zwar wird der 82 Kilometer lange Panama-Kanal Mitte August 1914 eröffnet, doch eingeweiht wird er noch nicht. Wegen des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs wird die feierliche Einweihung um sechs Jahre verschoben. Am 12. Juli 1920 gibt der amerikanische Präsident Woodrow Wilson den Kanal offiziell für den Schiffsverkehr frei.

Der Traum von einer Wasserstrasse zwischen Atlantik und Pazifik wird erstmals 1523 geträumt. Damals gibt der spanische König Carlos I. (auch Carlos V. genannt) eine Machbarkeitsstudie in Auftrag. In den folgenden drei Jahrhunderten beschäftigen sich zahlreiche Wissenschafter und Phantasten mit einem Kanalbau.

Ernst wird es 1880. Damals beginnt die französische Compagnie Universelle du Canal Interocéanique mit dem Bau. Geleitet wird das Unternehmen von Ferdinand de Lesseps. Er hatte den Suezkanal gebaut.

Die Arbeiter erkranken an Gelbfieber und Malaria. Jeden Tag sterben sieben bis acht Menschen. Insgesamt kommen zwischen 1881 und 1889 22‘000 Arbeiter ums Leben. Auch wegen technischer und geologischer Hindernisse scheitert das Projekt spektakulär und löst in Frankreich einen riesigen Finanzkollaps  aus.

Dann kommt Theodore Roosevelt

Der amerikanische Präsident will es besser machen als die Franzosen. Die Amerikaner kaufen die Konzession und beginnen zu graben. 1906 besucht Theodore Roosevelt erstmals Panama und setzt sich in einen mit Dampf betriebenen Bagger.

(Alle Fotos: Library of Congress, Washington)
(Alle Fotos: Library of Congress, Washington)

Dem amerikanischen Baubeginn war eine Revolution vorausgegangen. Panama gehörte damals zu Kolumbien, und Kolumbien weigerte sich, das Land an die Amerikaner abzutreten. 

Eine amerikanische Karikatur vom 21. November 1903 zeigt "Columbia" als Banditen. Er wird von Präsident Roosevelt zurechtgewiesen. Roosevelt hat Millionen Dollar "für den Kanal" in der Tasche.
Eine amerikanische Karikatur vom 21. November 1903 zeigt "Columbia" als Banditen. Er wird von Präsident Roosevelt zurechtgewiesen. Roosevelt hat Millionen Dollar "für den Kanal" in der Tasche.

Auch jetzt sterben Arbeiter. Die Zeitschrift Puck erinnert am 22. Juni 1904 an ihr Schicksal.  „Waiting“, heisst die Karikatur. Der Tod wartet. Zwischen 1906 und 1914 kommen 5‘609 Arbeiter ums Leben (zwei pro Tag). Insgesamt also fordert der Bau des Kanals 28‘000 Tote.
Auch jetzt sterben Arbeiter. Die Zeitschrift Puck erinnert am 22. Juni 1904 an ihr Schicksal. „Waiting“, heisst die Karikatur. Der Tod wartet. Zwischen 1906 und 1914 kommen 5‘609 Arbeiter ums Leben (zwei pro Tag). Insgesamt also fordert der Bau des Kanals 28‘000 Tote.

Im Gegensatz zum französischen Projekt sieht der amerikanische Plan einen Kanal mit drei riesigen Schleusen vor.

Der Panama-Kanal (Karte: Journal21/stepmap.de)
Der Panama-Kanal (Karte: Journal21/stepmap.de)

Eine der ersten grössten Herausforderung war der Bau der Gatun-Schleusen.

Gatun-Schleuse, Bild 1912
Gatun-Schleuse, Bild 1912

Die Schiffe überqueren dann den künstlich aufgestauten Gatun-See. 

Eine Abflussschleuse des Gatun-Sees. Ein Bild aus dem Jahr 1914.
Eine Abflussschleuse des Gatun-Sees. Ein Bild aus dem Jahr 1914.

Nach der Querung des Gatun-Sees führt der Kanal bei Gamboa vorbei und erreicht das Gebirge.

Das Bild, vermutlich aus dem Jahr 1910, zeigt, wie erstmals Wasser bei Gamboa vorbeifliesst - bestaunt von Arbeitern und Eingeborenen.
Das Bild, vermutlich aus dem Jahr 1910, zeigt, wie erstmals Wasser bei Gamboa vorbeifliesst - bestaunt von Arbeitern und Eingeborenen.

Anschliessend, weiter westlich, wird die Culebra-Enge durchstochen. Der Culebra Cut führt durch die Berge der kontinentalen Wasserscheide.

Ein mit Dampf angetriebener Bagger bei den Grabungsarbeiten.
Ein mit Dampf angetriebener Bagger bei den Grabungsarbeiten.

Spanische Arbeiter im Culebra Cut.
Spanische Arbeiter im Culebra Cut.

Immer wieder werden die Bauarbeiten durch starke Erdrutsche behindert. 1907 kommt es im Culebra Cut zum sogenannten Cucaracha-Rutsch. 382'000 Kubikmeter Lehm und Geröll verschütten den schon ausgehobenen Kanal. 1913 kommt es an der gleichen Stelle zu einem weiteren Erdrutsch. Schon werden Stimmen laut, die behaupten, der Bau des Kanals sei aus geologischen Gründen nicht möglich.

Bauarbeiten in der Culebra-Enge, ein Bild aus dem Jahr 1910.
Bauarbeiten in der Culebra-Enge, ein Bild aus dem Jahr 1910.

Sobald die ersten Wasser durch den Kanal fliessen, waschen Eingeborene ihre Wäsche darin.
Sobald die ersten Wasser durch den Kanal fliessen, waschen Eingeborene ihre Wäsche darin.

Nach dem Culebra Cut, auch Gaillard-Durchstich genannt, werden die Schiffe bei der Pedro-Miguel-Schleuse in den künstlich aufgestauten Miraflores-See gesenkt. Nach Querung des Sees werden sie bei den Miraflores-Schleusen wieder auf Meereshöhe zum Pazifik hinuntergelassen.

Die östliche Miraflores-Schleuse mit dem Miraflores-See im Hintergrund. Das Bild wurde vermutlich kurz vor Eröffnung des Kanals aufgenommen.
Die östliche Miraflores-Schleuse mit dem Miraflores-See im Hintergrund. Das Bild wurde vermutlich kurz vor Eröffnung des Kanals aufgenommen.

Gebaut wird die Wasserstrasse zweispurig, das heisst, es herrscht Gegenverkehr. Die Arbeiten kommen planmässig voran. 

Am 26. September 1913 durchquert der Schlepper Gatun erstmals das erste Schleusentor der Gatun-Schleuse.
Am 26. September 1913 durchquert der Schlepper Gatun erstmals das erste Schleusentor der Gatun-Schleuse.

Für das Abtreten der Kanalzone erhält Panama von den USA zehn Millionen US-Dollar und die Zusage einer jährlichen Zahlung von 250'000 US-Dollar. Kolumbien wird später von den USA mit insgesamt 25 Millionen Dollar für den Verlust Panamas entschädigt.

Das US-Kriegsschiff S.S. Arizona in der Gatun-Schleuse. (1921)
Das US-Kriegsschiff S.S. Arizona in der Gatun-Schleuse. (1921)

Ende 1999 übergaben die USA den Kanal Panama. Die Durchfahrt beträgt, je nach Verkehr und Wetterlage etwa 15 Stunden. Jedes Jahren fahren etwa 15‘000 Schiffe durch den Kanal.

Das US-Dampfschiff S.S. Kentuckian zwischen den zwei höchsten Hügeln im Culebra Cut.
Das US-Dampfschiff S.S. Kentuckian zwischen den zwei höchsten Hügeln im Culebra Cut.

Zurzeit wird die Wasserstrasse ausgebaut und erweitert. Konkurrenz soll der Panama-Kanal im nördlich gelegenen Nicaragua erhalten. Mit chinesischem Geld will Nicaragua einen 278 Kilometer langen Kanal zwischen Atlantik und Pazifik bauen.

Alle Fotos in diesem Artikel entnahmen wir den Archiven der amerikanischen Library of Congress in Washington

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